Kupfervenus
den er ihr geschenkt hat. Ein Arzt, der ans Sterbebett eines ihrer anderen Ehemänner gerufen wurde, hat mir erzählt, hinterher sei ein ›Freund‹ gekommen, um die trauernde Witwe zu trösten. Aber jetzt ist der Kerl wie vom Erdboden verschluckt.« Tatsächlich hatte Severina damals bei unserem gemeinsamen Besäufnis behauptet, er sei inzwischen in der Unterwelt gelandet. »Sagen Sie, Thalia, Fronto und Severina waren doch nur ein paar Wochen zusammen. Sie scheint ihn aber in sehr schlechter Erinnerung behalten zu haben. Hat er sie vielleicht geschlagen?«
»Schon möglich.«
»Ein ungehobelter Klotz, wie? In der Werbephase honigsüß, aber nach der Hochzeit kehrt er den Brutalo raus?«
»Sie kennen sich ja aus mit den Männern!« Thalia lachte. Doch dann fügte sie ernsthaft hinzu: »Fronto hatte es nicht gern, wenn man ihn zum Narren hielt.«
»Ach, und er dachte, Severina hätte ihn reingelegt?«
»Na, hat sie das etwa nicht?« Wir überließen uns ein Weilchen unseren Gedanken. »Falco, muß ich vor Gericht aussagen?«
»Bin mir nicht sicher.«
»Aber wenn doch, wer kümmert sich dann um meine Schlangen?«
»Ich werd versuchen, Sie rauszuhalten … Doch falls wir nicht drum rumkommen, kenne ich ein Mädchen, das ein Herz für Tiere hat.«
»Ich hab nochmal über diesen Tierpfleger nachgedacht …« – Das erklärte Thalias Befürchtung, meine Nachforschungen könnten doch noch zu einem Prozeß führen. »Also, ich bin sicher, daß er genau zu der Zeit bei uns anfing, als Fronto diese Severina heiratete – ich kann es nicht beschwören, aber ich hatte so den Eindruck, als ob sie Fronto überredet hätte, ihn einzustellen.«
Ich lächelte. »Das deckt sich genau mit meiner Theorie.«
»Da ist noch was«, sagte sie gedehnt. »Ich glaube nämlich, ich kann mich jetzt erinnern, wie dieser Tierpfleger geheißen hat …«
»Der ominöse Gaius?« Ich setzte mich auf. »Der, der den Panther rausließ und später von einer einstürzenden Mauer zerquetscht wurde?« Inzwischen hatte es nämlich bei mir gefunkt. Was hatte mir Petronius neulich erzählt? »Drei Kinder sind ums Leben gekommen, als eine Decke einstürzte … Die Hortensii werden im Schnitt einmal pro Monat verklagt … Irgendwo auf dem Esquilin stürzte eine ganze Mauer ein und begrub einen Mann unter sich, der nur noch tot geborgen werden konnte … « – »Er hieß doch nicht zufällig Cerinthus?«
»Sie falscher Hund!« schimpfte Thalia lachend. »Sie haben’s also die ganze Zeit gewußt!«
Aber das war nicht alles, was ich wußte. Jetzt kannte ich auch den wahren Grund dafür, daß Hortensius Novus hatte sterben müssen.
LXII
Die Zeit verging wie im Flug, und als ich die Hortensii-Villa erreichte, dämmerte es schon. Aber diese Herrschaften waren so darauf aus, ihren Mammon zur Schau zu stellen, daß sie bereits reihenweise Harzfackeln und Dutzende flackernder Lampen aufgestellt hatten. Wie gewohnt landete ich in einem mir bisher unbekannten Empfangssaal, allein.
Die Freigelassenen hatten ihre Trauer um Novus tapfer verdrängt und bewirteten schon wieder Freunde. Ich roch den schwachen Duft parfümierter Kränze, und wenn von Zeit zu Zeit eine Tür ging, hörte ich fernes Stimmengewirr und Gelächter, untermalt von Tamburinklängen. Die Nachricht, die ich den Damen übermitteln ließ, sollte ihre Neugier anstacheln, enthielt unterschwellig aber auch ein Warnsignal. Der Sklave, den ich damit beauftragt hatte, kam mit dem Bescheid zurück, Sabina Pollia bitte mich noch um etwas Geduld. Und damit mir, während die Gesellschaft drinnen praßte, die Zeit nicht lang wurde, schickte sie mir auch gleich ein paar Leckerbissen heraus: ein richtiges kleines Festmahl, hübsch angerichtet auf drei Silbertabletts, begleitet von einer Amphore ihres herrlich ausgereiften Setinums. Ich überzeugte mich gründlich von seiner Qualität, denn da ich auf die Leckerbissen keinen Appetit hatte, sah ich mich schon aus Höflichkeit genötigt, wenigstens dem Wein kräftig zuzusprechen.
Auf dem Getränketablett standen ein Zwillingspärchen Karaffen, eine mit heißem und eine mit kaltem Wasser, ferner ein kleiner Holzkohlenbrenner, etliche Gewürzschalen, ein Schnabelseiher und schön geriffelte Weinbecher aus grünem syrischen Glas: Mit denen amüsierte ich mich eine halbe Stunde lang, ehe ich auf einen mit silbernen Löwen bestickten Diwan zurücksank und mich nachdenklich in dem aufwendig möblierten Raum umsah. Wohl fühlen konnte man sich nicht in so viel
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