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Kurt Ostbahn - Blutrausch

Kurt Ostbahn - Blutrausch

Titel: Kurt Ostbahn - Blutrausch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guenter Broedl
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auf. „Was macht eine solche Frau in dem grindigen Tschocherl?“
    „Telefonieren“, sage ich und verstehe meine sachlichkühle Reaktion auf die Anwürfe des Trainers als Trainingslauf für anstehende Gespräche mit Profis wie Brunner und Skocik.
    „Und dann?“ sagt der Doc.
    „Plaudern. Trinken. Ein bißl Flirten.“
    „Mit dir? Im Rallye ? Na freilich“, sagt der Trainer und lacht. „Und dann schleppst du s’ ab in die Reindorfgasse, ins Archiv, zeigst ihr meine Plattensammlung, die Dinge nehmen ihren Lauf, man kommt sich näher, bei entsprechender Musik...“
    „Willie Nelson“, sage ich. „Deine Cassette, Trainer, aber leider mehrmals unterbrochen durch deine Anrufe. Von hier, aus diesem Theater, wegen der falschen Whitney und der AAS .“
    „Wann soll das gewesen sein?“ sagt der Doc.
    „Fragts euren Computer“, sage ich.
    „Am Donnerstag in der Nacht“, sagt der Trainer, ohne den Computer um Rat zu fragen. „Aber was machst, bittschön, du mit einer solchen Frau?“
    „Das is eine andere Gschicht“.
    „Und es is dir nicht spanisch vorgekommen, daß eine Millionen schwere Hoteliersgattin aus Kanada mit familiären Verbindungen zur AAS im Rallye in der Sechshauser Straße in dein Leben tritt, justamend einen Tag nachdem der Wickerl ermordet wurde?“ fragt der Doc.
    „Davon war doch letzten Donnerstag noch keine Red“, sage ich.
    „Und jetzt, wo die Dinge auf der Hand liegen? Was denkst dir da?“
    Ich denk mir garnix. Das soll der Computer erledigen. Er hat letzte Nacht nicht mit der Elfi Bier getrunken und mit der Donna Canadian Club . Er hat den weißen Citröen nicht erlebt, und hatte keine Schweißausbrüche bis in den frühen Morgen. Er ist noch jung und zum Denken da.
    Also liefere ich ihm alles, was ich weiß: über Elfi, Donna und den Wickerl. Über Marlene, Gily und den Rest der lieben Familie. Über den weißen Citröen und den toten Steven.
    Da weiß ich ja nur, was der Skocik in seiner gewohnt liebenswürdige Art zu berichten wußte, ehe sein Autotelefon (und mit ihm vielleicht der ganze Wagen samt Besatzung) von einer gewaltigen Sturmflut erfaßt und in die Tiefe gerissen wurde.
    Steve ist die zweite Leiche mit gleichen Symptomen. Also Kehle durch, Bauch auf, Herz raus. Gefunden auf dem Gästeparkplatz der Pension Gloriette im 13. Bezirk, Montag kurz nach sechs Uhr früh, im Kofferraum eines Mietwagens. Vom Nachtportier, der nach Dienstschluß heimfahren wollte und sich gewundert hat, daß der Wagen jenes deutschen Gastes, der doch am frühen Sonntagabend abgereist ist, immer noch am Parkplatz steht. Mit der Reisetasche am Rücksitz und mit unversperrten Türen.
    Trainer, Doc und Computer machen einen zufriedenen Eindruck, als ich die Augen schließe und stumm nach der Couch im Gästezimmer rufe.
    „Schlaf eine Runde, Kurtl“, sagt der Trainer. „Wir holen dich dann.“
    „Wozu?“
    „Du willst doch sicher wissen, wer es gewesen ist.“
    „Dazu brauch ich kein Computerspiel. Das weiß ich auch so“, sage ich. Und sehe mit geschlossenen Augen, wie Trainer und Trash wissende Blicke wechseln und mitleidig nicken.
    „1+1=3“, zitiere ich aus meinem reichhaltigen Schaffen den Titel eines Shuffles zum Thema Beziehungsdreieck, der in der bitteren Erkenntnis gipfelt, daß über kurz oder lang einer der drei Beteiligten auf der Strecke bleibt.
    „Für die Donna müßte man eine extended Version machen: 1 und 1 ist 3 hoch 3. Und wenn jetzt ein ohnehin fertiger Typ an eine Frau wie die Donna sein Herz verliert, dann kann er leicht zum Massenmörder werden.“
    „Und wer hat sein Herz an die heißkalte Donna verloren?“ fragt der Trainer.
    „Der Wickerl“, sage ich.
    „Aber der ist bekanntlich eines der Opfer. Also kann er nicht gleichzeitig der Mörder sein“, kommt mir der Doc wieder einmal auf schulmeisterlich. „Das is doch logisch.“
    „Logisch hin, logisch her“, sage ich. „Ich bleib dabei: 1+1=3.“

30
    Als ich am Nachmittag wieder zu mir komme, sehen die Welt und das Gästezimmer des Doc nicht wesentlich anders aus.
    Doch dem aufgeregten Stimmengewirr nach zu schließen, das aus dem Arbeitszimmer herüberdringt, habe ich irgendwas Weltbewegendes verschlafen. Auf dem Weg zum Klo werfe ich einen Blick in die Schreibstube:
    Das Mörderspiel funktioniert wirklich und scheint aufregender zu sein als ein Pokerabend beim Kohlen-Güntl. Denn um den Computer hat sich eine wild gestikulierende Vierergruppe versammelt. Der Doc sitzt händeringend vor dem Monitor,

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