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Kurs Minosmond

Kurs Minosmond

Titel: Kurs Minosmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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erstaunt an. Er hatte sich vor sich selbst nicht getraut, diesen Gedanken auszusprechen, und er bewunderte Pauline, nicht nur für die Klarheit, mit der sie diesen Gedanken formuliert, sondern auch für die Respektlosigkeit, mit der sie ihn ausgesprochen hatte.
    Da rief der Historiker: „Kommen Sie, kommen Sie!“
    Sie liefen zum Falthaus, das übervoll war von Mitarbeitern, aber auch sie beide fanden noch Platz. Mit dem, was die Bildschirme zeigten, konnten sie allerdings nichts anfangen. Es mußte aber etwas Großes, Großartiges sein, nach der allgemeinen Stimmung zu urteilen.
    „Ich freue mich, daß wir Gäste haben, die unser Fach nicht kennen“, sagte der Historiometriker. „Ohne sie wäre es albern, wenn ich sagen würde, was alle von uns sehen. Es drängt mich aber, das zu sagen, es in Worte zu fassen, und für unsere Gäste kann ich’s tun. Also: Sowohl die physische als auch die psychische Wirksamkeit, die wir bei unseren Personen messen konnten, liegen extrem hoch, weit höher als Vergleichswerte aus der Phase der Urbarmachung Nordamerikas und viel, viel höher als alle heutigen Vergleichswerte.“

    Er hatte triumphierend begonnen, und dann war seine Stimme immer nachdenklicher geworden. Nach einer kleinen Pause setzte er leiser fort: „Sie hatten ein Ziel, das man heute nicht mehr hat. Sie haben sich ihre Welt geschaffen. Eine lächerlich kleine Welt im Vergleich zu dem, was wir heute darunter verstehen, aber sie haben sie sich selbst geschaffen.“

    Die Arbeit am Modell war weiter fortgeschritten. Es existierten jetzt drei Modelle der Formel, nicht drei komplette, gegenständlich voneinander verschiedene, sondern eher drei in einem. Die sozusagen schnellen Bestandteile – Photonik und einfache Rechenelektronik – existierten nur einmal und arbeiteten in Intervallen; die langsamen Bestandteile, elektrische meist, waren getripelt: Einmal lagen die ursprünglich geschaffenen Teile vor, einmal die von Sibylle Mohr variierten und einmal solche, die sich inzwischen aus vielfachem und unterschiedlichem Gebrauch ergeben hatten. Man erhielt also bei jeder Verwendung drei Ergebnisse, manchmal stimmten sie überein, manchmal differierten sie, und das eine wie das andere war interessant.
    Gewiß hatten all diese Ergebnisse, am Modell gewonnen, nicht den Beweischarakter tatsächlicher Experimente, aber wichtige Wegemarken setzten sie durchaus. Und es war auch nichts Wunderbares daran, daß sie nun häufiger auf bemerkenswerte Ergebnisse stießen, denn die Formel hatte ja alle bisherigen Erkenntnisse in sich aufgenommen, und bei jedem Eindringen in einen neuen Bereich der Wirklichkeit geht es am Anfang langsam und dann zunehmend schneller.
    Bei einem der letzten Experimente war es ihnen gelungen, am Ende des ersten Stadiums eine ringförmige Struktur von sechs Bläschen zu bilden, danach hatten sie abgebrochen. Heute würde diese Bildung wiederholt werden, und wenn festgestellt war, daß keine Veränderungen der Struktur mehr stattfanden, sollte der Ring auf ein Wasserstofftarget gelenkt werden – wohlgemerkt: immer im Modell. Aber trotz des Modellcharakters der Versuche hatten sich alle darauf geeinigt, sich auch hier, wo nichts passieren konnte, an die Weisungen des Schlichterspruchs zu halten. Es war dies eine Konsequenz der ernsthaften Einstellung zu diesen Versuchen – wenn schon, dann richtig – und zugleich der Überlegung geschuldet, daß für das dritte Stadium nur wenige Daten vorlagen, also auch nur wenige in der Formel verarbeitet waren, also die Formel nicht sehr aussagekräftig sein würde.
    Auf einen Außenseiter hatten sie inzwischen verzichtet, allerdings nur für die Zeit hier in Sternenstadt, wo die EGI von einem Dutzend Psychologen überwacht wurde; die Schlichtung und ein wenig auch die Fragen von Pauline hatten die Aufmerksamkeit erneut auf diese schöpferische Methode gelenkt.
    Von dem heutigen Versuch nun, bei dem Esther, Akito, Semjon, Ruben und ein fünfter von ihrer Gruppe die EGI-Mannschaft bildeten, versprach sich niemand sensationelle Ergebnisse. Die Entdeckung des Sechserrings der Bläschen, bei der jeder sofort an Kekulés Benzolring, die Bienenwaben und andere natürliche Sechserbildungen gedacht hatte, war eine echte Überraschung gewesen, zumal diese Sechserbildung auch wieder das Gefühl erweckte, daß alle Absonderlichkeiten der Bläschen doch irgendwie zu unserer Welt, zu unserer Natur gehörten; heute dachte man nur daran, diese am Modell gemachte Entdeckung zu

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