Kurier
gelegen?«, fragte Grau schnell.
White grinste. »Nein. Also, wir nehmen es stark an, wir
wissen es aber nicht genau. Diese Meike Kern ist die geschiedene Ehefrau eines
Rechtsanwaltes namens Timo Sundern. Der Mann ist Wirtschaftsberater,
Steuerberater und Immobilienhändler. Er hat Geld satt, er quillt sozusagen über
von dem Zeug. Außerdem hat er eine starke Neigung zu Nutten und Sekt.«
»Wie kommt denn der an Steeben?«
»Sie haben sich, und das ist beweisbar, in Italien kennengelernt.
Natürlich haben wir hintenherum Sundern fragen lassen, ob er wusste, dass
Steeben im Anflug war. Er hat behauptet, er habe keine Ahnung von Steeben und
mit dem grundsätzlich nichts zu tun.«
»Ist das glaubhaft?«
»Nicht die Spur«, sagte Thelen. »Außerdem scharwenzelt
die geschiedene Meike Kern ständig um ihren Exmann herum. Sie ist
Geschäftsführerin von einigen seiner Firmen und sitzt auch in ein paar Aufsichtsräten.«
»Wieso Nutten und Sekt?«, fragte Grau.
»Er besitzt Nachtklubs und ähnliche Etablissements«,
sagte White. »Und er ist bisher nie zu fassen gewesen, er ist gefährlicher als
ein Skorpion unterm Sand. Im Übrigen steckt er knietief in der Berliner Politik
und wird von allen möglichen Leuten gedeckt. Wir vermuten, dass er sie
schmiert. Aber einen Beweis haben wir nicht.«
»Wo war er in der Nacht, in der Ulrich Steeben in Berlin
ankam und verschwand?«
»In einem Puff, streng genommen in seinem Puff. Er beschäftigte
sich mit vielen Leuten gleichzeitig. Sein Alibi ist absolut wasserdicht. Von
abends elf bis morgens um vier. Wir vermuten, dass eben dieser Timo Sundern das
Büro des Regierenden Bürgermeisters auf unsere Fahnder scharfgemacht hat. Er
ist der Typ, der lächelt, nichts sagt und zuschlägt.«
»Also weit besser als BND und DEA«, sagte Grau. »Wie heißt
denn dieser Puff, in dem Sundern sich aufgehalten hat?«
»Es ist ein Klub. Er heißt Memphis und liegt am Savignyplatz. Sundern und Meike Kern sind fast
jede Nacht dort.«
Grau nahm ein Notizbuch und einen Kugelschreiber aus der
Tasche. »Ich vermerke mir erst einmal ein paar Namen«, sagte er nebenbei. »Wie
steht Sundern mit Journalisten?«
»Gut«, sagte White. »Allerdings ist er sehr verschwiegen.«
»Die wichtigste aller Fragen: Sind Sundern oder diese
Meike Kern jemals in ihrem Leben mit Drogen in Berührung gekommen?
Nachtbetriebe lassen doch darauf schließen. Gibt es polizeiliche Untersuchungen
in dieser Richtung?«
White schüttelte den Kopf. »Das haben wir genau überprüft:
Es hat nie auch nur einen einzigen Anhaltspunkt gegeben. Nicht einmal einen
Verdacht. Ich gebe zu, dass das erstaunlich ist.«
»Wieso machen Sie Notizen?« Thelens Stimme klang schrill.
»Weil ich Journalist bin«, sagte Grau. »Hat Sundern irgendwelche
Schwierigkeiten mit dem Finanzamt?«
White schüttelte den Kopf. »Nicht die geringsten. Er bezahlt
seine Steuern, und das pünktlich. Diese Art von Leuten bezahlt ihre Steuern
immer pünktlich.«
»Sie dürfen sich nichts notieren«, quäkte Thelen aufgeregt.
»Schließlich ist das hier so etwas wie eine geheime Mission.«
»Das ist es nicht«, sagte White ganz ruhig. »Er ist und
bleibt Journalist, und er macht sich Notizen. Das gehört zu seinem Job.«
»Wie geht es jetzt weiter?«, fragte Grau sachlich.
»Ich habe Ihre Unterlagen hier«, sagte White. »Hier ist
zunächst der Kontrakt über die zehntausend Dollar Vorschuss und die weiteren
zwanzigtausend Erfolgsprämie. Dann einmal fünftausend Dollar Bewegungsgeld.
Denken Sie daran: Heben Sie jede gottverdammte Quittung auf, die bedeuten
Bargeld. Und hier ist das Ticket. Es gilt unbegrenzt für Flüge zwischen Berlin
und Bonn. Sie wohnen im Eden, also im
Zentrum. Am Flughafen bekommen Sie einen kleinen Wagen, er ist auf Ihren Namen
gemietet …«
»Das ist alles sehr fürsorglich«, unterbrach Grau. »Aber
ich will das Hotel nicht. Und den Wagen auch nicht …«
»Moment mal!« Thelen schien vor Erregung zu explodieren.
»Sie müssen sich aber an gewisse Spielregeln halten …«
»Robert«, wehrte White ab, »lass ihn doch erst einmal ausreden.«
»Ich gehe sofort nach Berlin. Ich brauche allerdings für heute
Abend ein Hotel hier in Bonn. Mein Quartier in Berlin suche ich selbst, mein
Auto organisiere ich auch. Ist das okay?«
Thelen wollte argumentieren, aber White nickte bestimmt.
»Selbstverständlich. Sie melden sich routinemäßig hier in der Botschaft.«
Grau nickte ebenfalls. »Dann habe
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