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Kurier

Kurier

Titel: Kurier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Berndorf
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lügt …‹«

    »Schon gut. Ich habe dir von Hector erzählt. Hector hat
mir auch die Waffe und die Pillen gegeben. Es ist okay, du weißt alles. Noch
etwas?«

    »Noch etwas. Du hast erzählt, du hast White fotografiert
und diesen Thelen.«

    »Habe ich auch, wieso?«

    »Hast du den Film schon entwickelt?«

    Grau schüttelte den Kopf.

    »Solltest du aber«, sagte Milan. »Gib mir den Film, wir
haben einen Bekannten, der kann das schnell machen. Ich will sehen, wie White
aussieht und Thelen.«

    »Aber warum das, du bist nicht mehr mein Schatten.«
    Grau konnte nicht umhin zu grinsen, weil auch Milan grinste.

    »Sagen wir, halber Schatten?«, fragte Milan. »Einverstanden.
Sonst sitzt du hier in der Wohnung und wirst verrückt. Sonst noch etwas?«

    »Ja. Du hast gesagt, dass der verschwundene Mensch, dieser
Ulrich Steeben, fünfzig Pfund reines Kokain bei sich hatte. Wenn es ein guter
Stoff bleiben soll, macht er daraus rund zwei Zentner. Okay? Dann ist es immer
noch besser als der Stoff, der sonst in der Stadt ist. Er soll so eine Art
Kokain-König sein, okay? Das kann falsch sein, das kann ganz einfach falsch
sein.«

    »Aber wieso? Hier werden die Schönen und die Reichen
zusammenkommen, hier wird regiert. Das scheint mir okay«, widersprach Grau.

    »Hör mich an«, sagte Milan eindringlich. »Also zehn Millionen
Dollar in bar, zwei Zentner Koks, gute Ware. Aber es geht doch hier um etwas
anderes. Große Dealer spezialisieren sich ganz selten auf einen Stoff. Viel zu
riskant, verstehst du, geschäftlich zu riskant.

    Dann noch etwas: Hier in Berlin werden alle Diplomaten
zusammenkommen, die jetzt in Bonn und Umgebung sitzen. Hunderte, ja Tausende
von Diplomaten. Richtig? Ich sehe, du bist ein kluger Mann. Ich weiß aus
Sarajevo, dass Diplomaten, besonders die aus Südamerika und Afrika, jede Menge
Drogen im Gepäck haben – ohne jedes Risiko, verstehst du? Niemand durchsucht
sie, niemand darf sie durchsuchen. Ist internationales Recht. Was ist, wenn …
oh, Scheiße, ich weiß das nicht in Deutsch …«

    »Du fragst dich, ob die Einschätzung dieses Steeben richtig
ist, nicht wahr?«

    »Genau. Ihr Deutschen habt Wiedervereinigung. Also fünf
neue Bundesländer. Also siebzehn Millionen neue Kunden. Was ist, wenn das
eigentliches Ziel ist: Markt in fünf neuen Bundesländern?«

    »Was ist, wenn Steeben das auch begriffen hat? Vielleicht
hat er sich mit jemand zusammengetan und Stoff und Geld verschwinden lassen …?«,
überlegte Grau laut.

    »Möglich«, meinte Milan. »Kann durchaus sein. Aber noch
was. White und Thelen sagen dir: Lieber Grau, gehe nach Berlin und finde für
uns Steeben! Und sie erzählen, sie können es nicht selbst tun, sie haben
Schwierigkeiten. Sie behaupten das, aber es ist gelogen.«

    »Wieso denn?«, fragte Grau. Er wurde zunehmend nervös,
weil das, was Milan sagte, ihm selbst schon durch den Kopf gegangen war.

    »Sie lügen. Wenn sie niemanden in Berlin haben, um Steeben
zu suchen … Wenn sie das sagen, ist es Lüge. Sie haben immer – wie nennt man
das in Deutsch? –, sie haben immer unsichtbare Männer. Sie können auch ein paar
Kollegen von der CIA nehmen, oder? Niemand würde das wissen.«

    »Das ist richtig.« Grau lächelte. »Als du mein Schatten
warst, habe ich bereits gedacht: Mein Schatten treibt mich an. Jetzt treibst du
mich wieder an. Natürlich, du hast recht, sie haben gelogen. Aber die Frage ist
doch: Warum haben sie das getan?«

    »Vielleicht, weil sie immer lügen. Vielleicht bist du
eine zusätzliche … eine Sicherung. Vielleicht aber wollen sie, dass du etwas
herausfindest, was du noch gar nicht weißt. Sie bezahlen dich, also muss es wichtig
sein. Gib mir den Film, ich lasse ihn schnell entwickeln.«

    Grau nahm die Kamera, spulte den Film zurück und gab ihn
Milan. »Es gibt viel herauszufinden«, sagte er. »Aber du solltest deine Sigrid
ernst nehmen, sie macht sich Sorgen.«

    »Der beste Trick ist: Sigrid wird auch Teil der Arbeit«,
sagte Milan. Er grinste wie ein Faun. »Das weiß ich genau, das habe ich
ausprobiert. Sigrid ist nicht schlecht, wenn sie gefordert wird.«

    »Mein zweiter Schatten?«, fragte Grau.

    »Mir wird etwas einfallen.« Milan war zuversichtlich.

    Dann sah er Grau an und tönte gefährlich weiter: »Weißt
du, wahrscheinlich haben sie dich total beschissen. Was ist, wenn dieser
Steeben niemals in Berlin war? Wenn er nicht hier war, sein Stoff nicht hier
war, sein Geld nicht hier war? Was ist, wenn er schon seit

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