Kurt Ostbahn - Kopfschuss
Zufriedenheit der Chefin und ihrer ausgesuchten Klientel, bis eines Tages Ramon und seine Motorradfahrer, die Junkyard Angels, auftauchten. Die rauen Burschen verdienten sich ihren Sprit bisher durch Grenzlandgeschäfte wie das Schmuggeln von Marihuana, Peyote, Kokain und illegalen Einwanderern. Als das Paraiso del sur seine Pforten öffnete, kamen sie auf die schlaue Idee, von Regina Grimes Schutzgeld zu erpressen. Um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, wurde die im Wagen anreisende Kundschaft aus San Antonio oder Corpus Christi nach Verlassen der Carretera 85 auf den kaum befahrenen Landstraßen überfallen und ausgeraubt. Die Junkyard Angels waren dabei nicht zimperlich. Wer, wie man so sagt, Manderln machte, konnte mit ansehen, wie sein Mercedes oder BMW in Flammen aufging. Die ausgebrannten Wracks neben Emestos Haus in Tres Cru-ces legen Zeugnis davon ab. Bei einem Geschäftsessen einigten sich Gutsherrin Regina und Räuberhauptmann Ramon über eine mehrstellige Schutzgeldzahlung. Aber der Frieden hielt nicht lang. Ramon wollte mehr. Da Regina für ihre erlauchten Gäste inzwischen einen Hubschrauber-Shuttle-Dienst von den Flughäfen in Laredo (Texas) und Monterrey (Mexiko) eingerichtet hatte, drohte Ramon nun, mit seinen motorisierten Todesengeln die Hacienda oder zumindest die künstlich bewässerten Grünflächen vor den Toren des Paradieses anzugreifen. Bisher kam es zu einem einzigen Zwischenfall, nämlich einer nächtlichen Attacke von mindestens zwanzig schweren Maschinen auf den Golfplatz, die das Green am nächsten Morgen wie einen Rübenacker aussehen ließ. Und danach wusste Regina Grimes: Es wird nicht länger verhandelt, es wird nur noch gekämpft. Ramon muss sterben. Und zwar so spektakulär, dass seinem Gefolge die Lust auf das Paradies ein für alle Mal vergeht.
In der Iguana Lounge, der Lieblingsbar des Duke, wo man in fröhlich-folkloristischem Ambiente sein Leguan-Sandwich mit German Fassbier runterspülen kann, gibt mir Reginas Vorarbeiter zuerst einmal einen Gesundheitstipp:
„Du wirst in den nächsten Tagen viel im Freien arbeiten, John. Daher solltest du dir dringend einen Hut zulegen. Die Sonne grillt dir sonst die Platte und röstet dir das Hirn! “ „Einen Hut?“
„Einen Hut“, sagt der Duke und tippt an die breite Krempe seines Lone-Star-Stetsons. „So was wie das hier.“
„Also ich weiß nicht. Ich hab kein Hutgesicht“, sage ich.
Der Duke meint, dass er in seinem langen Leben schon viel in den Staaten herumgekommen ist und dass man ihn oben in den Städten des Nordens, in Boston, Philadelphia und New York, wegen seines Cowboyhutes immer wieder belächelt und nicht ernst genommen hat. Aber hier im Süden ist es genau umgekehrt. Nur ein Vollidiot würde unter der mexikanischen Sonne ohne Kopfbedeckung herumlaufen.
Was für mich endgültig die Frage klärt, warum in unseren Breiten der schöne Beruf des Hutmachers so gut wie ausgestorben ist, in südlicheren Gefilden hingegen immer Saison haben wird.
„Im Paraiso-Shop drüben im Haupthaus, gleich hinter der Rezeption, haben sie gute Hüte“, weiß der Duke. „Sie haben diese lächerlichen Sombreros für die Touristen, aber es gibt auch exzellente Ware von Gary’s in Houston. Du hast bestimmt schon von Gary’s American Hats gehört, oder?“ „Nachdem ich, wie gesagt, kein Huttyp bin und außerdem beruflich bisher so gut wie nie im Süden zu tun hatte . . .“, sage ich und täusche dann heftige Kautätigkeit vor, obwohl einem das Leguan-Steak in dem aufgebackenen Sesamweckerl geradezu auf der Zunge zergeht.
„Ronald Reagan, der alte Bastard, trägt nur Hüte von Gary’s, auch George Bush, und natürlich die Houston Oilers.u „Dann sollte ich später unbedingt drüben im Shop vorbeischauen und mir so ein edles Gerät besorgen“, sage ich, um das Thema Kopfschmuck endlich vom Tisch zu haben und einer Diskussion über Football aus dem Weg zu gehen. Oder sind die Houston Oilers gar keine Football-Mannschaft? Vielleicht spielen sie Basketball, Baseball oder Bowling, alles Sportarten, von denen ich keine Ahnung habe. Vielleicht aber spielen sie Country, Western-Swing oder sind die Titelhelden einer regional beliebten Fernsehserie in der Nachfolge von Dallas, deren Protagonisten auch ständig Hut getragen haben.
„Und der Leguan?“, erkundigt sich der Duke. „Feine Sache, was?“
„Super“, sage ich.
„Die Einheimischen sagen ja, dass du immer wieder in deinem Leben an den Ort zurückkehren wirst, wo
Weitere Kostenlose Bücher