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Kurt Ostbahn - Platzangst

Kurt Ostbahn - Platzangst

Titel: Kurt Ostbahn - Platzangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guenter Broedl
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Sechshauserstraße geführt, und da leuchtet auch schon das grünblaue Signal des Bankomaten. Ich wette, der Trainer hat keine einzige Pesete in der Tasche und wird am Montag auch nicht auf die Bank gehen, weil man ihn beim Betreten des Instituts wahrscheinlich sofort verhaften und in den Schuldenturm werfen würde. Also nicke ich verständnisvoll, und wir folgen dem kleinen Hund, der plötzlich ein ziemliches Tempo vorlegt, vorbei am Rallye zur Ersten Österreichischen Sparkasse, und ich hol dem Trainer und seinem Hund zwei Tausender aus dem automatischen Geldscheißer.
    Und dann treffe ich, über den Kopf des Einsatzleiters Brunner hinweg, eine kühne Entscheidung.
    „Wir müssen was besprechen“, sage ich.
    „Herzensangelegenheiten?“ grinst der Trainer, der mit den zwei Blauen in der Tasche gleich deutlich entspannter wirkt. „Vielleicht die resche Strohwitfrau betreffend?“
    „Unter anderem“, sage ich.

31
    Als mich Gitti Kaltenbeck zirka drei Stunden später wieder in die Arme schließt, ist sie im Unterschied zu mir garnicht müde und will mir ganz dringend was ganz Wichtiges zeigen.
    Mit dem Trainer ist alles besprochen. Fürchte ich. Er ist mit seinem kleinen Hund auf dem Heimweg, um die Koffer garnicht erst auszupacken, sondern den nächsten günstigen Flug zurück auf seinen Wüstenplaneten zu nehmen.
    Schon nach der ersten Mumie verfinsterte sich seine Miene, und dann saß er nur noch stocksteif da, die Arme vor der Brust verschränkt, rührte sein Bier nicht an, und seine Lippen wurden zu dünnen blassen Strichen, unverkennbare Zeichen seiner rigorosen Ablehnung.
    „Und weiter?“ sagte er vielleicht drei, vier Mal. Sonst sagte er nix. Und als ich am vorläufigen Endpunkt der Entwicklungen angelangt war, nahm er einen großen Schluck von seinem mittlerweile schalen Bier, räusperte sich und erklärte mir mit viel Eis in der Stimme, ihm sei das alles ganz einfach zu viel. Er hätte auf Teneriffa mehr Zeit mit dem Wahnsinn, dem Sterben und dem Tod anderer Menschen verbracht, als ihm lieb ist. Und er hätte sich ehrlich auf das Wiedersehen mit mir, der Kombo und der ganzen Crew gefreut und sich eigentlich erwartet, daß alle bereits mit vollem Einsatz mitten in den Tourneevorbereitungen steckten, seine Konzepte studiert hätten und bereit wären, diese nun mit ihm zu diskutieren.
    „Und was finde ich?“ schloß er seinen Kommentar, ohne auch nur mit einem Wort auf meine Notlage eingegangen zu sein: „Nur Sterben, Tod und Wahnsinn. Und dich, Kurtl, als nervliches Wrack, das mit all den anderen untergehen wird.“
    „Klar is das alles Scheiße, Trainer“, sagte ich, „aber solche Wickeln kriegen wir doch in den Griff.“
    Aber der Trainer wollte davon nix hören, wollte garnix mehr hören. Dem kleinen Hund war das egal. Er schlief die ganze Zeit auf einer Autodecke, die ihm der Herr Josef aus seinem alten Fiat geholt hatte.
    „Lies das, wenn du nicht einschlafen kannst“, sagte der Trainer und zog eine dicke Mappe aus seinem roten Rucksack, aus dem er bisher nur Spielzeug, einen Wassernapf und Trockenfutter für sein Adoptivkind geholt hatte.
    „Was is das?“
    „Nix“, sagt der Trainer. „Nix, das dich jetzt weiterbringt.“
    „Genau das, was ich jetzt am dringendsten brauch“, sagte ich und legte die Mappe auf den leeren Stuhl neben mir.
    Daraufhin weckte der Trainer seinen kleinen Hund und  ging -
    Ich ging zwei große Fernet später, um nun von einer nichts ahnenden und freudig erregten Gitti Kaltenbeck mit einem ihrer Versandhauskataloge überrascht zu werden.
    „Tät dir das gefallen, Kurtl?“ fragt sie und schiebt den aufgeschlagenen Einkaufswälzer zusammen mit einem Achtel Rot zu mir über den Küchentisch.
    „Super“, sage ich vorbeugend.
    Wir sind in der Abteilung für Damenunterwäsche. Büstenhalter, Strumpfbandgürtel und Slips in sämtlichen Farben der Saison. Gitti tippt mit dem Zeigefinger auf verschieden kleine Modelle.
    „Super“, sage ich noch einmal, aber lasse wohl die Begeisterung vermissen, die sie erwartet hat.
    „Oder mehr sowas in der Art?“
    Gitti blättert ein paar Seiten weiter. Jetzt sind wir in der Abteilung für Reizwäsche, und ich soll zwischen einem Korsett aus schwarzem Lack und einem aus schwarzer Spitze mit roten Rüschen wählen.
    „Alles ganz super. Aber darf ich schnell telefonieren?“, sage ich, weil ich mich nicht entscheiden kann, beziehungsweise etwas dringlichere Entscheidungen anstehen.
    „Keine Privatgespräche“, sagt Gitti

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