Kurzschluss
nicht.«
Häberle überlegte. »Und welchen Umgang hat Herr Büttner ansonsten gepflegt, ich meine im Internet, in Chatrooms und was weiß ich wo?«
»Mit diesem Mariotti hat er ziemlich viel gemailt und gechattet, überwiegend aber zum Thema Strom«, kam eine Antwort. »Aber auch ganz normal, denn der Herr Mariotti hat an der Strombörse in Leipzig gearbeitet, war dort mit den Notierungen und all dem Zeugs beschäftigt, von dem ich wenig verstehe.«
»Er war also an der Strombörse tätig«, zeigte sich Häberle zufrieden und sah auffordernd zu Linkohr hinüber. »Ich warte auf Ihren Kommentar.«
Dieser zögerte einen Moment, dann wusste er, was gemeint war. »Da haut’s dir’s Blech weg«, grinste er schließlich wunschgemäß. »Mariotti schafft an der Strombörse und wird auf dieselbe Weise umgebracht wie sein Kollege in Geislingen, der auch mit Strom zu tun hat.«
»Und dies auf ganz kritische Weise sogar«, ergänzte Häberle. »Büttner war nicht irgendein Stromer, sondern einer, der Insiderwissen hatte und sich sogar kritisch damit auseinandergesetzt, ja, es sogar dokumentiert hat.«
»Was hat man denn in den beiden Wohnungen von Mariotti gefunden – haben die Kollegen aus dem Ossiland schon reagiert?«, wollte Linkohr wissen.
»Na ja«, fühlte sich eine weitere Kollegin angesprochen, »in Leipzig war nichts mehr zu retten. Komplett ausgebrannt. Und in seiner Wohnung in Mirow haben die Kollegen zwar einiges sichergestellt, aber uns bislang nichts Konkretes mitgeteilt. Sie sind übrigens davon überzeugt, dass die Fäden hier bei uns zusammenlaufen.«
»Und woher nehmen sie die Gewissheit?«, knurrte Häberle.
Die angesprochene Kollegin zuckte mit ihren schmalen Schultern. »Konkret haben sie sich dazu nicht geäußert. Vielleicht hoffen sie das auch nur.«
Häberle kämpfte innerlich mit dem Gedanken, selbst bei den Kollegen vorbeizuschauen. Aber noch bestand dafür keine Veranlassung.
Linkohr sah die Gelegenheit gekommen, einen ihm wichtig erscheinenden Hinweis endlich anzubringen: »Vielleicht haben die Kollegen ja gar nicht so unrecht. Erinnert ihr euch an den Parkschein, den die Spurensicherung gestern am See entdeckt hat? Aus diesem Ort, der so russisch klingt. Mirow?« Er blickte in die Runde und sah ein paar nickende Köpfe. »Was glaubt ihr, wer erst kürzlich dort oben war?«
Niemand antwortete.
»Unser Freund Braun, der Naturschützer«, antwortete Linkohr stolz und bekräftigte: »Der war in Mirow. Hat er mir gerade vorhin selbst erzählt.«
Ein Kollege frotzelte: »Da haut es dir aber mächtig das Blech weg.« Allgemeines Gelächter erfüllte den Raum, was Linkohr gar nicht komisch fand.
»Ich bin doch noch gar nicht fertig«, merkte er gelassen an. »Vor Brauns Haus parkte ein Geländewagen. Ich hab das Kennzeichen bereits checken lassen, er gehört ihm. Ich wollte ihn nicht direkt danach fragen. Er soll sich in Sicherheit wiegen.«
Häberle wischte sich die fettigen Finger mit einer Papierserviette ab. »Das war sehr klug. Jetzt haben wir eine ganze Menge neuer Mosaiksteine, liebe Kollegen, aber was für ein Bild wir daraus zusammenpuzzeln können, ist noch immer ein Rätsel. Wenn wir ein paar Steinchen gefunden haben, die zusammenpassen, wird sich eines zum anderen fügen. Das ist immer so im Leben.« Sein Gesicht nahm jene positiven Züge an, die alle Kollegen so sehr schätzten. »Man braucht nur Geduld«, philosophierte er weiter, »Geduld und den festen Glauben, dass man immer neue Mosaiksteinchen findet.« Er wandte sich einer Gruppe junger Kollegen zu, von denen die Hälfte weiblichen Geschlechts war. »Niemals locker lassen, dranbleiben, hartnäckig sein. Wenn man was wirklich will, dann kriegt man das auch.« Kaum hatte er es gesagt, wurde ihm klar, dass es in den Ohren der jungen Männer möglicherweise zweideutig geklungen haben konnte. Doch er verkniff sich ein Grinsen und sah wieder in die Runde: »Es gibt Mosaiksteine, die aneinander passen könnten. Allerdings liegen noch welche rum, die absolut nicht zum Bild passen wollen.«
Linkohr ereiferte sich: »Sie meinen jene mit dem Biber?«
Häberle war für einen Moment sprachlos. Sein junger Kollege schien seine Gedanken erraten zu haben.
27
Silke Rothfuß hatte für diesen Abend eigentlich etwas anderes vorgehabt. Doch sie sagte die Teilnahme am zweiwöchentlichen Yogakurs kurzfristig ab, um eine Frau zu treffen, mit der sie unbedingt sprechen musste. Sie wusste zwar nicht genau, wie sie ihr Anliegen
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