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Kurier

Kurier

Titel: Kurier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Berndorf
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ich noch eine Bitte.
Sie denken doch bestimmt dran, mich beschatten zu lassen. Das sollten Sie sich
gut überlegen …«

    Thelen setzte zu einer Erklärung an. Dann fixierte er White,
der grinsend in seinem Sessel hockte und ohne jeden Vorwurf feststellte:
»Robert, Grau will rauskriegen, ob wir einen Babysitter für ihn haben.
Spätestens jetzt weiß er doch, dass wir tatsächlich einen haben.«

    »Ach so«, sagte Thelen dümmlich. »Zu seinem Schutz.«
    »Ziehen Sie ihn zurück«, forderte Grau. »Er wird mich
bloß gefährden, und entdecken werde ich ihn auch.«

    »Okay«, stimmte White zu. »Jetzt brauche ich eine Unterschrift.
In den Kuverts da ist Ihre Kohle.«

    Grau unterschrieb mindestens zwanzig Formulare, die er
nicht durchlas; dann steckte er Geld und Ticket in die Brusttasche seines
Hemdes und sagte: »Ich melde mich wie verabredet. Noch etwas?«

    »Ja. Sie sollten mir sagen, wo Sie diese Nacht
verbringen.«
    Grau nickte. »Ich fahre heim, packe meine Sachen und gehe
in irgendein Hotel.«

    »Holiday Inn«, bat White. »Ich muss Ihnen einen Pauker schicken. Vorschrift. Er wird um
Mitternacht aufkreuzen und sich als Hector zu erkennen geben. Zum Abschluss
sollten Sie sich noch Ulrich Steeben genau ansehen.« Er zog ein großes
Porträtfoto aus einem braunen Umschlag und hielt es Grau hin.

    »Sie können das Foto nicht mitnehmen. Deshalb prägen Sie
sich den Mann genau ein. Helles Haar, ein ziemlich rundes, brutales Gesicht,
die Kinnpartie stark ausgeprägt. Makellose Zähne, immer lächelnd. Ich hätte an
seiner Stelle längst einen Krampf im Kiefer. Er sieht aus wie zweiundzwanzig,
ist aber sechs Jahre älter.«

    »Hat er irgendwelche Macken, irgendwelche Besonderheiten?«

    »Nein. Er ist so stromlinienförmig, dass man ihn nur
schwer beschreiben kann. Macken sind nicht bekannt. Er trinkt nicht, er raucht
nicht.«

    »Er ist doch verschwunden. Was hat man denn seinen
Angehörigen erzählt?«

    »Da müssen Sie das Auswärtige Amt fragen.«

    »Gut«, sagte Grau. Die Frage nach dem Pauker verkniff er
sich. Dieses komische Kauderwelsch der Drogenspezialisten! Er würde es ja bald
erfahren.

    Sie gaben sich zum Abschied nicht die Hand.

    Der junge Mann, der ihn unermüdlich plappernd ins Zimmer
geführt hatte, nahm ihn wieder in Empfang und geleitete ihn zum Ausgang. Ein
Taxi wartete.

     
    Angie war nicht da. Sie hatte einen Zettel auf den
Küchentisch gelegt. Die Schrift lief schräg nach links, sie lag fast auf dem
Rücken.
    Ich bin zu meinen Eltern, ich kann nicht
allein in der Wohnung sein. Du hast uns keine Chance gegeben.
Angie

    Er starrte sehr lange auf das Papier, seufzte dann
und packte in aller Ruhe seine Koffer. Als das Taxi vor dem Holiday Inn hielt, war es zehn Uhr
abends. Er bestellte sich ein Steak mit grünem Pfeffer aufs Zimmer, aß
genüßlich und machte sich währenddessen Notizen. Er schrieb einen Brief an
seine Bank und informierte sie, dass sein Gehalt weiterlaufe und er seinen
Wagen an einen Kollegen verkauft habe.

    Er deponierte zweitausend Dollar in einem Geldgürtel, den
Rest des Geldes steckte er in Kuverts mit dem Hotelsignet und verstaute sie in
seinem Koffer unter der Wäsche. Dann legte er sich aufs Bett.

    Es war Punkt Mitternacht, als der Portier anrief. Ein gewisser
Herr Hector habe an der Rezeption nach ihm gefragt.

    »Schicken Sie ihn rauf«, sagte Grau.

    Der Mann, der nun klopfte, war eigentlich eher ein dünnes
Männlein. Vielleicht war er sechzig, vielleicht auch siebzig Jahre alt. Er trug
einen schwarzen Anzug über einem schwarzen Hemd und eine grellrote Lederfliege.
Er hatte eine Glatze und lächelte freundlich mit fast geschlossenen Augen. Sein
Gesicht war scharf geschnitten und sehr hager. Er sagte fröhlich: »Al schickt
mich, ich bin Hector.«

    »Ja, ja. Setzen Sie sich. Was, bitte schön, ist denn ein Pauker?«

    Der Gnom lächelte. »Ich bin so einer. Ich soll Sie
instruieren. Soweit ich informiert bin, wollen Sie in einer äußerst feindlichen
Welt leben. Da können ein paar gute Tipps nicht schaden, oder?«

    »Das ist richtig«, stimmte Grau erheitert zu. »Werden Sie
mir auch beibringen, wie ich jemanden schnell und brutal töte?«

    Hector lächelte maliziös. »Man hat mich vor Ihnen gewarnt:
Sie sind ein intellektueller Typ, einer mit Ironie. Sind Sie jemals verprügelt
worden?«

    Grau nickte. »Drei- oder viermal. Aber es war immer
harmlos. Ich bin keiner, der sich prügelt.«

    »Das mag sein.« Hector grinste. »Aber zuweilen werden

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