Kurt Ostbahn - Blutrausch
sich den heraussuchen, der einen weißen Citröen fährt, Kunde von Fürst Astaroths Sexartikel-Versand ist, für die Tatzeit kein Alibi hat und das Schlächterhandwerk beherrscht.
Im Grunde ganz einfach. Ein Routinejob.
Brunner sieht das anders.
„Unser Mann funktioniert nicht wie Sie und ich, Herr Doktor“, sagt er, „Der hat seine eigene Mechanik. Vielleicht is die Tomschik der gefallene Engel, den er vor dem ewigen Höllenfeuer bewahren muß, indem er alle ihre Liebhaber exekutiert. Oder er hat die fixe Idee, sich die Zuwendung seiner Liebesgöttin durchs Leut-Umbringen hart erarbeiten zu müssen, und das nette Brieferl heute war so eine Art Arbeitsbericht. Bin ich schon reif für Deine Liebe, oder soll ich noch weitermachen? Verstehen S’, was ich meine?“
Ich verstehe jedes Wort.
„Großartig“, sage ich und sehe mich tot und herzlos im Stiegenhaus neben den Mountainbikes meiner Nachbarn, weil Donnas Alptraum von einem Lover meine Pumpe ganz dringend für seine nächste Skulptur benötigt.
„Egal, was genau in seinem Schädel vorgeht, ich glaub, wie gesagt, er is jetzt reif. Kurz vorm Aufplatzen. Er killt nicht mehr still und leise, er sucht den Kontakt zu seiner Angebeteten. Er will eine Antwort. Er will von der Frau, für die er lebt und andere umbringt, belohnt werden. Oder bestraft, was sich in dem Fall auf dasselbe hinausläuft.“
„Und wenn er von ihr nicht kriegt, was er will?“ frage ich.
„Da gibt’s viele Möglichkeiten, eine unerfreulicher als die andere. Aber ich rechne jetzt, nach seiner Botschaft, eigentlich fest damit, daß wir ihn morgen persönlich kennenlernen werden. Wenn er mit der Tomschik ihrem Sex-Club zu tun hat, und davon bin ich überzeugt, dann wird er auch auf dieser Party sein. Das is seine große Chance, der Göttlichen näherzukommen.“
Elfi kommt aus dem Bad. Sie hat sich etwas beruhigt, das Donna-Make-up restauriert und versucht sogar ein Lächeln.
„Ich weiß nicht, ob ich jetzt allein ins Belle de Jour fahren soll. Vielleicht könnten Sie mich begleiten“, sagt sie zu Brunner.
„Sie fahren heut nirgendwohin, Frau Tomschik“, sagt Brunner. „Weder allein, noch in Herrenbegleitung.“
„Das geht aber nicht. Ich muß noch tausend Dinge erledigen und außerdem...“
„Jetzt passiert Folgendes“, fällt ihr Brunner ins Wort. „Ich stell Ihnen zwei Beamte vor die Haustür. Sicher is sicher. Und Sie rühren sich aus der Wohnung erst wieder raus, wann ich Sie anruf. Das gilt übrigens auch für Sie, Herr Doktor.“
„Momenterl“, sage ich. „Heißt das, daß ich jetzt bis zum Sankt Nimmerleinstag bei der Frau Tomschik auf Untermiete bin?“
„Wir können das ganze Theater auch bei Ihnen in der Reindorfgasse veranstalten. Aber dort is es nicht so gemütlich und ein bißl eng zu zweit“, sagt Brunner grantig.
„Wenn der Kurtl nicht will, wieso kann er dann nicht heimfahren und Sie stellen ihm auch zwei Polizisten vor die Tür?“ fragt Elfi.
„Personalmangel“, wischt Brunner das Thema vom Tisch.
Ich hab den Verdacht, das ist nicht die ganze Wahrheit, und Brunner liegt neben unserem Schutz noch was ganz anderes am Herzen. Wie es auch garantiert nicht nur eine seiner plötzlichen Launen war, mich auf diesen“Krankenbesuch“ mitzunehmen.
„Okay“, sage ich, „ich bleibe, und die Frau Tomschik und ich machen uns heut nacht eine Batzen Hetz. Aber was is morgen?“
„Da schick ich euch ein Taxi, und das bringt euch in das Lokal in der Stadt. Und dann steigt dort eine Party. Geschlossene Gesellschaft. Nur geladene Gäste. Und ein paar Damen und Herren, die ich mitbringen werd und die dafür sorgen, daß euch nix passiert.“
„Das is doch nicht Ihr Emst?“ sagt Elfi. „Eine AAS -Party mit Polizeischutz.“
„Das is mein voller Ernst, Gnädigste“, wird Brunner laut, „weil ich nämlich für Ihre Sicherheit verantwortlich bin. Und für die Sicherheit vom Herrn Doktor. Und weil sie beide ein ziemlich großes Problem haben, falls Ihnen das noch nicht aufgefallen ist: Da rennt einer durch Wien und überlegt sich, wen er als nächstes umbringen soll: Sie, Herr Doktor, oder Sie, Frau Tomschik. Oder vielleicht alle beide.“
Mit der Order, das Telefon, wenn’s leicht geht, nicht durch stundenlange Gespräche zu blockieren, marschiert Brunner zur Tür. Er hat noch allerhand zu tun. Die Installierung einer Falle, die den Schlächter von Sechshaus dingfest machen soll, bedarf einer sorgfältigen Planung.
„Und ich bin dabei nicht
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