Kurz bevor dem Morgen graut
ermordete Seele kann nur Frieden finden, wenn ihr Mörder gesteht. Jetzt hat Ihre Frau diesen Frieden. Natürlich mussten Sie erst dafür sterben. Zu Lebzeiten hätten Sie es nie zugegeben.“
„Wie ... was ... wieso kennen Sie meine Frau ... ich meine, Ihren Geist? Was wird hier gespielt?“ Malkowski blickte sich hektisch nach allen Seiten um.
„Na, glauben Sie im Ernst, dass Sie der erste Geist sind, mit dem ich in meinem Leben gesprochen habe?“, fragte ich amüsiert.
Malkowski sah mich nur fragend an, sagte aber nichts.
„Sie wissen doch, dass ich in der Jugendpsychiatrie war“, fuhr ich fort. „Ich habe schon als Kind immer die Geister Verstorbener gesehen und mit Ihnen gesprochen. Haben Sie sich nicht gefragt, warum ich nicht im Mindesten überrascht war, als Sie das erste Mal in meiner Wohnung erschienen sind? Ich habe mit Ihnen gerechnet, es war alles so geplant. Haben Sie sich auch nicht gewundert, dass ich genau wusste, dass ich dreimal in die Hände klatschen muss, um Sie verschwinden zu lassen? Alles Übung, seit ich klein war.“
„Aber ... wie kommen Sie auf Elisabeth?“
„Sie ist zu mir gekommen, kurz, nachdem Sie mich rausgeworfen hatten. Sie hat geahnt, dass ich Ihre Chance bin. Das Beste daran war, dass wir beide etwas davon hatten.“
„Ich verstehe immer noch nicht!“
„Elisabeth hätte Sie schon lange umbringen können. Aber das war nicht genug. Sie musste noch ein Geständnis von Ihnen bekommen, um endlich ihr Geisterdasein verlassen zu können. Da kam ich ins Spiel. Schließlich wusste sie, dass ich mit Geistern ganz gut konnte.“
„Und Sie haben ihr geholfen? Gegen mich?“
„Natürlich. Es war für Ihre Frau nicht zu übersehen, dass ich auch noch eine Rechnung mit Ihnen offen hatte. Und mit Inga. Darum ist sie zuerst nachts in Ingas Zimmer und hat ihr im Schlaf das Steakmesser in die Hand gelegt. Am nächsten Tag hat sie es dann in Ihrer Brust versenkt. Noch dazu an ihrem Todestag, das war besonders meisterlich. Der Rest war meine Aufgabe. Ich war dafür zuständig, die Wahrheit aus Ihnen herauszukitzeln. Es war uns schon klar, dass Inga meine Hilfe wollen würde. Wir haben auch damit gerechnet, dass ich Ihren Besuch erwarten konnte, wenn ich ablehnte.“
„Kein Wunder, dass Sie Inga nicht helfen wollten! Und jetzt ist sie tot!“
„Genau wie Ihre Frau durch Ihre Tat und Ingas Mithilfe. Trotzdem war es nicht geplant, dass Inga stirbt. In erster Linie war sie Mittel zum Zweck. Danach sollte sie im Gefängnis schmoren für ihre Beihilfe.“
„Aber das ist doch nicht möglich! Wie konnte meine Frau ein Messer greifen? Wir haben doch selbst gesehen, dass so etwas nicht geht!“
„Am Anfang nicht“, legte ich ihm dar. „Es ist eine Sache der Konzentration. Und natürlich der Übung.“
„Ein Fehler, mir das zu sagen“, sagte der Alte leise und sah mich mit hasserfüllten Augen an. „Dann werde ich jetzt üben und das nächste Steakmesser in Ihre Brust stecken.“
„Das glaube ich nicht. Jetzt haben Sie nämlich Ihren Zweck erfüllt und ich lasse Sie verschwinden.“
„Aber nur bis zur nächsten Mitternacht. Dann bin ich wieder da. Jeden Tag. Solange bis ich es kann.“
„Sie enttäuschen mich, Malkowski. Ich bin doch kein Anfänger mehr, was Geister angeht. Das Händeklatschen hilft nur bis zur nächsten Mitternacht, das weiß ich. Darum wende ich es nur bei Geistern an, die ich noch einmal wiedersehen möchte. Bei Ihnen war es ja notwendig, dass Sie so lange zurückkehren, bis Sie mir alles erzählt haben. Natürlich weiß ich aber auch, wie man Geister für immer verschwinden lassen kann. Nichts für ungut, Frau Malkowski. Aber wir haben ja auch nichts mehr zusammen zu tun.“
Ich schloss die Augen, sprang dreimal in die Luft, hieb mir dabei jedes Mal mit der rechten Hand auf den linken Oberschenkel und stampfte immer mit voller Kraft wieder auf dem Boden auf.
Als ich die Augen öffnete, waren beide verschwunden.
Ich öffnete mein Bier und nahm genüsslich einen Schluck aus der Flasche.
Als ich mich umdrehte, erschrak ich wirklich. Aber nur einen Moment. Eigentlich war es klar gewesen, dass sie kommen würde.
„Sind Sie nun zufrieden?“, fauchte Inga mich an. An ihrem Hals waren noch die Strangulierungsspuren zu sehen.
„Ja“, meinte ich und nahm noch einen weiteren Schluck. Ich stellte die Flasche ab und machte mich zum Sprung bereit. Dann überlegte ich es mir und beließ es beim dreimaligen Händeklatschen.
Schließlich war es
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