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Kurt Ostbahn - Blutrausch

Kurt Ostbahn - Blutrausch

Titel: Kurt Ostbahn - Blutrausch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guenter Broedl
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Brunner. „Der hat doch nix. Der is doch stier. Oder?“
    Beinah sage ich: vom Geld, das seine Mutter für ihr Begräbnis angespart hat und jetzt für den Wickerl sein Begräbnis gut hätte brauchen können.
    Aber dann zucke ich nur noch einmal die Achseln. Ich will den polizeilichen Ermittlungen nicht vorgreifen.

9
    Sie ist die größte Sensation, die je das Rallye betreten hat. Jeder der noch Anwesenden findet das. Also der Herr Josef, der plötzlich eine Agilität und Charmanz an den Tag legt, die angesichts seines extrem harten und langen Arbeitstages ans Übermenschliche grenzt; dann der Rudi, dem beim Gläserwaschen immer wieder die Augen zufallen, der jedoch sofort wieder putzmunter ist und wie ein frischlackiertes Hutschpferd grinst, wenn die Sensation ihre sensationellen Beine übereinanderschlägt oder ihr sensationell hinreißendes Lachen hören läßt; und schließlich der Herr Doldinger aus dem Nebenhaus, ein alter Stammgast und pensionierter E-Werker, der jetzt zwar an seinem Tisch eingeschlafen ist, aber noch vor einer halben Stunde das letzte Mal ein Kompliment quer durchs Lokal gesagt hat, das mit den Worten begann: „Also wann i heut noch einmal zwanzig wär, Gnädigste Der Rest blieb jedes Mal unverständlich, weil der Herr Doldinger seine Zähne daheim vergessen und den einen oder anderen weißen Spritzer zu viel getrunken hat.
    Es ist kurz nach zwei, die Sensation heißt Marlene und sitzt mir gegenüber, an meinem Stammtisch neben der Jukebox. Der Herr Josef bringt mir seit geraumer Zeit nur noch jedes zweite georderte Achtel, nachdem ich seinen väterlichen Rat, mich ein bißl einzubremsen („Sonst sind S’ vor der Zeit fett, Herr Kurt“), lange ignoriert und den Grünen Veltliner im Sturztrunk hineingeschüttet habe. Aber mit einer Frau wie Marlene als Gegenüber läßt sich das kaum vermeiden. Da schreien die staubtrockene Kehle und die inneren Hitzen geradezu nach der lindernden Kühle des Rebensaftes.
    Als Marlene vor zirka zwei Stunden ihren großen Auftritt hatte, war nicht mehr viel Publikum im Rallye . Nur noch der harte Kern, sozusagen. Der große Rest war abgezogen. Betrunken oder enttäuscht, nicht einmal den Anflug eines Blutbades miterlebt zu haben. Der zähe Brunner hatte seinen angeschlagenen Don-Johnson-Imitator längst abtransporiert, nicht ohne mir vorher noch zu verraten, daß die Firma Media Sales ein ganz eigenes Kapitel sei, für das sich unter anderem auch die Wirtschaftspolizei interessiere. Und der Trainer war mit seinen Warenproben per Taxi zum Doktor Trash gefahren, nicht ohne mich vorher vor den Gefahren übermäßigen Alkoholkonsums zu warnen und mir das Versprechen abzuringen, heute Nacht einigermaßen aufnahmefähig zu bleiben, weil er mich hier oder daheim telefonisch über den neuesten Stand seiner privaten Ermittlungen am Laufenden halten will.
    Als Marlene hereinschwebte, ging ein Raunen durch die gelichteten Reihen altgedienter Trinker. Mein Gespräch mit dem Herrn Josef kam ins Stocken, weil Media Sales , der Wickerl und seine Lederjacke mit jedem Schritt, den Marlene auf die Bar zumachte, belangloser wurden. Und als hätte jemand dem Rallye den Stecker rausgezogen, hörte ich nur noch sie. Ihr Atmen, jede ihrer Bewegungen, ihre Stimme.
    „Haben Sie Telefon?“ wandte sie sich an den Herrn Josef. Sie stand dicht neben mir, und da war dieser Duft von Zimt, Mandeln und tausend orientalischen Geheimnissen. Ich dachte: wunderbar. Und sie muß es irgendwie gehört haben, denn sie lächelte mich kurz an, ehe sie in Richtung Hinterzimmer davonschwebte.
    Der Herr Josef wünschte den Vandalen, die beide Telefonzellen der näheren Umgebung, die Ecke Reindorfgasse und die vorne bei der Bank, wieder einmal zerlegt hatten, Pocken und Pestilenz an den Hals und meinte dann:
    „Fesche Frau. Sehr apart. Sieht man nicht alle Tag, so eine richtige Lady.“
    Ehe ich ihm noch beipflichten konnte, war Marlene schon wieder zurück.
    „Besetzt“, sagte sie zum Herrn Josef.
    „Aber da is frei“, sagte ich, und im Verbund mit einer kleinen einladenden Geste kam mir die Meldung nicht ganz so peinlich vor.
    „Danke“, sagte Marlene. „Ich werde also eine Weile warten.“
    Ihr Akzent war fast so berauschend wie ihr Parfum.
    Aber das Lächeln, das sie mir schenkte, als sie sich zu mir an die Bar stellte und ein Päckchen exotischer Zigaretten aus ihrer Handtasche nahm, raubte mir endgültig den Verstand.
    Der Herr Josef sagte was, das sich anhörte wie: „Wulle wuh ün

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