Kurs Minosmond
Wellen oder so was am Werk sind. Ich habe einfach mit hochempfindlichen Mikrofonen mich selbst aufgenommen, und nun werden wir mal sehen, wie das wirkt. Wir müssen dazu in die Küche gehen, damit wir nicht stören.“
Sie lief voran, und die andern folgten ihr in die Küche, die aber jetzt mehr wie ein Tonstudio aussah: Aufnahme- und Wiedergabegeräte verschiedener Typen standen herum, Leitungsdrähte lagen auf dem Boden oder hingen an den Wänden.
„Ich schalte jetzt gleich ein Band ein, das hat drei Phasen: In der ersten gehe ich in der Diele auf und ab, in der zweiten stehe ich vor dem Raumteiler und in der dritten dito, aber bei geöffnetem Fenster. Letzteres, weil das in der Untersuchung ein bisher sinnloser Anhaltspunkt war. Hier haben wir die Anzeigegeräte – es reicht vielleicht erst mal, zu wissen, daß sie an die beiden Resonatorsätze angeschlossen sind, die in der Diele stehen, diese Werkzeugtaschen, an denen wir eine Weile herumgerätselt haben. Ich schalte ein. Sehen Sie, die Anzeige reagiert nicht sofort, sondern mit einer Verzögerung von etwa einer halben Sekunde. Obwohl ich mich bewege, gehe, Schritte mache, bleibt die Resonanz des Raumteilers gleich, sie schwankt nicht mit der Intensität der Geräusche, die ich verursache. Das ist ein wichtiger Hinweis darauf, daß es sich bei dem Raumteiler um ein äußerst kompliziertes Resonanzsystem handelt, das die aufgenommenen Schwingungen vielfach transformiert.
Achtung, jetzt beginnt die zweite Phase. Etwas verschobene Frequenzen und höhere Intensität. Das beweist, daß zum Beispiel die infrarote Wärmeabstrahlung des Körpers keine Rolle spielt, denn ich bin ja in diesem Augenblick nicht dort. Übrigens gleichen die jetzt vom RT ausgehenden Schwingungen genau denen, die entstehen, wenn ich persönlich davorstehe. Ach so, RT, ja, entschuldigen Sie die Abkürzung, aber Raumteiler ist zu lang und stimmt ja auch nicht, und ein neues Wort haben wir noch nicht. So, und jetzt wird das Fenster geöffnet – Sie sehen, die Intensität erhöht sich, die Frequenzen bleiben gleich. Warum, weiß ich noch nicht, aber so bedeutend ist die Erhöhung nicht, daß ein neuer Effekt entstünde.
Merkwürdig ist etwas anderes – nämlich die psychologische Wirkung dieser abgestrahlten Töne.“ Sibylle Mohr schaltete das Tonbandgerät ab, wechselte die Kassette und sagte: „Wir wußten bisher, daß der RT zum Beispiel auf mich und auf Herrn Kramer reagiert, auf Fräulein Fouquet und die Ratgeberin dagegen nicht. Wie sieht es nun andersherum aus?
Ich weiß inzwischen, daß außer Herrn Kramer und mir auch die Ratgeberin auf die abgestrahlten Töne reagiert, und ich werde jetzt die aufgenommenen Frequenzen abspielen, etwas verstärkt, weil der Raum hier anders ist, und ich möchte besonders Frau Professor Mannschatz und Fräulein Fouquet bitten, darauf zu achten, ob sie in sich irgendwelche psychischen Reaktionen spüren.“
Sie drückte auf den Knopf, ein feines Sirren war zu hören, freilich nur einen Augenblick. Das Geräusch blieb, das bewiesen die Anzeigegeräte, aber es wurde, wie hinterher alle übereinstimmend feststellten, nicht mehr wahrgenommen. Nach einer Minute schaltete Sibylle ab.
„Nun?“ fragte sie.
„Ich würde sagen“, begann Klara Mannschatz, „ein Gefühl kräftigen Wohlbefindens. Lust zu arbeiten, zu essen. Und so weiter. Es setzte ein, als das Singen verschwand. Aber“ – sie schüttelte verwundert den Kopf – „es hält ja noch an! Sie haben doch abgeschaltet?“
„Und Sie, Fräulein Fouquet?“
Pauline nickte.
Sibylle wandte sich wieder Klara Mannschatz zu. „Sie haben recht – die Wirkung hält an. Inzwischen hab ich festgestellt, daß bis zu einer halben Stunde die Nachwirkung gleich der Direktwirkung ist, danach sinkt sie.“
„Der RT wirkt also auf alle“, sagte Wenzel, „oder doch auf einen sehr viel größeren Kreis von Menschen als auf die, die ihn anregen, hab ich das richtig verstanden? Und er wirkt offenbar positiv, belebend, ermutigend?“
„Erst mal, mit aller Vorsicht, könnte man das so sagen“, erwiderte Sibylle zögernd. „Es könnte sich allerdings noch herausstellen, daß er einzelne gar nicht oder negativ beeinflußt. Oder daß er in extrem anderen Gemütslagen anders wirkt. Da müssen dann Psychologen ran.“
„Und das offene Fenster verstärkt den Effekt?“
„Anscheinend ja.“
„Dann gibt es wenigstens eine deutliche Parallele zu den anderen Fällen. So bitter es klingt – sie scheinen
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