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Kurt Ostbahn - Kopfschuss

Kurt Ostbahn - Kopfschuss

Titel: Kurt Ostbahn - Kopfschuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guenter Broedl
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diesem Telefonat gegangen?“, frage ich Melanie, die inzwischen vollständig angezogen neben mir auf dem Bettrand sitzt.
    „Um eine Linda, einen Ramon oder Roman und um ein Dorf an der Grenze.“
    „Im Burgenland? Dreikreuz?“ „Nein, nein“, winkt Melanie ab. „Nix Burgenland. Tres Gruces. Keine Ahnung, an welcher Grenze das liegt. Klingt aber irgendwie nach Mexiko.“
    „Tres Gruces“, sage ich. „Und weiter?“
    „Nix weiter. Der Trainer hat mich in seinem grünen Schlitten zum Matzleinsdorfer Platz mitgenommen und während der kurzen Höllenfahrt in einer Tour bedauert, dass dieser Abend, der so viel versprechend begonnen hat, im absoluten Chaos enden musste. Was man von unserem langen Abend ja so nicht sagen kann, oder? Trotzdem wäre es fein, wenn du mir jetzt ein Taxi rufst.“
    Und noch Stunden, nachdem Melanie heimgefahren ist, grüble ich nach über den Trainer, seine grüne Rostlaube, den Teufelsgeiger, Mexiko, Melanie, den toten Roman und was dir sonst noch so spätnachts durch den Kopf geht, wenn niemand da ist, der dich auf andere Gedanken bringt.
    Wir werden trotzdem gut schlafen, hat Melanie gesagt.
    Sie hat ja keine Ahnung.

16. DOS BURROS,
MEXICO

    Es ist Nacht.
    In den letzten Stunden haben die Tiere zu mir gesprochen. Der Puma, der Adler und die Schlange. Sie haben mir Tipps gegeben, wie man auch die europäische Hauskatze davon abhalten kann, ständig auf den Sisalteppich zu pinkeln; sie haben mir geraten, auf meine Haut zu achten und mir bei der nächsten Tankstelle eine Sonnencreme mit Schutzfaktor 24 zu kaufen; und sie waren besorgt über den bisherigen Verlauf unserer Reise.
    „Alles leere Kilometer“, knurrte der Puma.
    „Und kein Ende in Sicht“, meinte der Adler.
    „Da will dich wer reinlegen und lacht sich einen Ast, während du dich am Arsch der Welt zum Deppen machst“, zischte die Schlange.
    „Was soll ich tun, amigos?“, fragte ich meine Freunde. „Aussteigen“, sagte der Puma.
    „Aufsteigen“, sagte der Adler.
    „Umsteigen“, sagte die Schlange, „und dabei, wenn’s leicht geht, nicht auf eine Korallenschlange treten. Diese Luder sehen zwar sensationell gut aus, aber nach dem Biss bleiben dir nur noch maximal zwanzig Minuten. Bei dem Tempo, das du bisher so vorlegst, wäre in diesem Fall unser Krisenmanagement für die Katz. Und damit zurück an den Puma.“
    Nachdem die Tiere zu mir gesprochen hatten, wollte ich zu den Sternen sprechen.
    Aber da war keine vernünftige Unterhaltung möglich. Ich hatte ständig dieses Rauschen in den Ohren, das mit der exponierten Lage von Dos Burros in Zusammenhang stehen dürfte. In extrem dünn besiedelten Regionen wie dieser ist, auch wenn die Werbung kühn das Gegenteil behauptet, der Kontakt zu den Sternen immer noch alles andere als störungsfrei.
    Weil ich aber, unter den Sternen und auf einer von Hondos bunten Decken liegend, das dringende Bedürfnis nach einem vernünftigen Gespräch habe, bitte ich den uralten Mann, mir vor seiner Hütte ein wenig Gesellschaft zu leisten.
    „Halten Sie auch manchmal Zwiesprache mit denen da oben?“, frage ich und deute in das sternenklare Firmament. „Selten“, sagt Hondo.
    „Und was hören Sie dann? Haben Ihnen die Sterne schon viele Geheimnisse anvertraut? Ich meine, Dinge über die Zukunft der Welt und des Universums, oder vielleicht die Rezeptur eines homöopathischen Arzneimittels gegen was Unheilbares, oder die Baupläne dieses gigantischen UFO-Flughafens bei Cuernavaca?“
    „In Cuernavaca haben sie auch schon einen Flughafen? Seit wann?“, fragt Hondo und zieht sich die Decke enger um seine schmalen Schultern.
    Der Hitze des Tages folgt die Kälte der Nacht. Hat vorhin der Puma gemeint und mir dringend geraten, mich nach einem wärmenden Poncho umzusehen oder mir meinen schottischen Schafwoll-Pullover aus dem Auto zu holen.
    „Ich dachte immer, Schamanen beziehen ihr Wissen aus Gesprächen mit den Göttern, und die wohnen doch auf oder zumindest bei den Sternen“, sage ich.
    „Das musst du einen Schamanen fragen. Ich kenn mich da oben absolut nicht aus“, sagt Hondo.
    Entweder will der alte Mann sein Wissen nicht mit einem Gringo auf Durchreise teilen oder aber ich liege mit meiner Einschätzung seiner Person völlig falsch. Dagegen spricht jedoch eindeutig sein scheußliches Süppchen, das mir nach einer kurzen, aber heftigen Übelkeit nun schon seit vielen Stunden eine fröhliche Wüstenparty, ein tieferes Verständnis für die Tier- und Pflanzenwelt sowie

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