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Kurz bevor dem Morgen graut

Kurz bevor dem Morgen graut

Titel: Kurz bevor dem Morgen graut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Kimmelmann
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einfach nicht. Nachdem sie ihn wieder aufs Bett geworfen hatte, schloss sie wieder sein Fenster, machte die Tür von innen zu und griff sich den Gürtel, der noch immer in der Ecke lag.
    René konnte gar nicht schnell genug reagieren, um Protest zu äußern. Sie riss ihn mit der linken Hand herum, so dass er bäuchlings auf dem Bett lag. Dann prügelte sie mit dem Gürtel wie eine wild gewordene Furie auf seine Rückseite ein. Erst nach ein paar Hieben begriff René den Schmerz, der in ihm hochkam, während der Gürtel erbarmungslos auf seinen Rücken, seinen Hintern und seine Beine niedersauste. Als er den Schmerz endlich spürte, brüllte er los, dass Andrea nun wirklich fürchtete, die Nachbarn würden jeden Moment die Polizei rufen.
    „Halt den Mund!“, schrie sie ihn an und riss ihn an seinem Haarschopf hoch. „Sei endlich still!“
    Aber René war es egal. Er schrie sich die Seele aus dem Leib.
    Andrea holte aus und schlug ihm brutal mit der rechten Rückhand ins Gesicht. René wurde auf dem Bett zurückgeworfen und landete auf seinem Rücken. Sein rechtes Auge schwoll fast in Sekundenschnelle zu und verfärbte sich in ein schwärzliches Dunkelblau. Aus seinem rechten Nasenloch kam Blut. Aber er war still. Der Schock hatte ihn erstarren lassen.
    Zitternd ging Andrea ein paar Schritte zurück. Was hatte sie getan? Sie war zu weit gegangen. Die Nachbarn mussten ihn schreien gehört haben. Der Arzt würde morgen sehen, dass er geschlagen worden war. Sie musste den Termin absagen, sie musste ...
    Erst jetzt sah sie, woher der kalte Windhauch kam, der sie abermals gestreift hatte. Als sie es bemerkte, gefror ihr das Blut in den Adern. Das Fenster stand weit offen. Sie fuhr herum. Auch die Tür war wieder aufgegangen. In blindem Schockzustand taumelte sie hinaus und die Treppe hinunter. Alle Fenster und die Haustür standen wieder offen. Dann fiel ihr Blick auf Jörgs Bild und sie spürte eine Ohnmacht nahen. Jörg blickte nicht nur besorgt, er war in Panik. Sie spürte, wie ihre Füße ihr den Dienst versagten, dann knallte sie hart auf dem Küchenfußboden auf.
    Benommen blickte sie nach oben. Obwohl sie sich schon jenseits jedes Realitätsverlustes befand, schrie sie jetzt.
    Jörg stand auf der Treppe und ging langsam zu ihr herunter.
    „Wamachsuhier?“, quiekte sie unverständlich.
    „Ich komme wegen René“, sagte er sanft. Sein Blick war traurig.
    „Wiemeinsudas?“ Andreas Stimme war nur noch ein leises Krächzen.
    Dann begriff sie. Der Schock traf sie wie ein Hammerschlag in den Magen.
    „Nein ...“, hechelte sie. „Nein, das ist nicht wahr.“
    Jörg nickte bedrückt.
    „Er ... er stirbt?“ Tränen liefen Andreas Wangen hinab.
    „Ich bin bekommen, um ihn auf seinem Weg zu begleiten“, sagte Jörg.
    „Aber warum denn? Er hat doch nur eine Erkältung ...“
    „Er hat einen Herzfehler von Geburt an. Große Aufregung kann einen Herzinfarkt auslösen.“
    „Große Aufregung? Du meinst ...“
    „Du hast unseren Sohn zu Tode geprügelt, Andrea.“
    Dann war er verschwunden.
    Mit letzter Kraft schleppte sich Andrea die Treppe hoch. In heller Panik flog sie fast in Renés Zimmer. Sie sah auf den ersten Blick, dass sie zu spät kam.
    René lag auf dem Bett, in derselben Stellung wie vorher. Nur seine Hände hatten sich um seinen Hals gelegt, in dem verzweifelten Versuch, Luft zu bekommen. Sein Gesicht war blau angelaufen, unterstrichen noch durch die blauen Flecken auf selbigem. Das Blut aus seiner Nase war bis auf das weiße Bettlaken gelaufen.
    „Nein“, stammelte sie, „Nein!“
    Sie nahm den geschundenen Körper ihres toten Sohnes in die Arme und schüttelte ihn.
    „Wach auf, René!“, schrie sie. „Es tut mir leid!“
    Sie sah zur Zimmertür. René stand dort, und Jörg. Jörg hielt seinen Sohn an der Hand. René sah wieder normal aus, hatte keine Schwellungen mehr im Gesicht. Er trug noch immer seinen Schlafanzug.
    Wortlos hob René die rechte Hand zum Abschied, Jörg die linke. Dann waren sie nicht mehr zu sehen.
    Aber Andrea hörte etwas Anderes. Schritte auf der Treppe, schnelle Schritte. Es waren die Wendrichs von nebenan, ihnen hinterher Alfons Neubeck, der pensionierte Polizeikommissar vom anderen Ende der Straße.
    Sie starrten fassungslos auf Andrea mit dem toten, grün und blau geprügelten Jungen in ihren Armen, neben ihr noch den Gürtel liegend.
    „Jörg!“, schrie Andrea, die Augen vor Wahnsinn glänzend. „Bring ihn mir zurück! Bring ihn mir zurück!“
    Sie schrie und

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