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Kupfervenus

Kupfervenus

Titel: Kupfervenus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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dem Tisch im Schatten war), und ich war ziemlich sicher, daß Severina sich frühestens in ein paar Stunden blicken lassen würde. Froh darüber, für so leichte Arbeit so gut bezahlt zu werden, verschränkte ich die Hände hinterm Kopf und streckte mich genüßlich.
    Ich hörte, wie jemand aus dem Lokal trat, und dachte, es wäre der Kellner. Aber in diesem Irrtum sollte ich nicht lange verharren. Als ich die Arme sinken ließ, glitt blitzschnell die Schlinge eines starken Hanfseils darüber und preßte sie mir an den Körper. Die Schlinge wurde festgezurrt, und meinen Schreckensschrei dämpfte ein großer Sack, den man mir hurtig von hinten über den Kopf stülpte.
    Ich bäumte mich brüllend auf, spürte, wie die Bank unter mir umstürzte, und wußte doch kaum, wie mir geschah. Im Sack hing ein merkwürdiger, erstickender Geruch, und so, wie man mich überrumpelt hatte, war jede Gegenwehr zwecklos. Meine Angreifer stießen mich brutal mit dem Gesicht auf den Tisch. Mit einem instinktiven Ruck zur Seite konnte ich gerade noch verhüten, daß sie mir die Nase brachen, aber dafür steckte ich einen Hieb ein, von dem mir die Ohren dröhnten. Ich keilte nach hinten aus, fand ein weiches Ziel, wiederholte das Manöver, traf aber diesmal nur die Luft. Immer noch flach auf den Tisch gepreßt, versuchte ich, seitlich auszuschlagen. Grobe Hände packten mich; als ich in die Gegenrichtung auswich, nahm ich zuviel Schwung und fiel von der Tischkante.
    Mir blieb keine Zeit, mich zu orientieren. Der Feind hatte seine eigenen Vorstellungen davon, wo ich hin sollte, und zwar auf dem Rücken, in raschem Tempo gezogen, die Füße voran. Ich wußte, daß es sinnlos war, von Passanten Beistand zu erwarten.
    Ich war hilflos. Die Schurken hatten mich jeder an einem Bein gepackt – gefährlich, sollten sie einem Laternenpfahl mal nicht in derselben Richtung ausweichen! Mir tat jetzt schon alles weh. Wenn ich weiter Widerstand leistete, würde das die Schmerzen nur verschlimmern. Also ließ ich mich durchhängen und ihnen ihren Willen.
    Die Bordsteinkanten waren kein allzu großes Problem; nach der ersten wappnete ich mich, indem ich das Rückgrat durchbog. Auch der Sack bot ein klein wenig Schutz, aber einmal kriegte doch der oberste Halswirbel einen solchen Bums ab, daß ich mir vorkam wie ein Hähnchen beim Ausnehmen. Und eine Holperpartie über Lavabrocken tat meinem Kopf natürlich auch nicht sonderlich gut.
    Ich wußte, daß wir irgendwo abgebogen sein mußten, weil ich mit der Hüfte gegen eine Mauerecke geprallt war und mir unter dem Sack die Haut abgeschürft hatte. Wir kamen in kühlere Gefilde: also weg von der Straße.
    An einer Türschwelle schrammte ich mir jeden einzelnen Rückenwirbel und schließlich auch den Schädel. Wieder Richtungswechsel, wieder Püffe. Endlich knallte ich der Länge nach hin. Sie hatten mich fallenlassen. Ich lag still und labte mich an der Ruhe, solange es ging. Jetzt erkannte ich auch den Geruch: Lanolin. Ich war in einem Sack verschnürt, in dem früher ungesponnene Wolle gelegen hatte – ein so beunruhigender Anhaltspunkt, daß ich ihn rasch wieder verdrängte.
    Ich lauschte. Ich war in einem Haus, und zwar nicht allein. Ich hörte, wie sich etwas bewegte, das aber nicht zu identifizieren war; dann ein Klacken, wie wenn große Kiesel aufeinandertreffen.
    »Schön.« Eine Frau. Verstimmt, aber nicht ernstlich aus der Ruhe gebracht. »Laßt ihn raus, und dann wollen wir ihn uns mal ansehen.« Ich strampelte wütend. »Vorsichtig! Sonst ruiniert er mir noch den guten Sack …«
    Den stämmigen Sklaven, der mich mit seinen Riesenpranken aus dem Hopfensack schälte, erkannte ich wieder. Und dann löste sich auch das Rätsel des klackenden Geräuschs: Es waren große runde Terrakottagewichte, die die Kettfaden eines Webstuhls straff hielten und bei jedem Schlag mit dem Picker gegeneinanderprallten. Sie hatte gerade den Webschützen durchs Fach geführt und drückte nun mit dem Webeblatt den Stoffrand fest. Ich hatte sie noch nie ohne Kopfbedeckung gesehen, aber ich erkannte sie trotzdem.
    Soviel zu meinen ausgebufften Profimethoden: Ich hatte mich am hellichten Tag von Severina Zotica entführen lassen.
XXI
    Das rote Haar war von der ingwerfarbenen, krausen Sorte: rot genug, um aufzufallen, aber doch nicht zu grell. Nervöse Jungstiere würde es beispielsweise nicht scheu machen – und mir machte es auch keine Angst. Zu den roten Locken gehörten ein blasser Teint, unsichtbare Wimpern und Augen

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