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Kurs auf Spaniens Kueste

Kurs auf Spaniens Kueste

Titel: Kurs auf Spaniens Kueste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick O'Brian
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möchten Sie lieber ein saftiges Steak? Wir haben ganz köstliche Steaks, Sir, weil wir in Mahón einen Bullen geschlachtet haben.«
    »Da sind Sie ja, Doktor!« rief der eintretende Jack. »Einen wunderschönen guten Morgen! Sie haben doch hoffentlich prächtig geschlafen?«
    »Sehr gut, danke. Diese hängenden Kojen sind eine immens praktische Erfindung, stelle ich fest.«
    »Was möchten Sie zum Frühstück? Ich konnte den gebratenen Speck aus der Offiziersmesse bis aufs Achterdeck riechen, da ist mir das Wasser im Mund zusammengelaufen. Was halten Sie von Eiern mit Schinken und einem Beefsteak danach? Und natürlich Kaffee?«
    »Sie erraten meine geheimsten Wünsche«, rief Stephen emphatisch, der in puncto Ernährung viel nachzuholen hatte. »Und vielleicht noch ein paar Zwiebeln dazu, als Vorbeugung gegen Skorbut?« Sein Appetit wurde so stark, daß er gebratene Zwiebeln zu riechen meinte und krampfhaft schlucken mußte. »Aber was geht bloß da draußen vor?«
    Das Geheul und Getrampel, das ihn an wilde Tiere erinnerte, hatte erneut begonnen.
    »Die Männer werden zum Frühstück gerufen«, antwortete Jack leichthin. »Beeil dich mit dem Schinken, Killick. Und mit dem Kaffee. Ich bin am Verhungern.«
    »Wie herrlich ich doch geschlafen habe«, wunderte sich Stephen. »So abgrundtief, so erholsam und kräftigend — keines der üblichen Anästhetika, keine Opiumtinktur könnte solch einen Schlaf bewirken. Aber ich muß mich für mein Aussehen schämen. Ich lag so lange in der Koje, daß ich noch gar nicht Toilette machen oder mich rasieren konnte — während Sie so schmuck aussehen wie ein Bräutigam. Entschuldigen Sie mich einen Moment.«
    »Es war ein Marinearzt, ein Chirurg aus Haslar«, fuhr er bei seiner Rückkehr übergangslos fort, »der diese modernen kurzen Schnüre zum Abbinden einer Arterie eingeführt hat. Ich mußte gerade an ihn denken, als ich mit dem Rasiermesser über meine äußere Halsschlagader fuhr. Bei schlechtem Wetter haben Sie an Bord bestimmt eine Unmenge scheußlicher Schnittwunden, nicht wahr?«
    »Wieso? Nein, nicht daß ich wüßte.« Jack überlegte. »Es ist wahrscheinlich eine Frage der Gewöhnung. Kaffee? Wovon wir eine Unmenge kriegen, das sind diese geplatzten Bäuche — wie heißt noch der medizinische Fachausdruck? — und Syphilis.«
    »Hernia oder Leistenbruch. Das überrascht mich.«
    »Richtig, Leistenbrüche. Die sind sehr häufig. Ich fürchte, die Hälfte der Freiwächter hat diese brüchigen Bäuche, deshalb teilen wir ihnen ja auch die leichteren Aufgaben zu.«
    »Na ja, wenn man die spezifische Arbeit der Matrosen bedenkt, sind Leistenbrüche vielleicht gar nicht so überraschend. Und auch nicht die Syphilis, bei der Art ihrer Freizeitgestaltung. Ich weiß noch, daß ich in Mahón ganze Matrosentrupps gesehen habe, die, aufs glücklichste angeheitert, mit syphilitischen Schlampen getanzt und gezecht haben. Es waren Männer von der Audacious , wenn ich mich recht erinnere, und von der Phaeton . Von der Sophie waren allerdings keine dabei.«
    »Nein, die Sophies waren an Land ein ruhiger Haufen. Sie hatten gar keinen Grund — und kein Geld — zum Feiern. Keine Prisen — folglich auch kein Prisengeld. Nur vom Prisengeld kann der Seemann an Land ein Faß aufmachen, denn von seinem Sold sieht er jämmerlich wenig. Was würden Sie als nächstes zu einem Beefsteak sagen und zu einer frischen Kanne Kaffee?«
    »Dazu sage ich herzlich gern ja.«
    »Ich hoffe, Ihnen beim Mittagessen meinen Ersten Offizier vorstellen zu können. Scheint ein guter Seemann und rechter Gentleman zu sein, der Bursche. Wir beide haben einen arbeitsreichen Morgen vor uns: Wir müssen die Crew mustern und die Arbeit verteilen — die Wachen zusammenstellen. Außerdem muß ich einen Steward für Sie finden. Und auch einen für mich sowie einen tüchtigen Bootsführer. Als Koch nehme ich am besten den aus der Messe.«
    »Mr. Dillon, jetzt wollen wir die Besatzung mustern, wenn's beliebt«, sagte Jack.
    »Mr. Watt«, sagte James Dillon, »alle Mann zur Musterung an Deck.«
    Der Bootsmann ließ die Pfeife zwitschern, seine Gehilfen stürzten, »Alle Mann!« brüllend, unter Deck, und alsbald füllte sich der Platz zwischen Großmast und Vorschiff mit Menschen. Selbst der Koch war angetreten, wischte sich die Hände an der Schürze ab und steckte sie dann zusammengeknäult unter sein Hemd. Die Leute wirkten etwas unsicher, als sie sich in zwei Wachen auf der Backbordseite drängten, mit den

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