Kupfervenus
immerhin sagen, um was es ging. Wenn Sie weiter für Pollia arbeiten, dann könnten Sie nebenher auch gleich was für Novus tun.«
»Tut mir leid«, versetzte ich rasch, denn ich hatte den Verdacht, daß sie da wieder etwas ausgeheckt hatte. »Ich kann nur jeweils einen Klienten betreuen. Trotzdem würde ich gern hören, was er will.«
»Schutz.«
»Autsch! Meine Prellungen sind noch nicht verheilt, also bringen Sie mich nicht zum Lachen, Zotica!«
Zum ersten Mal riß ihr der Geduldsfaden. »Müssen Sie ständig mit meinem Sklavennamen um sich werfen wie mit der Keule des Herkules?«
»Der Mensch sollte zu seiner Herkunft stehen …«
»Ach was, heuchlerisches Gewäsch!« zischte sie zurück. »Sie sind ein freier Bürger, sind’s immer gewesen, Sie haben ja keine Ahnung.«
»Falsch, Zotica. Ich kenne Armut, harte Arbeit und Hunger. Ich lebe mit meinen Enttäuschungen. Ich ertrage den Spott der Reichen und ihrer Sklaven. Meine Wünsche übersteigen meine Möglichkeiten ebenso himmelweit wie die einer armen Kreatur, die angekettet in einem dreckigen Käfig haust und in den Thermen die Feuer richtet …«
»Was sind denn das für Wünsche?« fragte sie, aber mir war dieses Gespräch bereits viel zu vertraulich.
Wir standen immer noch – ich auf dem Sprung – in der Tür zum Speisezimmer, doch Severina wollte mich anscheinend nicht so einfach gehen lassen.
»Ich stelle fest, daß ich mich gern mit Ihnen unterhalte«, gestand sie. »Ist das Ihre Methode, die Leute mürbe zu kriegen?«
»Es kommt nie viel dabei heraus, wenn man einem Verdächtigen seinen Spaß läßt.«
»Es ängstigt mich, wenn Sie so offen sprechen!«
»Gnädigste, was meinen Sie, wie bange mir erst ist!«
Plötzlich lächelte sie. Es war ein Lächeln, wie ich es nicht zum erstenmal im Leben sah: die gefährliche Waffe einer Frau, die sich in den Kopf gesetzt hat, wir wären dicke Freunde, sie und ich. »Jetzt will ich Ihnen verraten, warum ich wirklich zu der Astrologin gegangen bin«, versprach Severina. »Hoffentlich begreifen Sie dann, daß ich mir ehrlich Sorgen um Novus mache.« Ich legte den Kopf schief und wahrte meine Neutralität. »Er hat Feinde, Falco. Novus ist bedroht worden – und den Drohungen folgten rätselhafte Unfälle. Das fing schon an, bevor wir uns kennenlernten, und kürzlich ist wieder sowas passiert. Ich habe mich bei Tyche mit seinem Wissen – ja sogar in seinem Namen – erkundigt, ob er ernsthaft in Gefahr schwebt.«
Ich unterdrückte ein Grinsen. Sie wußte ja nicht, daß ich auch beobachtet hatte, wie sie einen Grabstein für den unglücklichen Mann bestellte. »Wer sind denn seine Feinde? Und was genau haben sie ihm angetan?«
»Werden Sie uns helfen?«
»Ich sagte doch schon, ich kann immer nur für eine Partei arbeiten.«
»Wenn das so ist, würde Novus nicht wollen, daß ich Ihnen noch mehr erzähle.«
»Wie Sie meinen.«
»Aber was kann er denn nur tun?« jammerte sie besorgt – eine hervorragende Schauspielerin.
»Die beste Art, mit einem Feind umzugehen, ist die, ihn sich zum Freund zu machen.« Severina sah mich an, und ich las in ihren Augen den Spott über meinen frommen Rat. Einen Moment lang keimte eine gefährliche Wahlverwandtschaft zwischen uns auf. »Also schön, ich geb es zu: Am besten ist es, ihn reinzulegen.«
»Falco, wenn Sie uns schon nicht helfen wollen, dann machen Sie sich wenigstens nicht auch noch über uns lustig!«
Falls sie mich anschwindelte, war das eine beachtliche theatralische Leistung. Aber ich schloß trotzdem die Möglichkeit nicht aus, daß sie eine Lügnerin war.
XXVII
Den Nachmittag brachte ich damit zu, mir auf dem Forum die abgedroschenen alten Geschichten anzuhören, die das Bummelantenpack vom Rostrum als Neuigkeiten feilbot. Anschließend ging ich in mein Gymnasium, wo ich ein bißchen trainierte, ein Bad nahm, mich rasieren ließ und mit dem wirklich aktuellen Klatsch eindeckte. Dann widmete ich mich zur Abwechslung mal wieder meinen Privatangelegenheiten, sprich meiner Mutter und meinem Bankier. Beides waren von Haus aus heikle Unterfangen; diesmal aber kam noch erschwerend hinzu, daß, wie ich erfuhr, alle beide von Anacrites, dem Oberspion, heimgesucht worden waren. Seine Nachstellungen wuchsen sich allmählich zu einem Problem aus. Anacrites hatte Didius Falco offiziell zum Ausbrecher erklärt. Und als meine Mutter einwandte, sie habe doch mit ihrem Geld für mich gebürgt, schnauzte Anacrites zurück, daß ich dann eben obendrein auch noch
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