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Kurier

Kurier

Titel: Kurier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Berndorf
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rechten
Hand das alte Zeichen für Waffe. Grau zog langsam den Colt aus der Tasche.
Milan drückte die Klinke herunter und die Tür öffnete sich geräuschlos. Sie
sahen in einen völlig leeren Raum, in dessen Mitte ein kleines Paket auf dem Boden
lag. Offensichtlich Dynamitstangen, die von rotem Isolierband zusammengehalten
wurden. Von diesem netten Päckchen führten zwei weitere Drähte zum Fenster und
verschwanden nach draußen.

    Milan schüttelte den Kopf, deutete auf das Paket am Boden
und schüttelte noch einmal den Kopf. Sie machten sich vorsichtig auf den
Rückzug. Als sie hinter verschlossener Tür in der Scheune auf dem Heu hockten,
flüsterte Milan: »Du kannst nichts machen. Wenn du den Sprengstoff von der
Zündung wegnimmst, kann es sein, dass dadurch die anderen Ladungen hochgehen.
Es ist eine Ringladung, einfach und idiotensicher.«

    »Wir brauchen den Mann am Drücker«, sagte Grau trocken.

    Milan nickte. »Das ist aber schwer. Hier ist überall Wald
und Gebüsch. Der Mann wird seinen Platz so gewählt haben, dass er genau sehen
kann, wer ins Haus reingeht und wer rauskommt. Er wird so stehen, dass er die
erleuchteten Fenster beobachten kann. Also ungefähr dort, wo wir hergekommen
sind.«

    Grau nickte. »Ich gehe dorthin zurück, okay? Und du
kommst von der anderen Seite.« Er grinste matt. »Ich bin der Lockvogel: Ich
bewege mich wie ein Trampel, der Mann wird mich kriegen, und du kriegst dann
den Mann. Ist das gut so?«

    Milan nickte und lächelte. »Du sollst die Meike kriegen«,
sagte er.

    »So eine verdammte Scheiße!« Grau war plötzlich verlegen.
Er holte die Zigaretten aus der Tasche.

    »Bist du verrückt? Nicht rauchen hier. Willst du uns alle
in die Luft jagen?« Milan lachte.

    »Entschuldigung«, murmelte Grau dümmlich.

    »Kann sein, dass die Dollars und der Stoff hier sind«, sinnierte
Milan. »Nase hat es gekriegt und hier deponiert. Irgendjemand hat zur
Sicherheit die Sprengladung gebastelt. Aber vielleicht auch nicht.«

    »Scheiß drauf«, sagte Grau rau. »Ich bin das Karnickel,
ich gehe jetzt zur Schlange.«

Nases Tod

    Sie trennten sich vor der schmalen Scheunentür. Milan verschwand
schnell nach rechts, Grau reckte sich erst einmal genüsslich, als wäre er
gerade erst aufgestanden. Im Osten war trotz des Regens und des nur noch
entfernt grollenden Donners am Himmel schon ein heller Streifen. Der Tag kam.

    Sie ist der Typ Frau, der eigentlich nicht zu dir passt,
dachte er. Sie ist genau von der Sorte, über die du dich dein Leben lang lustig
gemacht hast. Jetzt latschst du hier durch die Dunkelheit, um dich für sie
verprügeln zu lassen. Das ist irgendwie schrecklich antiquiert, und komisch ist
es auch.

    Er erreichte die Hausecke und blieb stehen. Er musste
sich für den unbekannten Beobachter so benehmen, als pirschte er wie ein
Indianer durch die Landschaft. Wie Winnetou in Bad Segeberg, dachte er mit
matter Verachtung.

    Er stand im tiefschwarzen Schatten und hielt es für unmöglich,
dass irgendjemand seine Umrisse erkennen konnte. Ungefähr dreißig Meter von der
Schmalseite des Hauses entfernt ragte dichtes Gebüsch auf. Es sah aus wie ein Haselnussstrauch.
Wenn jemand irgendwo lauert, dann dort, überlegte er. Von dort kann er die
erleuchteten Fenster beobachten und auch das Auto von Nase. Von diesem Platz
aus hat er auch uns entdeckt, als wir um das Haus geschlichen sind und die
Reifen platt gestochen haben.

    Er spürte keine Furcht, nur den plötzlich stark ausgeprägten
Ehrgeiz, schnell in die Nähe von Meike zu kommen. Wir wissen nicht, wie sie
gefangen gehalten wird, überlegte er. Wahrscheinlich haben die neuen Kidnapper
sie nicht einmal gefesselt oder irgendwie schachmatt gesetzt, weil sie sich so
sicher fühlen. Wahrscheinlich haben sie Meike einfach irgendwo eingeschlossen.
Wenn dieser Unbekannte auf den Knopf drückt, wird sie durch die Wand geblasen,
die wilde, wunderschöne Meike, einfach so.

    Er machte drei Schritte vorwärts und sah zu den Fenstern
hoch. Das Licht brannte noch immer, nichts hatte sich verändert. Dann ging er
weitere drei Schritte nach vorn, sah sich um, betrachtete erneut die Fenster,
drehte sich wieder um und starrte genau auf den Haselnussstrauch.

    Er muss nachvollziehen können, was ich denke, überlegte
er verbissen. Er muss begreifen, dass ich mir als ideales Versteck genau den
Platz in den Kopf gesetzt habe, an dem er gerade steht.

    Plötzlich hatte er den Eindruck, dass sich links von ihm
ein Schatten im Gebüsch

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