Kuscheltier-Grauen
verschwand an einigen Stellen. Nur das frische Laub lag noch auf dem Boden, und es raschelte, wenn wir es mit den Füßen hoch wirbelten oder es unter den Tritten zerknackte.
Die Lampen brauchten wir nicht einzuschalten. Der Dunst blieb so fein und bleich, wie wir ihn erlebt hatten. Er nahm an Dichte nicht zu, so daß die Sicht weiterhin gleich blieb.
Orientieren konnten wir uns anhand der Lichter. Vom Haus her blinkten sie geheimnisvoll durch das Dunkel der Nacht. Um an die Rückseite zu gelangen, mußten wir einen noch größeren Bogen schlagen. Ich ließ Suko den Vortritt, der sich zielsicher durch das Gelände bewegte, als hätte ihn die Natur mit Katzenaugen ausgestattet.
Ich blieb dicht hinter ihm. Sein heller Atem wehte manchmal flatterhaft über die Schulter nach hinten. Sicher umging er sperrige Hindernisse und hatte auch als ersterden Wald verlassen.
Vor den Bäumen blieb er stehen.
Das Haus wirkte auf uns wie ein dunkler Klotz, der nicht in diese Gegend gehörte. Einfach hineingesetzt, eine Insel in der Finsternis und an gewissen Stellen erleuchtet.
Auch an der Rückseite drang Ficht durch ein Fenster, was mich zwar nicht wunderte, aber mißtrauisch werden ließ. »Ich bin gespannt, wer sich alles dort aufhält.«
»Zumindest die Familie und der Besuch.«
»Den wir nicht gesehen haben.«
»Ich könnte mir aber vorstellen, um wen es sich dabei handelt«, sagte der Inspektor leise.
»Und?«
»Meine beiden Freunde, die mich unbedingt ins Jenseits befördern wollten. Der Weißhaarige und der Schwarze.«
»Bist du sicher?«
»Es wäre zumindest eine Möglichkeit, die man in Betracht ziehen sollte. Wenn dem so ist, dann sollten wir uns warm anziehen, John. Diese Hundesöhne kennen kein Pardon.«
»Das glaube ich auch.«
Ich wollte weitergehen, Suko hielt mich fest. »Bleib hier!« zischte er und zerrte an meinem Arm. Beide duckten wir uns.
Jetzt hörte ich es auch. Dumpfe Laute auf dem Boden, dazwischen ein Rascheln.
Es gab keinen Zweifel. Das waren die Schritte einer schnell laufenden Person, die sich uns näherte. Noch war die Gestalt zu weit entfernt, um sie ausmachen zu können. Wir konnten uns an den zuckenden Zweigen der Büsche orientieren. Derjenige, der auf uns zulief, bahnte sich derart hastig seinen Weg. Dann sahen wir ihn.
Nein, kein Mann. Es war eine Frau, die keuchend durch die Nacht hetzte.
Bevor ich handeln konnte, schnellte Suko hoch. Von der Seite her schnitt er ihr den Weg ab.
Die Frau bemerkte ihn im letzten Augenblick. Es sah so aus, als würden beide zusammenprallen, aber Suko war schneller. Er griff blitzartig zu, ich hörte den kurzen, abgehackten Schrei der Unbekannten, dann verschloß Sukos Hand ihren Mund. Auch mich hielt nichts mehr auf dem Fleck. Ich war gespannt, wen wir da erwischt hatten…
***
Kuscheltiere, die lebten, die morden wollten, die grinsten, die ihre Zähne zeigten, und dazwischen war Ernie, der sich so unbeschreiblich wohl unter seinen Geschöpfen fühlte.
Diesen Eindruck hatte Meggy Ryan bekommen. Ernie war ihr schon immer etwas suspekt gewesen. Sie war nie so nahe an ihn herangekommen, wie es sich für eine Mutter gehörte. Nur spürte sie zum erstenmal eine heiße, würgende Angst in sich hochsteigen. Der Junge sorgte dafür. Ernie war derjenige, der diese Furcht verbreitete.
Ein Mensch, ein Monster, ein Geschöpf des Teufels? Sie erschauderte vor ihren eigenen Gedanken, ging es doch um ihren Sohn. Unheimlich kam er ihr vor. Er war ein Fremder, ein kleiner Teufel in Menschengestalt.
Vor dem Fenster blieb er stehen und hauchte gegen die Scheibe, die an einer bestimmten Stelle kreisförmig beschlug. Dadurch verschwamm ein Teil seines Gesichts, den Mund konnte sie nicht mehr so deutlich erkennen, dafür die Augen.
Ernie hatte stets sanfte, braune Augen besessen. Sie paßten zu seinem Haar. Wenn er schaute, wirkte er wie ein Mensch, der keiner Fliege etwas zuleide tun konnte.
Das war früher immer so gewesen, heute nicht.
An diesem Abend hatte sich auch sein Blick verändert. Er war kalt und unmenschlich geworden. Im Körper des Jungen mußte die Seele eines anderen stecken und seine ausgetauscht haben.
Meg formte den Namen ihres Sohnes. Sie sprach dabei nicht und bewegte allein die Lippen.
Ernie blieb an der Scheibe. Er faßte mit den Fingerspitzen der rechten Hand dagegen und zeichnete Killen in die beschlagene Stelle. Dann wischte er sie ganz weg, damit Meg in das Zimmer und auch auf die zahlreichen Kuscheltiere schauen konnte.
Sie
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