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Kurier

Kurier

Titel: Kurier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Berndorf
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Aber du
gehst in sein Büro. Ganz offiziell, wie ein Kunde.«

    »Er wird sich über mich amüsieren«, sagte Grau.

    Milan schüttelte den Kopf. »Nicht die Spur. Siehst du,
ich habe das Frettchen mit Lokuspapier vollgestopft und Sundern weiß das. Er
wird freundlich sein, denn er muss fragen, was passiert, wenn er ein zweites
Mal ignoriert, was du willst.«

    »Ich kann dich als meinen Schatten da aber nicht reinziehen.
Das geht nicht. Du fliegst auf, du hast keine Papiere.«

    »Das sagt Sigrid auch, sie hat Angst. Wir könnten es bei
einer zweiten Gruppe versuchen, bei Sundern später vielleicht. Sundern wird
Feinde haben, also versuchen wir es erst bei seinen Feinden.«

    »Aber ohne Schatten«, mahnte Grau. Dann schlief er unvermittelt
ein.

    Als er aufwachte, schien die Sonne in beruhigenden, langen
grellweißen Bahnen in das hohe Zimmer. Er brauchte einen Augenblick, um sich
zurechtzufinden. Wenn die Uhr richtig ging, dann hatte er zwölf Stunden
geschlafen. Milan oder die Polaschke hatten ihm ein Glas Wasser und einige
Aspirin neben das Bett gelegt. Er hatte Kopfschmerzen und nahm zwei Tabletten.

    Dann stand er auf und musterte sich in dem kleinen Spiegel.
Er hatte blaue Stellen am rechten Auge, einen rotschwarzen Fleck am rechten
Oberarm und einen am linken Oberschenkel. Er hockte sich auf das Bett und rief
die US-Botschaft in Bad Godesberg an. Er verlangte White, und die Verbindung
kam nicht sofort zustande, weil sie vermutlich zuerst ihre Tonbänder in Gang
setzen mussten.

    Dann sagte White munter: »Na, wie geht es meinem
Kundschafter?«

    »Ganz gut«, antwortete Grau. »Ich habe einen Babysitter,
und Sie sollten gar nicht erst versuchen, das abzustreiten. Er ist ungefähr
dreißig Jahre alt, ein schlanker Blonder mit englischen Schuhen. Ziehen Sie ihn
ab, er macht seine Sache schlecht.«

    »Das ist kein Mann von mir.« White sagte das wirklich
überzeugend.

    »Dann ist er ein Mann von diesem christ-katholischen
Thelen«, entschied Grau traurig. »Ich nehme an, Thelen kann ebenso gut lügen
wie alle Geheimdienstleute. Der Kleine sollte aus dem Spiel genommen werden,
White. Sonst spiele ich nicht mehr mit. Ich habe Ihr Wort.«

    »Ich richte es Thelen aus«, versprach White. »Haben Sie
irgendeinen Kontakt gemacht?«

    »Noch nicht«, log Grau. »Welche Gruppierung ist Ihrer
Ansicht nach die gefährlichste?«

    »Schwer zu sagen. Die Russenmafia ist nicht ohne, aber
ich denke, die spielen nicht mit, wenn es um Kokain geht.«

    »Es geht auch um Dollar«, erinnerte Grau ihn gelassen.
»Also, nicht vergessen, der Blonde mit den englischen Schuhen muss aus dem
Verkehr gezogen werden.«

    »Moment mal, wo wohnen Sie denn? Woher rufen Sie mich
an?«

    »Das müssen Sie nicht wissen.« Grau hängte ein. Er ging
hinaus in den Flur und fragte laut: »Ist jemand da?«

    »Aha!«, sagte die Polaschke kriegerisch. »Sie wollen Kaffee?«

    »Das wäre gut. Und trockenes Brot. Nichts sonst, nur
trockenes Brot. Wo ist Milan?«

    »Hören Sie mal«, sagte die Polaschke und kam ganz nah an
Grau heran. »Ich habe mir Milan an Land gezogen, er ist ein guter Typ, und ich
habe ein Recht auf mein kleines Glück oder so.«

    Sie schnaufte und wirkte ein wenig wie ein kleines gutmütiges
Plüschtier. »Irgendwann ist es sowieso aus, weil ein Bulle aufkreuzt und nach
seinen Papieren fragt. Ist ja auch normal, dass das so kommt. Dann ist es aus.
Aber so lange will ich Milan und meine Ruhe, dass das klar ist …«

    »Sicher doch«, sagte Grau hastig. »Ich habe wenig Erfahrung
in diesen … in diesen Dingen. Ich halte ihn raus. Ab jetzt halte ich ihn raus.«

    »Hah!«, sagte sie und stemmte die Hände in die Hüften.
»Vielleicht wollen Sie das wirklich, aber Milan will es nicht mehr. Nur mit mir
rummachen und hin und wieder Schnaps saufen und Frühstück richten für die
blöden Gäste, das ist ihm nicht aufregend genug. Aber Sie sind aufregend für
ihn. Also, was ist? Was machen Sie?«

    »Ich habe ihn bereits entlassen«, versicherte Grau begütigend.

    »Ich hoffe, dass er drauf hört.« Sie seufzte. »Aber er
wird nicht hören. Er hat keine Papiere, er kann nicht mal beweisen, dass es ihn
gibt. Na gut, ich will’s glauben. Mach mir keine Schande, Männeken.«

    Dann machte sie kehrt und stampfte davon, als ginge es in
einen Kampf.

    »Ich brauche ein Telefonbuch«, sagte Grau hinter ihr her.
»Und wenn es Sie beruhigt, kann ich auch ausziehen und mir woanders ein Bett
suchen.«

    »Kommt nicht infrage«, sagte sie,

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