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Kurs Minosmond

Kurs Minosmond

Titel: Kurs Minosmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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werden durch den Begriff der Verfügung geregelt. Die Plastik befand sich unter öffentlicher Verfügung, in diesem Fall des Stadtbezirks. Da es sich um ein Kunstwerk handelt, haben Sie als Schöpfer Anspruch auf Mitverfügung. Diese bezieht sich auf Platzwechsel, Restaurierung und Abbau, keinesfalls jedoch läßt sie eine Zerstörung von Ihrer Seite zu. Erkennen Sie das an, oder erheben Sie dagegen Einspruch?“
    „Es klingt alles einfach und überzeugend, und trotzdem – ganz und gar zustimmen kann ich dem nicht.“
    „Gut, dann später dazu. Bitte nehmen Sie Platz, ich rufe Frau Pauline Fouquet, Ordner, Schneider, Kostümbildner, dreiundzwanzig, ist das richtig?“
    Pauline war aufgestanden und vorgetreten. „Ja, das ist richtig, mit der Einschränkung, daß ich zur fraglichen Zeit Ordner in Altenwessow war und jetzt einen anderen Dienst versehe.“
    „Sie haben eingegriffen und die vollständige Zerstörung der Plastik verhindert, indem Sie körperliche Gewalt gegen den Ihnen unbekannten Zerstörer anwandten, ist das richtig?“
    „Unter Auslassung wesentlicher Teilvorgänge, ja.“
    „Darauf kommen wir gleich. Was waren die Gründe für Ihr Eingreifen?“
    „Ich mußte nach Lage der Dinge annehmen, daß mutwillig eine unter öffentlicher Verfügung stehende Sache zerstört wurde. Dabei war die Gefährdung von Menschen als möglich anzusehen.“
    „Wie das?“
    „Der Zerstörer war von einer Menge Menschen umgeben, etwa zehn bis fünfzehn, die versuchten, ihn von seinem Handeln abzubringen. Er hätte sich gegen diese Behinderung zur Wehr setzen oder aber jemanden durch herumfliegende Bruchstücke verletzen können.“
    „Schildern Sie jetzt bitte Ihr Eingreifen.“
    „Ich stellte mich als Ordner vor und forderte Herrn Kowalla auf, seine Handlung abzubrechen. Er sah mich an und hielt den Hammer weiter erhoben. Durch die Drehung des Oberkörpers zielte der Hammer nun auf mich. Rückwirkend, vor allem aus dem Folgeverhalten, muß ich sagen, ich habe nicht den Eindruck, daß Herr Kowalla mich mit dem Hammer angegriffen hätte, aber das war in diesem Augenblick nicht entscheidbar. Ich setzte Herrn Kowalla mit den gelindesten der mir bekannten kampfsportlichen Methoden außer Gefecht.“
    Der Schlichter blätterte in seiner Akte. „Die ärztliche Untersuchung ergab keinerlei Verletzungen, die Behandlung beschränkte sich auf die Verabfolgung einiger Psychopharmaka gegen den Schock. Herr Kowalla?“
    „Ja bitte.“
    „Würden Sie der Darstellung von Frau Fouquet zustimmen?“
    „Ja, soweit mir die Vorgänge bewußt sind. Ich möchte sie um Entschuldigung bitten und versichern, daß ich nicht die Absicht gehabt habe zuzuschlagen, ich glaube, ich könnte das auch in allergrößter Erregung nicht.“
    „Danke. Sie können sich beide setzen. Der Ordner, Frau Fouquet, und Herr Kowalla werden hinsichtlich der körperlichen Auseinandersetzung entlastet, eine Schlichtung ist unnötig. Erhebt jemand Einspruch gegen diese Festlegung?“
    Zum erstenmal hob der Schlichter den Kopf so weit, daß er den ganzen Saal überblickte. Sein Gesicht drückte höchste Aufmerksamkeit aus. Wenzel hatte den Eindruck, daß unter den Blicken dieses Mannes jede Aufregung abebben und jede Unsicherheit sich verlieren mußte, obwohl der Schlichter eigentlich nur trocken-sachliche Dinge sagte.
    „Wir haben jetzt eine von allen anerkannte Schilderung des Vorgangs“, sagte der Schlichter. „Wir werden sie, wenn es nötig sein sollte, noch vertiefen. Als nächstes aber müssen wir die Verfügungsverhältnisse klären. Ich bitte den Ratgeber des Häuserblocks, der vom Ratgeber des Stadtbezirks bevollmächtigt ist, ihn zu vertreten. Äußern Sie sich bitte dazu.“
    Eine jüngere Frau erhob sich und sagte: „Die Plastik ist seit rund zehn Jahren unter Verfügung des Stadtbezirks. Auf Antrag unseres Wohnblocks übernahm damals der Stadtbezirk die Verfügung über die Plastik von Herrn Kowalla, was in einem Übergabeprotokoll festgehalten und archiviert wurde. Der Anspruch auf Mitverfügung des Schöpfers im üblichen Rahmen, den Sie vorhin nannten, ist unwidersprochen und wurde auch vor drei Jahren bei der Restaurierung der Plastik angewandt.“
    „Hat Herr Kowalla Ihnen gegenüber vor der hier verhandelten Aktivität Ansichten oder Wünsche geäußert, die eine Veränderung dieses Zustands betrafen?“
    „Ja, er hat mir einmal gesagt, er wolle eine neue, bessere Plastik machen. Ich habe ihm daraufhin gesagt, daß wir diese Plastik

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