Kurzschluss
Alten um – so einfach ist das doch. Motive gibt es viele, vor allem, weil er ein enger Kollege von mir war.«
Häberle versuchte, das Verhalten des Mannes einzustufen, tat sich aber schwer. »Es gibt also eine Beziehung zwischen Ihnen und Frau Büttner?«, wurde er ernster.
»Beziehung?«, überlegte Schweizer auch eine Spur nachdenklicher. »Wir telefonieren und treffen uns gelegentlich, seit wir uns beim letzten Betriebsfest kennengelernt haben.«
»Darf ich Sie ganz direkt fragen: Waren Sie der Grund, dass sie ihren Mann verlassen hat?«
»Nein, das war ich sicher nicht«, entgegnete Schweizer schnell. »Die Trennung stand bereits im Raum, bevor ich Gaby, also Frau Büttner, getroffen habe.«
»Sie selbst aber«, Häberle verschränkte die Arme, »also Frau Büttner, meine ich, die scheint diese Beziehung mit Ihnen nicht ganz so locker zu sehen.«
»Was heißt da locker? Was würde es bringen, wenn wir das verheimlichen? Man würde sich doch nur in Verdacht bringen, oder sehe ich das falsch?«
»Frau Büttner jedenfalls hat mir von dieser Beziehung nichts erzählt und meine Frage, ob sie einen Bezug zum Albwerk habe, sogar eher ausweichend beantwortet.«
»So, hat sie das?«
»Lassen wir es«, entschied Häberle. »Das ist auch nur ein Randthema. Viel mehr würde mich interessieren, was Sie von Herrn Büttner wissen. Wie war er als Kollege? Was hat man privat gesprochen?«
»Er war ein ruhiger Kollege, wenn man so will. Kollegial, sehr kollegial sogar. Aber fragen Sie mich bitte nicht, was er privat gemacht hat. Gefilmt, ja, doch das werden Sie schon wissen.«
»Ein bisschen davon ist uns schon bekannt geworden, ja.«
»Seit vergangenem Sommer – es muss nach dem Urlaub gewesen sein – hat er sich wohl in ein Dokumentationsprojekt reingekniet. Oder so etwas Ähnliches. Ganz genau weiß ich es nicht. Ich hab es so verstanden, dass es ein Informationsfilm über die deutsche Stromversorgung werden sollte. Zum Vorführen bei Besuchergruppen.«
Häberle nickte. »Hat er das im Auftrag des Albwerks gemacht?«
»Keine Ahnung. Aber ich denke schon. Denn wie man so gehört hat, ist er für diese Sache in halb Deutschland rumgereist.«
»Das heißt, Herr Bodling müsste informiert gewesen sein.«
»Bodling oder Feucht, einer von beiden ganz sicher.« Schweizer sah den Kommissar misstrauisch an. »Sie glauben aber nicht, dass Büttners Tod damit etwas zu tun hat?«
»Wie ich Ihnen schon sagte – auszuschließen ist gar nichts. Jedenfalls muss es jemanden geben, der Grund hatte, ihn zu beseitigen.«
Schweizer strich mit den Fingern an den Knöpfen seines Hemdes entlang. »Na ja, wie soll ich es sagen«, überlegte er, »aber so einen Grund werden Sie nicht bei uns im Albwerk finden – wenn, dann anderswo.«
»So? Und wo, bitte?«
»Bei den ganz großen Kalibern der Branche. Dort, wo’s richtig um Knete geht, wo manipuliert wird und wo die Mafiosi sitzen.«
Die beiden Männer schwiegen sich zwei, drei Sekunden lang an.
Häberle riskierte einen gewagten Einwurf: »In Magdeburg.«
Schweizers Gesichtszüge verrieten eine gewisse Verwunderung. »Sie sind gut informiert«, anerkannte er. »Estromag, sag ich nur. Schon mal was von einer Frau Vogelsang-Klarsfeld gehört?«
»Sie meinen, dort gäbe es einen Grund, Herrn Büttner umzubringen?«
»Nur so in den Raum gestellt«, gab sich Schweizer wieder distanziert. »Nehmen Sie’s als Hinweis aus der Bevölkerung, oder wie Sie es sonst nennen mögen.«
»Was hat diese Dame mit dem Albwerk zu tun?«
»Direkt natürlich nichts. Aber vielleicht ist ihr der Kollege Büttner zu nahe gekommen.« Er lächelte für einen Moment. »Nahe gekommen, was das Berufliche anbelangt«, schob er nach.
Der Ermittler sah den Zeitpunkt für eine konkrete Nachfrage gekommen: »Und was halten Sie von Herrn Mariotti?«
Schweizers Gesichtszüge schienen einzufrieren.
*
Silke Rothfuß war zufrieden. Nach dem zweiten Glas Rotwein hatten sie sich immer besser verstanden. Zwar fühlte sie sich auf der Rückfahrt nach Geislingen ziemlich angesäuselt und hoffte inständig, in keine Alkoholkontrolle zu geraten. Aber immerhin hatte der Wein gewisse Hemmungen beseitigt und sie beide beflügelt, einen Plan zu schmieden. Silke konzentrierte sich auf die Straße, bemühte sich, korrekt in der Spur zu bleiben, um nicht andeutungsweise den Eindruck zu erwecken, Schlangenlinie zu fahren. Mittlerweile war es dunkel geworden und der Regen hatte aufgehört. Auf der B 10 herrschte
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