Kupfervenus
ein wunderbares Geschenk bekommen …« Petro sprudelte munter drauflos. »Sie bleiben doch und essen mit uns?«
»Nicht, wenn ich nicht eingeladen bin!«
»Du bist immer willkommen.« Ich hatte endlich die Sprache wiedergefunden, nur klangen meine Worte leider nicht sehr überzeugend.
»Das sollte einem aber vorher gesagt werden!«
»Dann sag ich’s dir eben jetzt.«
»Wie nobel von dir, Marcus!«
Mit der Kraft der Beschwipsten entrang mir Maia endlich den Steinbutt. Bevor ich sie daran hindern konnte, legte sie ihn auf den Rand des Zubers, an dem er so anmutig hinunterglitt wie eine Staatsbarkasse auf Jungfernfahrt. Eine Woge duftenden Wassers schwappte über den jenseitigen Rand, worauf es prompt aus allen Kohlenpfannen prasselte und zischte; etliche meiner Verwandten riefen Bravo.
Stolzgeschwellt über den Erfolg ihrer Anstrengungen, setzte Maia sich wieder. Meine Schwager reichten den Wein herum, den ich für später bestimmt hatte. Der Steinbutt war fürs erste in Sicherheit, doch er hatte angefangen zu garen, bevor ich Zeit fand, die Löffel zu zählen, die Sauce zu binden, meine Tunika zu wechseln – oder das Mädchen zu versöhnen, das ich so schmählich beleidigt hatte. Petronius Longus tat sein Bestes, um sich stellvertretend für mich zu entschuldigen, aber schließlich machte Helena sich doch mit letzter Kraft von ihm los. »Marcus wird Sie hinausbringen«, schlug er noch hoffnungsvoll vor.
»Marcus muß sich um seinen Fisch kümmern!«
Helena verschwand.
Das Wasser im Fischkessel kochte.
» Laß die Finger davon! « kreischte Maia, die mich von den Kohlenpfannen abzudrängen versuchte.
Meine Mutter, die bisher stumm dabeigesessen hatte, schubste uns beide mit rebellischem Grollen beiseite. »Wir passen schon auf den Kessel auf – ab mit dir! «
Ich rannte auf den Gang: leer.
Ich riß die Wohnungstür auf: niemand auf der Treppe.
Mit zornbebendem Herzen lief ich wieder rein und sah in den anderen Zimmern nach. Neben dem Lesesofa des Senators in dem Kabuff, das ich nie benutzte, stand eine Truhe, mit der Helena sonst auf Reisen ging … 0, Jupiter! Ich erriet, was das zu bedeuten hatte.
Petronius hatte Helena in mein Schlafzimmer genötigt. Er kannte sie als eine Frau, die sich normalerweise nicht unterkriegen läßt, und jetzt schien er aufgeregter als sie. Als ich hereinkam, war er über die Maßen erleichtert. »Möchtest du, daß wir gehen?« Ich schüttelte energisch den Kopf (denn ich dachte an den Fisch). Petronius schlich hinaus.
Ich pflanzte mich zwischen Helena und der Tür auf. Sie bebte vor Zorn, oder vielleicht auch vor Kummer. »Warum hast du mich nicht eingeladen?«
»Ich dachte, du würdest nicht kommen!« Ihr Gesicht war bleich und verkrampft, und sie sah richtig unglücklich aus. Ich haßte mich dafür, daß ich ihr das angetan hatte. »Ich hab die ganze Zeit darauf gewartet, daß du dich bei mir meldest. Aber du wolltest offenbar nichts von mir wissen. Ach, Helena, ich hätte es nicht ertragen, den ganzen Abend auf die Tür zu starren und vergeblich auf dich zu warten …«
»Tja, nun bin ich ja auch so gekommen!« gab sie schnippisch zurück. »Und jetzt erwartest du wohl, daß ich sage: ›Ach, das ist eben typisch Marcus!‹, so wie deine Familie das macht!« Ich ließ sie geifern. Ihr tat es gut, und ich konnte Zeit gewinnen. Ich sah ja, daß sie völlig verzweifelt war. Und ihre Reisesetruhe hatte mir auch verraten, warum. Ich hatte ihr nicht nur eine Ohrfeige versetzt, nein, ich hatte dafür auch ausgerechnet den Tag gewählt, an dem sie sich entschlossen hatte, mit mir zusammenzuleben … »Keine faulen Tricks!« warnte sie, als ich Anstalten machte, näher zu kommen. »Ich kann das so nicht länger mitmachen, Marcus …«
Ich legte ihr beide Hände auf die Schultern. Sie versteifte sich gegen den Druck. »Mein Liebes, ich weiß doch …« Ich zog sie an mich. Sie wehrte sich, aber nicht energisch genug.
»Marcus, ich ertrage es nicht, dich immer wieder fortgehen zu sehen, ohne daß ich weiß, ob du je zurückkommen wirst …«
Ich umarmte sie fester. »Ich bin ja da …«
»Laß mich los, Marcus.« Helena bog unwillig den Kopf zurück; ich roch wohl zu arg nach Fisch.
»Nein, laß mich die Sache erst wieder ins Lot bringen …«
»Ich will aber nicht!« antwortete sie, noch immer mit dieser leisen, verzagten Stimme. »Marcus, ich will mich nicht immer von raffinierten Sprüchen einwickeln lassen. Ich will nicht noch mithelfen, wenn ich betrogen werde.
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