Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kurs Minosmond

Kurs Minosmond

Titel: Kurs Minosmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
Vom Netzwerk:
einheitlicher geworden, ihre Lebensläufe nähern sich einander immer mehr. Das ist doch, meine ich, eine prinzipielle Änderung. Zum Beispiel der Zeitpunkt der Schrumpfung variiert bedeutend weniger, als wir erwartet hatten. Aber auch die anderen Daten liegen in viel engeren Toleranzen als früher.
    Ich ziehe den Schluß, daß wir das Bläschen besser in den Griff bekommen haben. Ich ziehe den zweiten Schluß, daß die Lage für große Serien günstig geworden ist und wir die EGI nur noch zur Suche bestimmter Problemlösungen einsetzen sollten, wie bei der letzten. Und ich ziehe drittens den Schluß, daß wir Ideen brauchen für die Verfeinerung der Meßmethoden, wieder einmal, vor allem in kleineren Größenordnungen des Raumes und der Zeit, dazu spezielle Geräte für bestimmte Effekte – zum Beispiel für die Synchrotronstrahlung und für Dinge, die wir noch gar nicht entdeckt haben, die aber sicherlich auf uns zukommen –, damit wir die Bläschen am Ende noch fester zu packen kriegen.
    Letzteres wäre eine Aufgabe, der wir uns in Gagarin und Sternenstadt gemeinsam mit den Gerätebauern zuwenden müßten. Was die Versuchsserien angeht, sehe ich zunächst einmal drei Untersuchungszwecke.
    Erstens sollten wir herausfinden, welche Abhängigkeit zwischen der Vereinigung der Bläschen, dem Zeitpunkt und der gegenseitigen Entfernung besteht. Die Größe würde ich zunächst nicht mit einbeziehen, weil sie eine Funktion der Zeit ist.
    Zweitens sollten wir ergründen, ob es für die Dauer bis zur Abgabe des Elektronenschauers ein Maximum gibt. Bisher haben wir zwei Werte, einmal fünf und einmal fünfzehn Minuten. Beides sind äußerst sonderbare Zeiten, höchstens vergleichbar mit den Halbwertszeiten bestimmter Radionuklide, aber im Bereich der normalen Teilchen gibt es nur eine einzige Entsprechung: das Neutron. Ich rechne mit etwa tausend Versuchen, ehe ein Maximum erkennbar wird.
    Drittens sollten wir aus den Daten der Synchrotronstrahlung festzustellen versuchen, ob die Bläschen beim Verschwinden eine bevorzugte Richtung haben. Das müßte möglich sein, wenn wir die Richtung der emittierten Elektronen ermitteln.
    Einwände, Akito?“
    „Im einzelnen nichts dagegen, aber im ganzen alles. Das Programm ist an sich richtig, doch wir dürfen es meiner Meinung nach nicht durchführen. Wir wissen nicht, wohin die Bläschen verschwinden. Wir wissen nicht, was sie anrichten können, wenn sie auf feste Körper treffen; aber nach dem ersten Fall, dem Defekt in der Steuerung, müssen wir mindestens vermuten, daß sie sich teilen, vielleicht auch mehrfach, und dabei Zerstörungen anrichten. Auch eine Kettenreaktion kann nicht ausgeschlossen werden. Bei diesem Stand der Kenntnisse wäre es unverantwortlich, tausend Bläschen in die Weltgeschichte zu jagen. Schon das eine war zuviel. Wir sind an einer experimentellen Grenze angekommen, die wir ohne größeren theoretischen Vorlauf nicht überschreiten dürfen.“
    Ruben wunderte sich ein wenig, daß die schon seit einiger Zeit spürbaren Meinungsverschiedenheiten zwischen Esther und Akito, bisher mehr theoretischer Natur, jetzt einen so praktischen Gegensatz hervorbrachten; aber er wunderte sich nicht sehr, denn einmal mußte die Sache ja zum Ausbruch kommen und dann auch ausgetragen werden. Er war sich freilich noch nicht sicher, wem er recht geben sollte; er wußte nicht einmal, ob die beiden Standpunkte unvereinbar waren. Doch jetzt mußte erst Esther etwas entgegnen.
    „Vorsicht ist für uns alle eine Tugend“, sagte sie, „aber in Vorsicht steckt auch Sicht. Was sehen wir, wenn wir das Verschwinden der Bläschen betrachten? Klingt ulkig, nicht – das Verschwinden betrachten. Aber wir können tatsächlich etwas sehen. Die kinetische Energie der Bläschen ist begrenzt, also auch ihre Geschwindigkeit. Wir wissen nicht genau, wie groß sie ist, auf jeden Fall liegt sie, hier, ich rechne euch das vor…“, sie hantierte an ihrem Pult, über den Bildschirm huschten die entsprechenden Zahlen, „auf jeden Fall liegt sie weit unter der Entweichgeschwindigkeit, die für diese heliozentrische Bahn gefordert ist. Das heißt, die Bläschen bleiben weiter innerhalb der Venusbahn und fallen schließlich in die Sonne. Innerhalb der Venusbahn ist aber außer uns niemand. Und wir sollten, denke ich, das kleine Risiko tragen können. Es ist eigentlich gleich Null. Millionenmal geringer als der Zusammenstoß mit einem Mikrometeoriten.“
    „Dieser Rechnung traue ich nicht, das heißt

Weitere Kostenlose Bücher