Kupfervenus
auf der anderen Seite des Saals zu treffen und dort ihren Falerner zu verkosten. Schon wieder ein neuer Raum für mich; diesmal einer, der in Exotik schwelgte: Bilder vom Nil, Fächer, kleine Statuen von Ibis-köpfigen Gottheiten, grellbunt gestreifte Kissen und Elfenbeinsofas mit Sphinxen als Armlehnen.
»Unser ägyptischer Salon.« Felix bemerkte, wie ich einen Schritt zurücktrat. »Gefällt er Ihnen?«
»Jedes Haus sollte einen haben!« So nötig wie ein Wespennest oder eine Tür, die nicht richtig schließt.
Hinter uns zogen neue Knoblauchschwaden auf: Crepito, der offenbar auf der Suche nach Novus gewesen war. »Ich kann ihn nicht finden. Wo steckt dieser Dummkopf nur?«
Zwar hatte Pollia mir versichert, daß die drei Freigelassenen nicht blutsverwandt waren, aber nachdem ich nun alle drei gesehen hatte, stand für mich fest, daß sie alle demselben Volksstamm angehörten. Crepito hatte einen kleineren Schnurrbart als Felix und nicht Novus’ Körperfülle, dafür aber eine lautere, derbere Stimme als beide zusammen. Doch auch an ihm entdeckte ich das ausgeprägte schwärzliche Kinn und das reizbare Temperament der anderen. Novus war anscheinend der jüngste des Trios gewesen.
Ich stellte mich zum zweitenmal vor. »Hortensius Crepito? Ich bin Didius Falco, im Dienste Ihrer Gattin.« Crepito grunzte etwas, das ich als Aufforderung nahm, fortzufahren. »Ich bedaure, der Überbringer dieser traurigen Nachricht zu sein, aber Hortensius Novus hatte einen Unfall – einen Unfall mit tödlichem Ausgang.«
Beide zeigten sich angemessen überrascht. »Unmöglich! Wir waren doch eben noch mit ihm zusammen …« Das kam von Crepito.
»Ich habe ihn gefunden«, erklärte ich ruhig. »Er muß, unmittelbar nach Ihrem Bankett heute abend, einem Anschlag erlegen sein.«
Die beiden Freigelassenen wechselten einen Blick. »Sie meinen …«
»Ja, es sieht ganz so aus, als ob man ihn vorsätzlich vergiftet hätte.«
»Aber wie?« fragte Felix mit der Dringlichkeit eines Mannes, dem mit Schrecken bewußt wird, daß er das gleiche gegessen hat wie der Ermordete.
Ich beruhigte die beiden mitfühlend. »Was Hortensius Novus zum Verhängnis wurde, hat offenbar sehr, sehr schnell gewirkt. Falls noch jemand betroffen gewesen wäre, hätte sich das inzwischen bestimmt schon herausgestellt.«
Trotz meines Zuspruchs setzte Felix die geriffelte blaue Flasche auf einem Tischchen ab und trat hastig beiseite.
Wenn ich doch Felix und Crepito schon früher kennengelernt hätte! Fremden etwas mitzuteilen ist immer unbefriedigend. Jedenfalls läßt sich nur sehr schwer beurteilen, wieweit ihre Reaktion auf Schock beruht – und wieviel von diesem Schock echt ist.
Hortensius Felix brütete stumm vor sich hin. Crepito dagegen verlangte nach Einzelheiten, und so schilderte ich ihm, wie ich Novus tot auf dem gefliesten Boden des Klosetts gefunden hatte, wo er immer noch lag. »Es wäre vielleicht ratsam«, schlug ich vor, »die Behörden zu verständigen, bevor Sie ihn wegschaffen lassen.«
»Ist das normal?« mischte Felix sich unvermittelt ein. »Ich meine, zieht man normalerweise in so einem Fall die Polizei hinzu?« Unter seelischem Druck verriet sich zum ersten Mal, daß die Freigelassenen aus einem anderen Kulturkreis zu uns nach Rom gekommen waren.
»Es empfiehlt sich hier, besonders verantwortungsvoll zu handeln, Hortensius Felix. Bei Mordverdacht wendet sich der Haushaltungsvorstand in der Regel von sich aus an den Prätor, statt zu warten, bis der seine Ädilen vorbeischickt, weil die Nachbarn ihm einen Wink gegeben haben.«
»Aber die Leute werden doch nicht …«
»Die Leute werden!« versetzte ich mit Nachdruck. »Erwarten Sie keine Solidarität von denen, die Sie an Ihrem Tisch bewirtet haben, wenn erst einmal häßliche Gerüchte die Runde machen.« Wieder wechselten die beiden einen Blick. »Ich weiß wohl, daß Hortensius Novus Ihnen wie ein Bruder war«, sagte ich einlenkend. Sie reagierten darauf merklich reserviert. Ich hatte zunehmend das Gefühl, mit Ausländern zu verhandeln, und glaubte, sie noch weiter beruhigen zu müssen. »Ich will doch nur Ihr Bestes. Falls Fluchtverdacht besteht, sollten Sie nach den Wachen schicken und den Mörder verfolgen lassen. Aber Giftmischer vertrauen normalerweise darauf, unentdeckt zu bleiben; also machen sie ein unschuldiges Gesicht und rühren sich nicht vom Fleck. Wenn Sie Meldung machen, können Sie sicher sein, daß die Beamten des Magistrats gleich morgen eine Untersuchung
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