Kurtisanen leben gefaehrlich
sodass ich ihn kaum verstehen konnte, denn das Wasser rauschte zu stark in meinen Ohren.
Ich blickte voller Liebe zu ihm auf, flüsterte noch einmal meine Botschaft, nahm auch Verducci aus den Augenwinkeln wahr, der sich mit einem erschrockenen Ausruf vor die Pfütze kniete.
»
Ich lebe. Warte auf mich in Faridah. Ich werde die Promessa erreichen
.«
Schläfrigkeit breitete sich in mir aus. Die Menschen in Andrea Lucas Lager trafen nacheinander ein, um auf mich herab zu starren und bei meinem Anblick miteinander zu flüstern. Sadiras schwarze Augen blickten auf mich, bohrten sich in meinen Blick. Ihre Lippen riefen nach mir. Doch ich konnte meine Augen nicht mehr länger offen halten. Meine Lider erschienen mir so schwer wie Stein. Sie sanken nieder und schlossen die Welt aus.
Langsam trieb ich durch das Wasser davon. Mein Körper wurde schwer, zog mich herab, bis ich in die Fluten eingetaucht war. Aus der Pfütze entstand ein ganzes Meer. Wellen schlugen über meinem Kopf zusammen, nahmen mir den Atem, als ich in ihnen versank, unfähig, mich zu bewegen und an die Oberfläche zu gelangen. Dann spürte ich, wie eine Hand nach mir griff und mich aus dem Wasser zog. Meine Verbindung zu dem Nass versiegte. Ich schnappte nach Luft und durchbrach es, hustend und halb erstickt. Im Schock öffnete ich die Augen und blickte Hanifah an, die mich an den Schultern hielt, voller Furcht fremde Worte murmelte.
Meine Kleider waren durchnässt und bildeten eine Lache auf dem Boden, doch sie war für mich kaum fassbar. Die Ohnmacht griff nach meinen Sinnen und drohte, mich zu überwältigen. Mein Atem ging flach und keuchend, meine Glieder ließen sich nicht mehr bewegen. Ich versank erneut. Diesmal nicht in dem kalten Nass, sondern in trockener Stille.
Aber selbst in der Stille blieb ich nicht allein. Traumfetzen wirbelten durch meinen Geist. Vertraute Gesichter tauchten vor mir auf und ich sah eine grünliche, große Schlange, die über den Mosaikboden des Palastes kroch. Sie zischte leise, betrachtete mich aus dunklen Knopfaugen und zeigte mir ihre gespaltene Zunge. Dann verformte sich ihr Körper, wuchs immer weiter an und wölbte sich heraus. Schwarze Knopfaugen wurden zu menschlichen, in einem fein geschnittenen Gesicht, das von kupfergoldenem Haar umrahmt wurde. Der lange Körper steckte in einem grüngoldenen Gewand, das mich an Schlangenhaut erinnerte. Die gespaltene Zunge schnellte zwischen Delilahs Lippen hervor und sie starrte mich bösartig an.
Wieder wandelte sich das Bild, zeigte eine kleine Frau mit schwarzem Haar, das im Nacken zu einem Knoten gesteckt worden war. Sie trug ein kostbares, weißes Kleid, das mit goldenen Fäden bestickt war.
Es war das Kleid einer Artista.
Dunkle Augen sahen mich unter einem weißen Schleier wissend an. Andrea Luca erschien an ihrer Seite und nahm ehrerbietig ihre Hand. Ich kannte das Gesicht mit den hohen Wangenknochen und es erschien mir so vertraut, als gehörte es einer alten Bekannten, trotzdem hatte ich diese Frau noch nie zuvor gesehen und ihr Name entzog sich mir. Was tat Andrea Luca neben ihr in einer solch vertraulichen Geste?
Mein Blick fiel auf das Wappen, das auf ihr Kleid gestickt worden war. Es zeigte den weißen Schwan der Santi.
Da wusste ich, wen ich vor mir hatte – Beatrice Santi, die Fürstin von Orsanto und die mächtigste Artista, die jemals gelebt hatte. Ihre roséfarbenen Lippen öffneten sich, formten Worte, die durch den Schleier meiner Ohnmacht an mein Ohr drangen.
»Ich weiß, wer du bist. Komm zu mir und ich werde dich alles lehren, was du wissen musst, um deine Kräfte zu nutzen. Jeder weitere Versuch bringt dich näher an die Schwelle des Todes. Komm zu mir, Ginevra. Ich erwarte dich.«
Dann verschwand das Bild in Schwärze, löste Andrea Lucas lächelndes Gesicht und die Worte der Artista in Nichts auf. Ich fiel zurück in meinen schlafenden Zustand, um meinen Körper zu regenerieren.
Ein nicht enden wollendes, schleifendes, kratzendes Geräusch erweckte mich aus meinem langen Schlaf und machte mir bewusst, wie hungrig ich war. Der Hunger krampfte meinen Magen quälend zusammen und beherrschte mein ganzes Denken. Hanifah setzte einen Becher mit kühlem Wasser an meine Lippen, damit ich davon trinken konnte. Das Wasser brachte die Erinnerung zurück und ließ mich leise aufstöhnen. Es erinnerte mich nur zu gut an das Gefühl des Ertrinkens.
Ein zaghafter Blick auf meine Umgebung offenbarte mir, dass ich mich nicht mehr in meinem
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