Kupfervenus
endgültig aus.
Ich las die Speisekarte noch einmal und stellte dem Koch weitere Fragen, nicht alle davon beruflicher Natur.
»Was sind ›Austern Hortensius‹?«
»Dazu werden die Austern in einer leichten Sauce aus Weißwein, Lorbeerblättern, Wacholderbeeren und Liebstöckel geköchelt …«
»Ist das wirklich ein Rezept der Familie?«
»Das ist mein Rezept!« korrigierte er mich. Natürlich, Snobs wie diese Freigelassenen würden nicht dulden, daß man ihren Gästen das Gericht eines gallischen Sklaven vorsetzte. Viridovix lieferte die schöpferische Phantasie; sie steckten das Lob dafür ein.
»Bei Pilzen ist man ja heutzutage sehr vorsichtig.« Ich spielte auf die niederträchtige Ermordung des Kaisers Claudius durch seine Gattin an. Aber Viridovix, der seinen Becher schon fast bis zum Grund geleert hatte, rümpfte nur die Nase. »Hat Minnius das Gebäck geliefert?«
»Wie gewöhnlich, ja. Seine Sachen sind nicht schlecht, und er macht uns einen Sonderpreis.«
»Weil einer der Freigelassenen ihm den Stand verpachtet?«
»Ich weiß nicht, warum. Ich bin hier nur der Koch.«
»Wie ist das eigentlich passiert?«
»Ich war Kriegsgefangener, und Novus hat mich gekauft.« Viridovix grinste verschmitzt. »Der Sklavenaufseher hat nämlich behauptet, ich sei ein Stammesfürst.«
»Was für ein Snob!«
»Ihm schmeichelte die Vorstellung, daß ein gefallener Prinz ihm den Haferbrei umrührt.« Er sagte das ohne Bitterkeit; mir gefiel der Ton, mit dem er sich über den ordinären Dünkel seines Herr mokierte.
»Und, bist du wirklich von Adel?« Er lächelte still vor sich hin. »Sei’s drum, vielleicht bist du tatsächlich einmal was Besseres gewesen als Koch … Ist es dir schwergefallen, dich hier einzugewöhnen?«
»Das ist mein Leben, ich muß mich damit abfinden«, sagte Viridovix ruhig.
»Demnach strengst du dich also an in deiner Küche?«
»Das ist meine Arbeit – wenn schon, dann will ich sie auch gut machen«, erklärte er mit der Würde des angeheiterten Zechers.
»Das Grundrecht jedes Individuums!« Ich war offenbar auch schon betrunken. Mir fiel auf, daß er die gleiche protzige Livree anhatte wie Hyacinthus, überladen mit grellbunten Tressen. Aber als Koch trug er obendrein noch einen getriebenen Silberreif um den Hals. »Hat man dir dieses Halsband in der Gefangenschaft mitgegeben?«
»Kaum! Das hat der Herr extra angeschafft.«
»Als aparten Farbtupfer? Darf ich aus der Festtagsgala schließen, daß du das Servieren persönlich überwacht hast?«
»Schlecht tranchiert, wird selbst der beste Braten zum Reinfall.«
»Ich wollte eigentlich den Haushofmeister fragen, wer was gegessen hat.«
»Davon hat der doch keine Ahnung«, sagte Viridovix abfällig.
»Aber du hast darauf geachtet?« forschte ich. »Du weißt bestimmt noch, wovon jeder genommen hat und was er auf dem Teller ließ!«
Er sah mich geschmeichelt an und beantwortete dann gnädig meine Frage. »Ich würde sagen, jeder hat fast von allem probiert. Pollia ließ sämtliche Krümel, die sie für Knorpel hielt, liegen; Felix schnipselte alle Fettränder ab; der Gast schob den ganzen Abend lang die Speisen auf dem Teller hin und her …«
»Hatte er einen Grund?«
»Ach, der Mann versteht nicht zu essen.«
»Oder zu leben!« rief ich, mit einem bezeichnenden Blick auf das Menu.
Viridovix ließ sich das Kompliment gefallen. »Sie sagen es! Novus verdrückte wie gewöhnlich riesige Portionen und verlangte dann noch Nachschlag. Aber was sie aßen, hat keiner von denen wirklich gemerkt.«
»Enttäuscht?«
»Ach, in diesem Haus ist das ganz normal, Falco.«
»Und wurmt dich das?«
»Nicht genug, um mir Mordgedanken einzugeben«, erwiderte Viridovix verschmitzt.
»Nach meiner Theorie morden Köche nur, wenn sie sich an den glühenden Öfen überhitzt haben – dann laufen sie mit Fleischmessern Amok.«
»Gift wäre jedenfalls höchst unprofessionell für unsereinen!« Er lächelte wieder.
»Sag, du bist doch ein aufmerksamer Beobachter – war von den Anwesenden jemand besonders nervös?« Ich vermied es tunlichst, Severina Zoticas Namen zu erwähnen.
»Das waren sie alle«, antwortete er prompt.
»Sogar Novus?«
»Der ganz besonders.« Das überraschte mich.
»Und was war der Grund für diese allgemeine Reizbarkeit?« Sein breites gallisches Lächeln strahlte Intelligenz aus und Charme. Ich lachte. »Oh, tut mir leid! Natürlich kennst du die näheren Umstände nicht – du bist ja bloß der Koch!«
»Ach, Köche
Weitere Kostenlose Bücher