Kupfervenus
zu schön war das! Ja, und dann sollten gleich anschließend die Jäger einreiten …«
»Schenken wir uns die Staffage! Was geschah am Startgatter?«
»Irgendwer hatte den Panther zu früh rausgelassen. Fronto und mein Seiltänzer waren in einer der Wagenbahnen. Sie versuchten, durch die Startgatter zu entkommen – aber die waren noch mit fest verknoteten Seilen gesperrt. Die beiden saßen also in der Falle. Ich bin mit ein paar Männern losgerannt, um sie zu befreien, aber es war schon zu spät. Wir sahen gerade noch, wie der Panther den Hauptgang beendete und sich an den Nachtisch machen wollte. Mein Seiltänzer flüchtete sich im letzten Moment in den offenen Käfig und klappte den Deckel runter – wie ein Liebhaber, der sich in der Wäschetruhe versteckt. So kam er mit dem Leben davon.«
»O Jupiter!«
»Sie dürfen’s dem Panther nicht verübeln«, mahnte Thalia gutmütig. »Der war einfach hungrig. Und außerdem hatten wir den Verdacht, daß ihn jemand gereizt hatte!«
»Genau das ist für meine Ermittlungen entscheidend!« versetzte ich gelassener, als mir zumute war. »Wer hat das Tier wild gemacht – und wer hat es aus dem Käfig gelassen?«
Thalia seufzte. Bei einem Mädchen ihrer Statur macht so ein Seufzer eine ziemlich Bö. Die Schlange schob Kopf und Hals ein Stück vor und blickte sie vorwurfsvoll an. Thalia stopfte sich den Kopf ihres Lieblings zwischen die Brüste; die höchste Strafe (oder vielleicht auch Wonne). »Wir hatten da einen Tierpfleger«, sagte sie versonnen. »Einen Tierpfleger, den ich nie leiden mochte.«
XX
Ich beugte mich vor – sogar Thalias Halsband war jetzt vergessen. »Ob ich diesen Tierpfleger wohl finden könnte?«
»Glauben Sie denn, das hätte Frontos Neffe nicht schon versucht? Warum hat der wohl seine Nachforschungen eingestellt?«
»Sagen Sie’s mir.«
»Weil der Pfleger tot ist. Verunglückt.«
»Wie ist das passiert?«
»Er ging an einem baufälligen Haus vorbei. Eine Mauer stürzte ein und hat ihn unter sich begraben.«
»Und Sie sind sicher, daß es ein Unfall war?«
»Frontos Neffe war davon überzeugt. Das ganze Viertel empörte sich darüber, daß das Haus dermaßen verrottet war. Aber da sich kein Angehöriger des Tierpflegers meldete, konnte auch niemand den Besitzer zur Verantwortung ziehen. Frontos Neffe hatte eine Stinkwut, weil er die Witwe seines Onkels laufenlassen mußte, da offenbar ein Fremder Frontos Tod verschuldet hatte. Aber es war nun einmal so, daß die Wachen den Leichnam des Pflegers anhand eines Schlüssels identifizierten, auf dem Frontos Name stand – und das war der fehlende Schlüssel zum Pantherkäfig.«
»Und was hatte der Mann gegen Fronto?«
»Das haben wir nie erfahren. Er war erst ein paar Wochen bei uns und hatte anscheinend keine Familie. Wir kriegen oft solche Aushilfen auf Zeit.«
»Und wie hieß der Mann?«
»Gaius.«
»Na wunderbar!« Mehr als fünfzig Prozent der männlichen Bevölkerung Roms hört auf den Namen Gaius. Und von den übrigen heißen die meisten Marcus oder Lucius; das kann einem Ermittler schon das Leben sauer machen. »Haben Sie nichts Besseres zu bieten?«
»Er hatte wohl noch einen anderen Namen. Aber sooft ich mir schon den Kopf zerbrochen habe, ich kann mich einfach nicht darauf besinnen. Fronto war der einzige, der’s gewußt hätte.«
Ich stellte der Schlangenfrau noch ein paar Fragen, aber sie hatte nichts Wichtiges mehr beizusteuern, versprach allerdings, daß sie weiter versuchen würde, sich an den Familiennamen des Tierpflegers zu erinnern. Ganz benommen verließ ich die Menagerie.
Die Frühschicht hatte zwar wenig konkrete Beweise erbracht, aber ich hatte nun ein so lebhaftes Bild davon, wie Eprius und Fronto zu Tode gekommen waren, daß ich meinen alten Posten auf dem Caelimontium in ungewöhnlich gedrückter Stimmung bezog.
Die Abakusstraße war wie ein Backofen; uns stand ein glühendheißer Tag bevor. Kaum, daß ein Eimer Wasser drüberschwappte, schon war das Pflaster wieder trocken, und der kleine Singfink vom Schlosser hatte bereits ein Tuch überm Käfig, um sein gefiedertes Köpfchen vor der Sonne zu schützen. Als ich zum Speisehaus kam, winkte ich dem Wirt von draußen; er kannte inzwischen meine Bestellung, also blieb ich, zumal ich drinnen an der Theke jemanden stehen sah, gleich auf der Terrasse, um mir den einzigen Tisch im Schatten zu sichern.
Ich wartete darauf, daß der Wirt mir den Wein anwärmte. Es war ein angenehmer Morgen (falls man derjenige mit
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