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Kurs auf Spaniens Kueste

Kurs auf Spaniens Kueste

Titel: Kurs auf Spaniens Kueste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick O'Brian
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seine Schützlinge. Sie waren alle noch da und nicht allzu weit verstreut. Was er zunächst für eine ferne Hecklaterne oder ein ungewöhnlich helles Topplicht gehalten hatte, war der gute alte Saturn, der so tief am Horizont stand, daß es aussah, als hätte er sich im Rigg verfangen. Zu Luv sah Jack einen Schwarm Möwen, der noch verschlafen über einem aufgewühlten Fleck in der See zeterte — da hatten die Vögel wohl Sardinen, Anchovis oder diese grätenreichen kleinen Makrelen entdeckt. Beim Knarren der hölzernen Blöcke, beim Anblick der leise arbeitenden Leinen und Segel, der leichten Schräglage des rollenden Decks und der ordentlich aufgereihten Kanonen weitete sich Jacks Herz vor Freude, bis er fast das Gleichgewicht verloren hätte.
    »Mr. Dillon ...« Er mußte sich beherrschen, sonst hätte er seinem Ersten die Hand geschüttelt. »Mr. Dillon, nach dem Frühstück wollen wir die Besatzung mustern und entscheiden, wie wir sie in Wachen aufteilen und unterbringen.«
    »Jawohl, Sir. Im Moment geht noch alles durcheinander, und die Neulinge wissen nicht, wohin.«
    »Wenigstens haben wir genügend Leute. Wir könnten sogar mit beiden Seiten gleichzeitig feuern, was kein Linienschiff von sich behaupten kann. Obwohl ich befürchte, daß uns von der Burford nur der Bodensatz geschickt wurde. Mir scheint, der Anteil an Knastbrüdern darunter ist ungewöhnlich hoch. Von der Charlotte sind wohl keine Leute dabei, wie?«
    »Doch, Sir, einer — der Bursche mit der Glatze und dem roten Halstuch. Auf der Charlotte war er Toppgast im Fockmast. Er kommt mir immer noch ganz benommen vor.«
    »Traurig, traurig.« Jack schüttelte bedauernd den Kopf.
    »Ja, sehr«, antwortete James Dillon geistesabwesend, denn er sah wieder den verheerenden Feuersturm vor sich, der sich in der Flaute seinen eigenen Wind schuf und das Linienschiff mit achthundert Mann Besatzung von der Wasserlinie bis zum Flaggenknopf in Flammen hüllte. »Noch aus einer Meile Entfernung konnte man das Feuer wüten hören«, erinnerte er sich. »Manchmal riß ein ganzes Flammenbündel ab und flog aus eigener Kraft hoch in die Luft, knatternd und wabernd wie eine riesige Flagge. Der Morgen damals war so schön wie der heute, die Uhrzeit nur ein bißchen später.«
    »Sie waren dabei, wenn ich mich recht erinnere. Wissen Sie denn etwas über die Brandursache? Es ging das Gerücht, ein Italiener in Napoleons Diensten hätte heimlich eine Höllenmaschine an Bord geschmuggelt.«
    »Nein, Sir. Irgendein Narr war schuld, der Heu im Zwischendeck stauen ließ, dicht neben dem Zuber mit den Lunten. Das Heu entzündete sich, eine Stichflamme stieg auf und hüllte sofort das Großsegel ein. Alles ging so schnell, daß sie nicht mal an die Geitaue kamen.«
    »Konnten Sie überhaupt jemanden retten?«
    »Nur wenige. Wir haben zwei Seesoldaten aus dem Wasser gezogen und einen Artilleristen vom Achterdeck, aber der war schon bis zur Unkenntlichkeit verbrannt. Insgesamt wurden nur etwas mehr als hundert Mann gerettet. Wir hätten noch viele bergen können, aber die Rettungsboote hielten sich zurück. Eine elende Schande.«
    »Die Crews dachten bestimmt an die Boyne .«
    »Ja. Auf der Charlotte gingen die Kanonen von selbst los, als die Hitze sie erreichte, außerdem rechneten alle damit, daß das Pulvermagazin jeden Moment in die Luft fliegen würde. Aber trotzdem ... Alle Offiziere, mit denen ich später sprach, berichteten übereinstimmend, daß die Leute durch nichts zu bewegen waren, näher heranzupullen. Bei meiner Besatzung war es genauso. Ich kommandierte einen von der Marine gecharterten Kriegskutter, die Dart ...«
    »Ja, ja, ich weiß.« Jack lächelte bedeutsam.
    »Wir standen drei oder vier Meilen in Lee und mußten die Riemen ausbringen, um den Kutter näher heranzupullen. Nichts konnte die Leute dazu bringen, sich härter ins Zeug zu legen, nicht mal der Bootsmann mit dem Tampen. Bis dahin hatte kein Mann, kein Junge jemals gekniffen, auch nicht, wenn wir im Feuer lagen. Sie waren ein so draufgängerischer Haufen, wie man sich's nur wünschen konnte — beim Entern, beim Angriff auf eine Küstenbatterie, egal, bei was. Und die Kanonen der Charlotte waren natürlich nicht auf uns gerichtet — sie schossen nur wild in die Luft. Aber da war nichts zu machen, die Kutterbesatzung benahm sich ganz seltsam, völlig anders als im Gefecht oder bei Sturm nachts vor einer Leeküste. Und wenn eine Crew zur Verweigerung entschlossen ist, gibt es nicht viel, was man

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