Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kurt Ostbahn - Kopfschuss

Kurt Ostbahn - Kopfschuss

Titel: Kurt Ostbahn - Kopfschuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guenter Broedl
Vom Netzwerk:
Kinder hat, sind ihm solche Überlegungen fremd. Er pirscht sich heran, versucht eine galante Verbeugung und hat sich für seinen Auftritt sogar seine dritten Zähne in den Mund gesteckt.
    „Tschuldigen, junge Frau“, sagt er. „Polifka. Der Kurtl kennt mich. Ich wollt Ihnen nur sagen, dass Sie haargenau so schön sind wie seinerzeit die Jean Seberg in Außer Atem, wissen S’ eh, mit dem jungen Lino Ventura.“
    Melanie reagiert auf das Kompliment mit einem malerischen Lächeln und schlägt für den Rudl ihre makellosen Beine übereinander.
    „Danke schön“, sagt sie leise.
    „Des war ned der Ventura in Außer Atem, des war der junge Belmondo“, mischt sich der Herr Josef ein. „So, und jetzt lass die junge Dame und den Herrn Kurt in Frieden, Rudl, die beiden haben was Wichtiges zum besprechen.“
    „Nix für ungut“, zieht sich der Polifka wieder zu seinem Achtel und dem Fernsehprogramm zurück. „Aber der Jean Seberg wie aus dem G’sicht gerissn ...“
    „Wer ist diese Jean Seberg?“, erkundigt sich Melanie, als der Polifka außer Hörweite ist.
    „Eine amerikanische Schauspielerin, die vor vierzig Jahren zirka ein paar bemerkenswerte Filme gemacht hat. War eine wunderschöne Frau und eine gewisse Ähnlichkeit ist nicht von der Hand zu weisen. Da hat der Polifka Recht. Ich hab übrigens ein Filmlexikon daheim, da sind Fotos von ihr drinnen, zusammen mit dem Jean Paul Belmondo“, sage ich und weiß im gleichen Augenblick, dass ich das mit dem Filmlexikon nicht hätte sagen sollen.
    Aber zu spät.
    „Die würde ich mir gern ansehen“, meint Melanie ganz unbekümmert. „Vorausgesetzt, Sie haben auch einen guten Weißwein zu Hause.“
    „Einen guten Weißen?“
    Ich stelle fest, dass mir mit einem Schlag die Schlagfertigkeit abhanden gekommen ist und in meinem Denken eine frisch maturierte, angehende Enthüllungsjournalistin das Sagen hat, von deren bezaubernder Existenz ich vor wenigen Stunden noch nichts wusste.
    „Also mit einem Flascherl Weiß vom bessern kann ich jederzeit aushelfen, Herr Kurt“, fällt mir prompt auch noch der
    Herr Josef in den Rücken. Mit einem Grinsen im Gesicht, für das ich ihn mit mindestens zwei Wochen Lokalverzicht bestrafen sollte.
    Selbstverständlich weiß ich ganz genau, dass das sich soeben anbahnende Unternehmen nur voll ins Auge gehen kann. Und selbstverständlich werde ich nichts unversucht lassen, zu verhindern, was geschehen muss.
    Aber große Chancen geb ich mir nicht. Dazu kenn ich mich zu gut.

14. DOS BURROS,
MEXICO

    Der Mann heißt Hondo und ist mindestens hundert Jahre alt.
    Er kam aus seiner Adobe-Hütte, als er den Wagen hörte, und empfing mich auf seinen Spazierstock gestützt, aber mit der Würde eines Königs.
    „Ich bin nicht aus der Gegend, sondern auf dem Weg nach Tres Cruces“, sage ich und steige aus dem vollklimatisierten Chevy. Die flirrende Hitze nimmt mir für einen Augenblick den Atem und ich muss mich an der Wagentür festhalten. „Leben Sie ganz allein hier draußen?“
    „Siehst du sonst noch jemand?“, sagt der Greis und blickt um sich.
    Die Eisenbahnschienen, die mir von der Straße aus aufgefallen waren, verlaufen vor dem halben Dutzend verfallener Hütten buchstäblich im Sand. Eine der Bruchbuden scheint vor langer Zeit das Bahnwärterhäuschen gewesen zu sein. Auf dem verwitterten Holzschild über der Tür steht: Dos Burros.
    „Ich bin wie gesagt auf der Durchreise, Señor“, fange ich noch einmal an, „und als ich die Gleise und Häuser gesehen habe, dachte ich, ich könnte hier was Trinkbares oder Essbares bekommen. Gegen Bezahlung, versteht sich.“ „Kannst du“, sagt König Hondo und winkt mich in seine Hütte.
    In dem niedrigen, fensterlosen Raum ist es herrlich kühl und dunkel. Hondo hat zwar keinen Kühlschrank voll mit Cola, Sprite oder Dosenbier, aber auf der Feuerstelle köchelt ein exotisch duftendes Süppchen.
    „Wie viel willst du bezahlen?“, erkundigt sich Hondo, während er mit einem Holzschöpfer etwas von der dunkelbraunen dickflüssigen Sauce in eine Tonschale füllt.
    „Keine Ahnung. Was kostet ein Teller Suppe?“
    „Ich will kein Geld. Was soll ich damit? Und bei Hondo bekommt man keine Suppe. ¿Comprende?“
    „Alles klar“, sage ich. „Aber ich weiß nicht, was ich Ihnen anbieten könnte? Zigaretten vielleicht? Ich hab noch jede Menge draußen im Wagen. Marlboro medium. Oder vielleicht ein T-Shirt? Ganz neu. Mit einem wirklich lustigen Bill-Clinton-Spruch vorne drauf?“
    Hondo

Weitere Kostenlose Bücher