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Kurzschluss

Kurzschluss

Titel: Kurzschluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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erwiderte er lächelnd, obwohl er die Kälte spürte, die ihm entgegenschlug. »Ich sagte ja schon, da gibt es keinen Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieser Aktion. Und ich bin davon überzeugt, dass der Herr Speidel, für den Sie das gemacht haben, nichts Unrechtes damit angestellt hat. Aber ich denke, Ihr Mann hätte das Zeug nicht bei der Aushilfssekretärin holen müssen. Kraft seines Amtes wäre er sicher befugt gewesen, dies direkt in der Zählerstelle zu tun.«
    Sie begann, mit dem Kugelschreiber Kringel auf den weißen Rand einer Broschüre zu malen. Für Taler ein eindeutiges Zeichen von Unsicherheit oder Nervosität.
    »Wenn das für Sie eine Rolle spielt, bitte schön.« Sie atmete tief durch. »Ich hab die Frau Rothfuß letztes Jahr bei einem Betriebsfest kennengelernt. Es war eine flüchtige Bekanntschaft, mehr nicht. Sie hatte es wohl auch kaum auf Gespräche mit einer älteren Dame abgesehen.«
    Taler fühlte sich herausgefordert: »Ich geh mal davon aus, dass Sie dann durchaus noch als Gesprächspartnerin denkbar gewesen wären.«
    Es sollte wie ein Kompliment klingen, doch sie tat so, als habe sie es überhört. »Ach was. Für diese jungen Dinger ist man mit meinem Jahrgang längst eine alte Schachtel. Die ist mit ihrem kurzen Rock rumgerannt und hat die Männer ihren zweiten oder dritten Frühling spüren lassen.«
    »Männer lassen sich manchmal von Äußerem leiten, obwohl sie mit zunehmendem Alter wissen, dass ganz andere Werte zählen.«
    »Fromme Sprüche, allein mir fehlt der Glaube.«
    Er spürte, woher der Wind wehte: Sie war verbittert, weil ihr Mann sie vermutlich wegen einer Jüngeren verlassen hatte. Die Frau war tief gekränkt, daran bestand kein Zweifel. »Sie haben Frau Rothfuß nicht gerade gemocht?«, stellte er fest.
    »So kann man das nicht ausdrücken. Sie sagten selbst, es gibt auch noch innere Werte – nicht nur das Äußere.«
    Genial gekontert, dachte er und merkte, dass er irgendwie auf dem richtigen Weg war. »Und man hat sich dann nie wieder getroffen?«
    Frau Büttner zögerte. »Ich weiß nicht so genau, was Sie das angeht.« Wieder diese Kühle.
    »Im Grunde genommen nichts«, gestand er offen. »Sie können sagen: Bitte schön, Herr Taler, verlassen Sie den Raum – dann gehe ich. Und ich bin nicht einmal nachtragend. Das dürfen Sie mir glauben.«
    Das saß. Er war sich ziemlich sicher, dass sie ihn nicht einfach rausschicken würde und deutete ein charmantes Lächeln an.
    »Wenn Sie jetzt glauben, ich hätte Frau Rothfuß entführt, dann muss ich Ihnen sagen, Sie lesen zu viele Krimis.« Auf ihrem Gesicht zeichnete sich ein wärmeres Lächeln ab.
    »Soll ich Ihnen sagen, was ich meine?«, ging Taler in die Offensive. Er hatte in seinem langen Berufsleben gelernt, dass Ehrlichkeit zur richtigen Zeit entwaffnend wirken konnte.
    Sie zog ein erwartungsvolles Gesicht.
    »Es könnte sein – Frau Rothfuß hatte gewisse Probleme, wie auch immer und womit auch immer.« Er überlegte. »Jedenfalls scheint es so zu sein, denn ihr plötzliches Verschwinden könnte in einem Zusammenhang mit den Vorgängen der letzten Tage stehen. Wenn dies so wäre«, er achtete darauf, im Konjunktiv zu sprechen, »dann könnte es doch sein, dass sie nach dem Tod Ihres Mannes den Kontakt zu Ihnen sucht. Auch wenn man sich beim Betriebsfest nicht gerade sympathisch war.« Taler umklammerte die Armlehne des Besuchersessels und beobachtete die Frau, die den Anschein erweckte, krampfhaft nach einer Antwort zu suchen. Deshalb fuhr er fort: »Frau Rothfuß hat vielleicht Hilfe gesucht – aus irgendeinem Grund nicht bei der Polizei, nicht bei ihrem Chef und auch nicht bei mir, sondern vielleicht bei einer ebenfalls betroffenen Person. In diesem Fall bei Ihnen.«
    Frau Büttner schluckte. »Sie reimen sich da etwas zusammen, das ziemlich abenteuerlich klingt. Finden Sie nicht?«
    Taler war etwas enttäuscht und überlegte, welchen neuerlichen Versuch er starten konnte. Einen letzten, einen etwas heftigeren. »Ich dachte mir nur so«, begann er und ließ es bedeutungslos klingen, »es hätte ja sein können, wir könnten beide Schlimmeres verhindern.« Er wartete ein paar Sekunden und ergänzte dann: »Schlimmeres. Bis hin zum Tod von Frau Rothfuß.«
    Seine Gesprächspartnerin wurde bleich. Er ergänzte deshalb: »Aber vielleicht ist es schon zu spät.«
     
    *
     
    Auch Linkohr hatte sich an diesem Nachmittag einen Gesprächspartner ausgesucht, der nicht einfach sein würde. Es gab da ein paar

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