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Kurs Minosmond

Kurs Minosmond

Titel: Kurs Minosmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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höchstens ein Fünftel seines Gewichts gab, konnte so belastend nicht sein.
    „Ruben, ich halte nicht durch!“ Sie stöhnte. „Ist das schlimm?“
    Ruben erhob sich aus seinem Sitz, so schnell und vorsichtig er konnte, und schwang sich zu ihr. „Überhaupt nicht schlimm, du versäumst nur den langweiligen Flug, schlaf weiter!“ Er schloß ihr Visier und fixierte wieder Arme und Kopf, ein Vorgang, der sie bestimmt beruhigte, da er für angetriebenen Flug normal war.
    Dann wartete er. Was würden die in Gagarin sagen?
    Zehn Minuten später meldete sich die Ärztin. Die Erschöpfung sei doch noch tiefer, als sie befürchtet habe, erklärte sie, allerdings habe sie dem abgebrochenen Test doch einiges entnehmen können. Es sei jetzt das beste, wenn er allen noch mal Schlafgas gebe, für ein bis zwei Stunden etwa.
    Ruben öffnete die Visiere der anderen und schloß seins, ließ das Gas in den Raum, wartete die entsprechende Zeit, blies es aus, schloß die Visiere der anderen, öffnete seins – und nun erst konnte er sich wieder dem Bläschen zuwenden.
    Er brauchte über zehn Minuten, bis er den Strahlungsblitz identifiziert hatte. Das Ergebnis verblüffte ihn: Synchrotronstrahlung, die entsteht, wenn Elektronen bis an die Grenze der Lichtgeschwindigkeit beschleunigt werden. Was für Elektronen? Wo kamen die her?
    Aus der Intensität der Strahlung und dem Magnetfeld ließ sich, wenn man annahm, daß nur das Feld der Anlage gewirkt hatte, die Menge der Elektronen errechnen. Sie entsprach der elektrischen Ladung des Bläschens. Hatte sich das Bläschen in Elektronen aufgelöst? Aber was war dann mit seiner Masse geschehen? Bei schweren elektrisch geladenen Teilchen würde das Magnetfeld nicht ausreichen, nur Elektronen konnte es so hoch beschleunigen. Oder hatten sich die Felder verändert? Etwa wieder sprunghaft erhöht?
    Ruben kontrollierte die Anzeigen der Feldgeneratoren um den Zeitpunkt, an dem das Bläschen verschwand. Ja, da war eine Reaktion, aber ein Sinken der Feldstärke, und zwar nach dem Blitz, gerade vor dem Erlöschen der Übertragung.
    Ein Gedanke wollte ihm kommen, aber er wurde erneut durch ein Computersignal unterbrochen. Was war diesmal los? Aha, das Taumeln der Anlage hatte sich verändert – es war durch einige abseitige Steuerimpulse eine zweite Taumelebene hinzugekommen, aber deren Korrekturrhythmus war anders, so daß die Bewegung für ein menschliches Auge und Hirn nicht mehr abschätzbar war. Ruben programmierte den Computer auf die Vorhersage und Warnung, falls die Laser die Flugbahn kreuzen sollten, später, wenn der Treibstoff der Anlage verbraucht war und die Steuerdüsen das Taumeln nicht mehr korrigieren würden – ein Zeitpunkt, der schon nahe war und um so näher rückte, als ja jetzt ein zweites Düsenpaar arbeitete. Zum Ausgleich für dieses Pech waren sie aber jetzt schon so nahe, daß das Radar die Bewegung der Anlage sehr präzise verfolgen konnte.
    Und noch eine Folge hatte diese Veränderung. Ruben wollte sich gerade wieder dem Bläschen zuwenden, als sich der Steuertechniker von Gagarin meldete. Sehr aufgeregt verkündete er: „Diese zweite Störung ist ein wahrer Segen! Wenn ich voraussetze, daß sie aus dem gleichen Defekt hervorgeht wie die erste und die zweite durch das längere Wirken der ersten hervorgerufen wurde, kann ich die Baugruppe ermitteln. Vielleicht sogar den Kristall. Wie finden Sie das?“
    Ruben fand das gewiß erfreulich, aber es interessierte ihn im Augenblick nicht – sehr zu Unrecht, wie sich zeigen sollte.
    Der Zollstock war jetzt am Wendepunkt angekommen, er drehte sich um hundertachtzig Grad und begann zu bremsen, und nach diesem Manöver setzte Ruben sich wieder an die Aufzeichnung vom Verschwinden des Bläschens.
    Ruben versuchte, dem Gedanken auf die Spur zu kommen, bei dessen Entstehung er unterbrochen worden war, doch das wollte und wollte ihm nicht gelingen. Schließlich gab er es auf – brauchbare Gedanken kommen sowieso wieder, sagte er sich.
    Also prüfte er noch mal alle Messungen zum fraglichen Zeitpunkt, sowohl die des Protokolls als auch die internen, und fand ein paar abweichende, aber wenig aussagekräftige Angaben. Immerhin sahen einige so aus – zum Beispiel die Spinresonanz –, als hätten ganz kurzfristig zwei Teilchen bestanden.
    Sollte also das Bläschen sich geteilt haben? Und jetzt war der Gedanke von vorhin da: Sollte das Bläschen seine elektrische Ladung abgestoßen haben, in Form einer Elektronenwolke, und sich damit

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