Kurswechsel im Beruf

Bällen. Schnuppern wir ein bisschen herein. Lassen wir es zunächst einmal beim Unverbindlichen und bei Provisorien. Provisorien können einen unvergleichlichen Charme haben.
    Wenn wir noch ganz im Dunkeln tappen – auch schön. Genießen wir vorerst die Dunkelheit. Lange Sommertage sind schön, doch auch dunkle Wintertage haben etwas. Im flackernden Kerzenlicht kommen vielleicht geheime Wünsche und Sehnsüchte hoch, die dem prallen Sonnenlicht noch nicht standhalten könnten.
    Auszeit nehmen
    Viele Menschen spüren in dieser Phase die Sehnsucht nach einer Auszeit. Nicht immer ist ein Sabbatical möglich. Aber vielleicht gibt es die Möglichkeit, Ruheinseln in unser Leben zu integrieren. Das kann ein verlängertes Wochenende ganz für uns alleine sein. Das kann täglich eine halbe Stunde Rückzug sein. Manche Menschen brauchen dazu Ruhe, andere eher Aktivität, wie zum Beispiel Spaziergänge oder Arbeit mit den Händen. Auch hier gilt: Nicht die Quantität der Auszeit ist entscheidend.
    Ein Grund, weshalb Menschen dem Wunsch nach einer Auszeit nicht nachgeben, ist die Sorge, dass sie wunderlich werden oder wirken könnten. Wenn wir bisher gesellige Menschen waren und jedes Wochenende mit Familie und Freunden verbracht haben, fällt es schwer zu sagen, dass wir Zeit für uns selbst haben möchten, und das nicht nur an einem Wochenende, sondern womöglich mehrere Monate lang immer wieder. Vielleicht befürchten wir besorgte Fragen oder kritische Bemerkungen. Vielleicht befürchten wir auch, dass wir eigenbrötlerisch werden.
    Diese Sorgen sind verständlich, doch unbegründet. Irgendwann ist die Einsiedlerphase abgeschlossen. Wir sind wahrscheinlich nicht mehr der oder die Alte. Doch wir werden uns nicht zu Eremiten auf Lebenszeit entwickeln. Bei vielen Klienten erlebe ich eher ein stärkeres Sowohl-als-auch. Zeiten, die man für sich alleine hat, werden wichtiger. Gleichzeitig aber werden Beziehungen wichtiger. In den mittleren Jahren lösen wir uns von dem strikten Entweder-oder-Schema der Vergangenheit und erwerben die Fähigkeit des Sowohl-als-auch. Bis dahin kann es vorübergehende Pendelausschläge zum einen oder anderen Extrem geben.
    Entscheidungen reifen lassen
    Der Sinn dieser Zeit ist, zu uns selbst zu finden und in stärkeren Kontakt mit unserem eigenen Stern zu kommen. Das geschieht zum einen dadurch, dass wir uns Auszeiten und Ruheinseln gönnen, zum anderen durch gezielte Aktivitäten.
    Wenn ich von gezielt spreche, meine ich damit nicht den oben erwähnten Aktionismus. Dieser ist meist von der Idee getrieben, wir müssten möglichst schnell die endgültige Lösung finden. Das ist die Art von Zielorientierung , die meint, der gerade Weg sei immer der kürzeste. Manchmal kommen wir jedoch besser zum Ziel, wenn wir scheinbar trödeln und mal nach rechts, mal nach links den Blick schweifen lassen. Beim ersten Vorgehen haben wir zwar schnell ein Ziel erreicht. Doch vielleicht ist es gar nicht unser Ziel. Im zweiten Fall hingegen kann unsere Entscheidung reifen, so dass wir innerlich sicher werden.
    Ein Beispiel dafür ist der Umgang mit Stellenanzeigen . Wir können uns aktionistisch auf jede nur im Entferntesten unserem Profil entsprechende Anzeige bewerben, um nur möglichst schnell einen neuen Job zu finden. Oder wir können uns von diesem Druck erst einmal ganz frei machen und uns lustvoll mit Stellenanzeigen beschäftigen, indem wir die Zeitung wie ein Schaufenster betrachten und das Durchblättern wie einen Schaufensterbummel. Beim Schaufensterbummel steht nicht der sofortige Erwerb eines Kleidungsstücks im Vordergrund, sondern die Orientierung. Was gibt es in dieser Saison? Was würde gut zum Rest meiner Garderobe passen? Welchen neuen Look würde ich gern einmal ausprobieren?
    Genauso können wir bei der Durchsicht von Stellenanzeigen erst einmal prüfen, was in uns Resonanz hervorruft. Speziell dann, wenn wir nur sehr vage Vorstellungen von unserer Zukunft haben, kann uns das helfen, klarer zu werden. Eine andere Möglichkeit ist, mit anderen Menschen zu sprechen, uns erzählen zu lassen, was sie machen, und wiederum auf Resonanz zu achten.
    Strategische Provisorien
    Oft scheinen wir nicht die Zeit zu haben, um zu trödeln. Doch wir können sie uns schaffen: mit dem strategischen Einsatz von Provisorien.
    Solche Provisorien können zum Beispiel Zeitarbeit sein oder der nebenberufliche Start in die Selbstständigkeit . Wie so oft, kommt es hier auf die Einstellung an. Wir können zur