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Kurzschluss

Kurzschluss

Titel: Kurzschluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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vielen Sendemasten von der Stromversorgung zu trennen. Genau so, wie es gerade durch die Explosion sicher geschehen war.
    Solche Gedanken schossen Häberle durch den Kopf, während er das Areal des ausgeleuchteten Umspannwerks in sich aufzunehmen versuchte und in der Nase den Ruß der Stromaggregate spürte. Wäre nicht schon später Abend, würden auch in den Geschäften und Supermärkten die Menschen in der Dunkelheit sitzen und Kassen nicht mehr funktionieren. Mancher Kunde würde vielleicht der Verlockung erliegen, sich in den Regalen zu bedienen und im Dunkeln zu verschwinden. Aufzüge blieben stecken, Computer stürzten ab, Daten gingen verloren. Nur dort, wo automatisch Notstromaggregate ansprangen, wie etwa in einer Klinik, konnte die Stromversorgung sichergestellt werden. Manche Institutionen oder Einrichtungen, das wusste Häberle, verfügten auch über Akkus, mit der kurze Ausfälle überbrückt werden konnten. So etwas hatte er einmal bei den Fernvermittlungsstellen der Telekom gesehen.
    »Und wovon gehen Sie aus?«, richtete er sich nach ein paar Sekunden des Schweigens an den technischen Leiter des Albwerks.
    »Wenn S’ mich so frog’n«, antwortete dieser, »dann kann es nur an Onschlog g’wes’n sein. Unsere Onlag’n jedenfalls san in Ordnung.«
     
    Noch in der Nacht war die Sonderkommission auf 30 Beamte aufgestockt worden. Die meisten hielten sich an diesem frühen Dienstagmorgen mit Kaffee wach. Häberle und sein engstes Team hatten sich keine Minute Schlaf gegönnt. Sie hatten noch diskutierend beieinander gesessen, als die Meldung von der Explosion im Umspannwerk eingegangen war. Im Polizeigebäude hatte eine Notstromanlage die Energieversorgung sichergestellt.
    Die Gesichter wirkten blass und übernächtigt. Häberle hatte frische Butterbrezeln holen lassen und munterte seine Kollegen auf: »Für mich besteht kein Zweifel, dass wir’s mit einem ziemlich komplexen Tatgeschehen zu tun haben.« Er lehnte sich in den Türrahmen des Lehrsaals, während die Mitglieder der Sonderkommission, darunter auch ein halbes Dutzend Frauen, an den zusammengerückten weißen Schreibtischen saßen oder mit verschränkten Armen im Raum standen. Der Duft frischen Kaffees machte sich breit. »Die Bereitschaftspolizei rückt in einer halben Stunde an, um das Gelände beim Umspannwerk weiträumig zu durchsuchen.« Allerdings musste er sich insgeheim eingestehen, dass dies nichts weiter als eine Routinemaßnahme war. Es bestand allenfalls eine winzige Chance, dass der oder die Täter Spuren hinterlassen oder etwas weggeworfen hatten. Die Kollegen dachten offenbar ähnlich, denn keiner von ihnen ging darauf ein.
    »Wie sieht’s mit den Sprengstoffexperten des LKA aus?«, fragte stattdessen einer dazwischen. Nach Explosionen war es üblich, dass Fachleute des Landeskriminalamts aus Stuttgart die Zusammensetzung einer möglichen Bombe zu analysieren versuchten.
    »Auch schon unterwegs«, bestätigte Häberle. »Außerdem ist im Hause Büttner bereits ein Brandsachverständiger zugange. Der aus Kirchheim am Neckar.« Alle wussten, um wen es sich handelte. Dieser Mann hatte erst voriges Jahr einen Großbrand aufklären können.
    Eine Sekretärin brachte zwei weitere silberne Kaffeekannen, die sie auf die Tische stellte; dort lagen bereits mehrere Tüten frischer Butterbrezeln.
    »Das Albwerk, so hat mir heute Nacht der Geschäftsführer erklärt, sieht sich seit zwei Wochen einer Erpressungsserie ausgesetzt«, erklärte Häberle und löste damit allgemeine Verwunderung aus. Keiner der Kriminalisten hatte bisher davon gehört.
    »Die haben das verständlicherweise auf kleiner Flamme kochen wollen«, fuhr der Chefermittler fort. »Es gibt schließlich immer mal Verrückte, die so etwas tun.«
    »Und wie muss man sich das vorstellen – erpresst?«, hakte ein älterer Beamter nach, während Häberle einen Schluck heißen Kaffees nahm.
    »Anonyme Briefe«, erklärte er dann, »drei Stück. Im Bereich dreier unterschiedlicher Postleitzahlbezirke aufgegeben.« Seit es für die einzelnen Gemeinden keinen individuellen Poststempel mehr gab, waren die Sendungen nur noch mit der Nummer des jeweiligen Briefverteilzentrums gekennzeichnet. »Hier bei uns in Salach, in Neu-Ulm und in Reutlingen«, fügte er hinzu. »Die Originalbriefe hab ich gleich zum LKA bringen lassen – auch wenn kaum zu erwarten ist, dass sich noch verwertbare Spuren dran finden. Zig Leute haben sie vermutlich schon in den Fingern gehabt.«
    Nun tauchte

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