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Kurzschluss

Kurzschluss

Titel: Kurzschluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Worte, bei denen ein scharfes S vorkommt.«
    »Ich kann Ihnen zwar auch in diesem Fall nicht folgen«, erwiderte Taler zurückhaltend. »Aber ist das wichtig?«
    »Zum Beispiel im Wort Straße. Mit zwei S ist das schlicht und einfach falsch.«
    »Aber im internationalen Schriftverkehr wird man zwei S verwenden«, betonte Taler. »Wer ins globale Geschäft eingebunden ist, schreibt in der Absenderadresse ganz sicher Straße mit zwei S. Davon bin ich überzeugt.«
    Häberle entschied, seinen selbstbewussten Gesprächspartner mit einer weiteren, völlig unerwarteten Frage vollends aus dem Konzept zu bringen: »Und Biber? Wie steht’s damit?«
    Talers Gesichtszüge veränderten sich. Aus einem stets angedeuteten optimistischen Grinsen wurde ein ernster Ausdruck. »Biber? Ob man die mit scharfem S …?« Er spürte, dass dies eine dümmliche Bemerkung war, weshalb er abbrach und nachfragte. »Was haben Biber mit der Sache zu tun?«
    Häberle antwortete nichts, sondern lächelte nur und bedankte sich für das Gespräch.
     
    *
     
    Sie hatten gestern nach der seltsamen Begegnung mit dem jungen Mann, der auf Jobsuche war, noch das Tal von Olden erreicht, das sich südwärts dicht an das Gletschergebiet heranzog, wo sie an einem See bei Oldedalen einen schönen Campingplatz fanden. Die Nacht war beinahe zum Tag geworden – und so konnten sie ein halbes Dutzend deutsche Angler beobachten, die ein paar Schritte von ihnen entfernt kurz vor Mitternacht im Freien saßen und plauderten. Ihre Angelruten waren ins weiche Erdreich gesteckt, doch keine der Schnüre, die im Wasser verschwanden, ließ eine Bewegung erkennen.
    Deutlich dunkler wurde es erst gegen halb eins – und dann auch nur für knapp zweieinhalb Stunden. An diesem Mittwoch waren sie frühmorgens weitergefahren. Beim Verlassen des Campingplatzes fiel Sander lediglich ein älteres Wohnmobil mit Baden-Badener Kennzeichen auf. Mit ihm schien ein etwas angegrautes Pärchen unterwegs zu sein, das offenbar der alternativen Szene nachhing.
    Am Ende des Tales, in den die Gletscherzunge des Briksdalsbreen fast bis zu den bunten Frühlingswiesen hinabreichte, waren hingegen alle Wohnmobile wieder versammelt gewesen. Sander war angespannt. Die vielen Menschen, die bereits in den Vormittagsstunden am Ende des Tales von Olden den Berg hinaufgepilgert waren, erweckten in ihm ein ungutes Gefühl. Seine Videokassette hatte er in eine der vielen mit Klettverschluss gesicherten Taschen seiner Wanderhose gesteckt. Er versuchte, die Wanderung in der Morgensonne zu genießen, die erst langsam über die noch mausgraue Gletscherfläche strich.
    Zwei Stunden später, als sie zurückgekehrt waren, war der Parkplatz nahezu völlig mit Wohnmobilen gefüllt – und Sander war klar geworden, dass es keinen Sinn ergab, sich die vielen deutschen Kennzeichen einprägen zu wollen. Weshalb auch? Verdammt noch mal, weshalb auch?, versuchte er dieses geradezu zwanghafte Misstrauen zu bekämpfen. Doch es gelang ihm nicht.
    Nur wenige Kilometer vor Geiranger, wo sie in eisiger Kälte und auf verschneiter Hochebene einige traumhafte Aussichtspunkte und einen langen Tunnel passiert hatten, bremste Sander plötzlich scharf ab. ›Dalsnibba‹, stand da zu lesen. Dalsnibba. Ein Freund hatte ihm empfohlen, diesen gigantischen Aussichtspunkt unter keinen Umständen auszulassen. Doris hatte zwar Zweifel, ob das Wohnmobil die steile Auffahrt auf unbefestigten Sand- und Schotterstraßen schaffen würde, aber nachdem sogar Reisebusse die schmale Serpentinenstraße hochkrochen, ließ sich Sander nicht mehr davon abbringen. Mit jedem Meter, den sie erklommen, taten sich neue Perspektiven in der Ferne auf. Und während sich am Himmel ein Schlechtwettereinbruch abzeichnete, den bereits ein kräftiger Wind ankündigte, hoffte Sander inständig, dass es bis zum Erreichen der Spitze trocken bleiben würde. Zweiter Gang, dann wieder erster Gang. Auf geschotterten Querrinnen schepperte das Geschirr im Schrank. Dann noch eine Biegung – und Georg und Doris trauten ihren Augen nicht: In einer Höhe von rund 2.200 Metern war ein Parkplatz angelegt, auf dem Reisebusse, Pkws und Wohnmobile standen, als sei’s das Areal eines provinziellen Supermarkts. Doch bei dem flachen Gebäude direkt am Abgrund handelte es sich um den unvermeidlichen Souvenirshop. Sander manövrierte das Wohnmobil auf die einzig freie Fläche ganz vorn an der Begrenzungsmauer. Fast wie ein Platz in der ersten Reihe, dachte er – denn der Blick ging

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