Kurt Ostbahn - Blutrausch
große und ewige Liebe zerstört hat und daß er, der Wickerl, seiner offensichtlich Verflossenen jetzt beweisen wird, daß er zu noch teuflischeren Dingen fähig ist als der Leibhaftige oder einer seiner Spießgesellen.
Die Befragung der Elfriede Tomschik und ihrer Kollegen ergab, daß der Wickerl wegen übermäßigen Alkohol- und Drogenkonsums für seine Kollegen nicht mehr tragbar gewesen war und daß ihn die Donna aus der Band geworfen hatte, nachdem er zu einem für die Zukunft der Band immens wichtigen Konzert eine Stunde zu spät und im Vollrausch an den Auftrittsort gekommen war.
„Übrigens eine fesche Frau, die Tomschik“, sagt Brunner. „Und ned blöd. Kennen Sie s’?“
„Nicht persönlich“, sage ich. „Leider.“
Brunner schaut traurig in seinen leeren Cognac-Schwenker und ich hole Nachschub. Schon das dritte Mal. Diesmal nehme ich die ganze Flasche mit an den Tisch.
„Der Herr Josef wird’s überleben“, sagt Brunner und lacht.
„Aber was ist da heute eigentlich genau passiert?“ frage ich.
Brunner trinkt. Und redet weiter Tacheles. Schon mit schwerer Zunge.
Nach dem Mittagessen ist eine Bewohnerin des Hauses mit dem Mist runter in den Hof und hat dort den Rudi getroffen, der Kisten mit leeren Flaschen vom Rallye in den Schuppen geschleppt hat. Sie hat Guten Tag gesagt und er hat Guten Tag gesagt, dann hat sie, wieder oben in der Wohnung, gehört, wie im Schuppen die Kisten gestapelt und umgeräumt wurden. Der Rudi, an sich ein netter, freundlicher Bursch, hat dabei immer einen Höllenlärm gemacht. Aber heute war er ganz besonders laut.
Weil ihr schon der Schädel gebrummt hat von dem Krach, ist die Nachbarin wieder runter, um den Rudi zu bitten, doch etwas leiser zu sein. Als sie in den Hof gekommen ist, war es plötzlich still im Schuppen. Aber das Licht hat gebrannt, und so ist sie reingegangen, um dem Rudi freundlich aber bestimmt, wie das so ihre Art ist, zu sagen, daß er nicht allein auf der Welt ist, daß man Bierkisten auch leiser schlichten kann und daß er sich das für die Zukunft merken soll.
Im Schuppen ist ihr zuerst einmal aufgefallen, daß der Rudi heute keine Ordnung, sondern eine Sauwirtschaft gemacht hat. Die Kistenstapel waren umgeworfen, die Flaschen in Scherben auf dem Boden.
Dann hat die gute Frau den Herrn Josef gefunden. Er ist unter einem der umgestürzten Stapel gelegen, hat sich nicht gerührt und aus einer großen Wunde am Kopf geblutet. Vom Rudi war nichts zu sehen und zu hören.
Also ist sie ins Rallye , um Hilfe zu holen. Dort ist nur der Herr Doldinger gesessen, ein alter Stammgast, und hat gesagt, der Rudi sei im Schuppen und der Herr Josef käme gleich wieder, der sei vor ein paar Minuten nach hinten gegangen, um nachzuschauen, warum der Bub so lange für seine Arbeit braucht. Die Nachbarin hat daraufhin mit dem Münztelefon des Rallye die Rettung angerufen und den Unfall gemeldet.
Die Sanitäter haben die Anruferin im Rallye bei einem Stamperl Obstler und den bewußtlosen Weinhofer im Schuppen unter den Kisten gefunden.
Der Fahrer hat mit ihr den Unfallbericht gemacht und sich in dem Chaos umgesehen. Dabei ist ihm eine breite Blutspur von der verstaubten Verstärkeranlage des Wickerl Auer zu einer Tiefkühltruhe aufgefallen.
Daraufhin hat er so ziemlich alles gemacht, was verboten ist: Er hat die hinteren Winkel des Schuppens abgesucht, ist überall reingetrampelt und hat alles angefaßt. Schließlich hat er den Deckel der Tiefkühltruhe aufgemacht, und da ist der Rudi gelegen. Mit durchschnittener Kehle und aufgeschlitztem Bauch.
Die Nachbarin hat einen Blick in die Truhe geworfen und ist in Ohnmacht gefallen. Sie ist jetzt, wie der schwerverletzte Weinhofer, im Meidlinger Unfallspital, wird aber noch heute Abend entlassen.
„Tja, Herr Doktor“, sagt Brunner. „So schaut’s aus. Keine Tatwaffe, keine brauchbaren Spuren, weil der Depp von der Rettung mit seinen Klofingern überall hingetappt hat, und ein möglicher Zeuge, den mir die Knochenflicker erst wieder zsammstückeln müssen, bevor er mir erzählen kann, daß er nix gesehen hat, weil alles so schnell gegangen ist.“
„Aber die Handschrift“, sage ich. „Der Irre hat den Rudi genauso hergerichtet wie den Wickerl. Das is doch ein Hinweis.“
„Freilich“, sagt Brunner bitter. „Das is ein Hinweis. Und zwar darauf, daß er hundert Mal schwerer zu kriegen ist als jeder andere. Der Typ ist krank in der Birne, aber er is nicht blöd. Ganz im Gegenteil. Und er hat kein
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