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Kurze Geschichte des Traktors auf ukrainisch

Titel: Kurze Geschichte des Traktors auf ukrainisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Lewycka
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Zehenspitzen die Treppe hinunter. In der Küche stochern
     Valentina und Stanislav in irgendwelchen auf dem Herd stehenden Kochbeutelgerichten herum. Unterm Grill im Herd rauchen zwei
     verschrumpelte Würstchen vor sich hin.
    |154| »Hallo, Valentina. Hallo, Stanislav.« (Ich weiß nicht genau, was die Etikette hier vorschreibt: Wie redest du mit jemandem,
     der deinen Vater schlägt und dessen Zimmer du gerade gefilzt hast? Ich entscheide mich für die englische Art: höfliche Konversation.)
     »Viel zu tun heute in der Arbeit?«
    »Ich immer viel zu tun. Viel zu viel zu tun«, antwortet Valentina verdrießlich. Mir fällt auf, dass sie zugenommen hat. Ihr
     Bauch sieht aus wie ein Ballon, und ihr Gesicht ist pausbäckig. Stanislav dagegen scheint dünner geworden zu sein.
    Vater taucht in der Tür auf. Mikes Gegenwart macht ihm offenbar Mut.
    »Die Wurst brennt an, Valentina«, sagt er.
    »Du nicht essen, du Mund halten.« Sie schnalzt ein nasses Geschirrtuch in seine Richtung, knallt dann die Kochbeutel auf einen
     Teller und schlitzt sie mit einem Messer auf, um ihren undefinierbaren Inhalt herauszubefördern, wirft die Würste dazu, kippt
     Ketchup darüber und stampft die Treppe hinauf in ihr Zimmer. Stanislav folgt ihr wortlos.
     
    Die Feder ist stärker als das Geschirrtuch. Vater nimmt schriftlich Rache.
     
    Niemals wurde eine für den Frieden gedachte technische Erfindung wie der Traktor auf schrecklichere Art und Weise in eine
     Kriegswaffe verwandelt, als es bei der Konstruktion des Valentin-Panzers geschah. Dieser Panzer war von den Engländern entwickelt
     worden, wurde aber in Kanada produziert, wo viele im Traktorenbau erfahrene ukrainische Ingenieure lebten. Der Valentin-Panzer
     hat seinen Namen vom Tag seiner Fertigstellung, dem St.-Valentins-Tag 1938.   Allerdings hatte er überhaupt nichts Liebenswertes
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an sich. Er war plump und schwer und hatte ein altmodisches Getriebe – nichtsdestotrotz war er absolut tödlich. Eine richtige
     Mord-Maschine.
     
    »Igitt!« Vera schüttelt sich hörbar am Telefon, als ich ihr von dem angebissenen Schinkensandwich erzähle. »Aber bei so einer
     Schlampe braucht einen das ja nicht zu wundern.«
    Den Geruch kann ich ihr leider nicht beschreiben. Doch von den Watte-Pads erzähle ich ihr.
    »Das ist einfach eklig! Und das in Mutters Schlafzimmer! Aber sonst hast du nichts gefunden? Lag da nirgends etwas herum von
     ihrem Anwalt, Informationen über den Stand ihres Verfahrens oder Ratschläge in Bezug auf eine Scheidung?«
    »Nein, ich habe nichts gefunden. Möglicherweise bewahrt sie diese Briefe an ihrem Arbeitsplatz auf. Im Haus gibt es jedenfalls
     nicht die geringste Spur davon.«
    »Sie muss sie irgendwo versteckt haben. Von einem so hochgradig kriminellen Subjekt ist ja auch nichts anderes zu erwarten.«
    »Noch etwas, Vera. Ich habe auch in Stanislavs Zimmer nachgeschaut, und nun rate mal, was ich da gefunden habe.«
    »Keine Ahnung. Drogen? Falschgeld?«
    »Sei nicht albern. Nein, ich habe einen Brief gefunden. Stanislav schreibt seinem Vater nach Ternopil, dass er hier sehr unglücklich
     ist und dass er wieder nach Hause will.«

|156| 13.
Die gelben Gummihandschuhe
    Selbstverständlich findet Valentina heraus, was »Nötigung« wirklich bedeutet. Stanislav klärt sie auf. Aber viel schlimmer
     ist, dass sie durch ein Schreiben der Einwanderungsbehörde am selben Tag auch noch erfährt, dass ihr Antrag erneut abgelehnt
     wurde.
    Sie passt Vater ab, der gerade aus der Toilette kommt und noch an seinem Reißverschluss herumfummelt, baut sich vor ihm auf
     und schreit ihn an: »Du lebendig Gespenst! Ich werd dir dein Nötigung zeigen!«
    Sie trägt gelbe Gummihandschuhe und hält ein nasses Geschirrhandtuch in der Hand. Damit schlägt sie nach ihm.
    »Du nichtsnutz Schrumpelhirn und Schrumpelschwanz, Esel. Du eingetrocknet alter Ziegenbockmist!«
    Mit dem Geschirrtuch schlägt sie ihm gegen die Beine und auf seine Hände, die er zum Schutz oder als Zeichen der Unterwerfung
     vor sich ausstreckt. Als er ihr rückwärts auszuweichen versucht, treibt sie ihn vor sich her, bis er, mit dem Rücken an der
     Küchenspüle, nicht mehr weiter zurückkann. Beim Blick über ihre Schulter sieht er auf dem Herd einen Topf stehen, in dem Kartoffeln
     vor sich hin kochen.
    »Du Wurm – ich dich kaputttreten!«
    Immer wieder holt sie mit dem Geschirrtuch aus. Der |157| Dampf aus dem Kartoffeltopf beschlägt seine Brillengläser. Es riecht inzwischen leicht

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