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Kurier

Kurier

Titel: Kurier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Berndorf
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er war sicher, dass die Männer Angst hatten, enorme Angst.

    Jemand atmete sehr laut und Grau sah erschreckt zu Meike
hinüber. Aber es war nicht Meike, es war Mehmet. Mehmet schwitzte, war grau im
Gesicht und ließ den Kopf nach vorn pendeln.

    Grau stand auf und ging zu Mehmet. Er sagte zu Geronimo:
»Rutsch ein Stück zur Seite, wir müssen ihn hinlegen. Öffne ihm die Hose.«

    Der vierschrötige Bulle zischte dicht neben ihm: »Ruhe!
Hinsetzen! Nichts tun!«

    Grau sah zu ihm hoch. »Er ist ein guter Mann und es geht
ihm dreckig.« Er öffnete die Gürtelschnalle über Mehmets Bauch. Der war sehr
prall. Aus Mehmets Mundwinkel rann Speichel.

    Geronimo sagte wild: »Scheiße!«

    »Ruhe!«, schrie der vierschrötige Blonde.

    »Mister Davidoff wird dich vierteilen, wenn Mehmet etwas
zustößt«, sagte Grau. »Und du weißt das genau, verdammt noch mal.« Er hantierte
an Mehmets Reißverschluss und schlug ihm gleichzeitig leicht auf die Wange:
»He, aufwachen. Es ist alles okay. He, Mehmet!« Der Partner reagierte nicht.

    Grau nahm Mehmets Kinn und drückte es nach oben. Dann
holte er Luft, um ihn zu beatmen.

    Da traf ihn der Vierschrötige mit der Waffe seitlich am
Hals. Es schmerzte höllisch und er fiel zur Seite.

    »Ruhe jetzt! Nichts tun!«, schrie der Mann.

    Grau sah alles wie durch einen Nebelschleier. Unmittelbar
vor seinen Augen waren Schuhspitzen, es waren die von Sundern. Daneben die
Sohlen anderer Schuhe, die von Geronimo. Beide Männer hockten angespannt auf
dem Boden.

    Grau versuchte, den Kopf zu heben. Irgendetwas lief warm
über sein Gesicht. Es war Blut und er wischte es an der Hose ab.

    Neben ihm wurde Mehmets Atem schwerer und rasselnder.

    Geronimo verlor die Geduld: »Scheiß drauf.«

    Grau wandte den Kopf zur Seite und sah Geronimo zu, wie
er versuchte, Mehmet zu beatmen. Es wirkte obszön, aber bereits beim zweiten
Atemstoß veränderte sich Mehmets Zustand, er schien besser Luft zu bekommen.
Dann traf auch Geronimo der eiserne Schulterbügel der Waffe, er erwischte ihn
am Hals, und Geronimo lag augenblicklich still.

    »Grau«, wimmerte Meike.

    »Schon gut«, antwortete er heiser. Aber er wusste nicht,
ob seine Stimme überhaupt noch funktionierte. Er wiederholte: »Schon gut.«
    Dann traf ihn ein Tritt zwischen die Schulterblätter. Ein
stechender Schmerz verursachte ihm eine überschwappende Übelkeit. Er drehte
sich zur Seite und übergab sich. Jemand hielt seinen Kopf fest. Es war Meike,
sie hatte irgendwie die lächerlichen und lebensgefährlichen fünfzig Zentimeter
zwischen ihnen überbrückt.

    Sie bildeten jetzt ein Fünfeck: Mehmet, der wieder schwer
röchelte, daneben Geronimo, der offensichtlich bewusstlos war, dann Meike,
dicht neben ihm, Grau selbst zwischen den Unterschenkeln von Mehmet und daneben
Sundern, scheinbar unbeteiligt und in sich versunken.

    Es fiel Grau schwer, die Augen offen zu halten, weil der
Schmerz ihm Tränen in die Augen trieb. Er sah aber, dass Geronimos Hosenbund
offen stand und rechts von Geronimos Körper Sunderns Hand wie der Kopf einer
Schlange unter dem Körper Geronimos verschwand.

    Lieber Gott, dachte er, lass ihn die Waffe nicht erreichen.
Er wollte irgendetwas sagen, konnte es aber nicht. Er rollte sich auf den
Rücken und versuchte, seinen Atem unter Kontrolle zu bringen. Er wusste, dass
er damit den brutalen Blonden ablenkte, und bemühte sich, in theatralischer Übertreibung
zu atmen.

    Den Vierschrötigen regte das auf. Er trat zu und traf
Grau hoch zwischen den Beinen.

    Grau schrie, und gleich darauf schrie Meike, kam hoch und
fuhr auf den Blonden zu.

    »Ruhe!«, brüllte jemand, und eine Sekunde lang erstarrte
das Bild.

    Meike drehte sich weg, das Gesicht des vierschrötigen
Blonden war von Angst und Hass verzerrt.

    Es war Sundern, der geschrien hatte. Er brüllte: »Du
kannst Mehmet nicht so liegen lassen! Wenn du nicht zulässt, dass wir ihm
helfen, wirst du bald selbst tot sein. Alle, die in dieser Straße wohnen,
werden dich jagen. Und hör endlich auf, die Leute zu treten!«

    Der Blonde erwiderte nichts.

    »Hilf ihm«, sagte er endlich. Es wirkte lächerlich, wie er
breitbeinig dastand, als versuche er eine Machtpose.

    Sundern kroch zu Mehmet hinüber, beugte sich tief über
dessen Gesicht. Grau sah genau, wie er die Waffe von Geronimo unter der flachen
Hand quer vor seiner Brust richtete. Grau stockte der Atem, als Sundern mit
unendlicher Geduld Mehmet seinen Atem einblies. Einmal, zweimal, dreimal.
Mehmet bewegte

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