Kuss der Ewigkeit
können, indem er dir einfach nur alles Blut aussaugt. Dazu hätte er den Dolch an seiner Seite benutzt.«
Der Dolch war mir nicht aufgefallen. » Und hättest du da auch danebengestanden und tatenlos zugesehen?«
» Nein, Kätzchen. Dann hätte ich mit ihm gekämpft, und du und ich– wir wären beide gestorben.«
» Oh.« Ich wandte den Blick ab. Was sollte ich darauf sagen? Danke reichte irgendwie nicht aus. » Wir sollten Bobby und Gil suchen.«
Ich machte Anstalten, auf die Straße hinauszutreten, doch er hielt mich zurück, indem er mir eine Hand auf die Schulter legte. Ich hasste es, dass ich mich an seine Berührung gewöhnte, als würde ich sie irgendwie erwarten. Ich drehte mich um. Seine Augen waren immer noch überschattet, der Gesichtsausdruck leicht roh, doch seine Gefühle waren besser verborgen als zuvor. Einem Fremden wäre es vielleicht nicht aufgefallen. Doch ich war keine Fremde mehr.
» Wir haben nicht mehr viel Zeit, schon vergessen?« Ich versuchte, mich seinem Griff zu entziehen, doch er ließ mich nicht los.
» Du sagtest zu Samantha, du erwartest, dass wir nach heute Nacht getrennte Wege gehen.«
Ich zuckte mit den Schultern. » Zuerst einmal müssen wir diese Nacht überleben.«
» Du kannst nicht alleine fortgehen. Falls es dir noch nicht aufgefallen ist, ein junger Vampir ohne Meister ist Frischfleisch für jeden. Jeder Zollbreit bekannten Landes ist das Revier irgendeines Vampirs. Es gibt nichts, wohin du flüchten oder dich verstecken könntest. Du gehörst mir, ich werde auf dich aufpassen, bis du stärker bist, aber du kannst nicht davonlaufen.«
» Ich bin weder ein Besitz, noch bin ich deine Gefährtin. Du hast keinen Anspruch auf mich.«
» Kita, ich versuche, dich zu beschützen. Nicht, eine Beziehung mit dir zu haben. Ich habe gesehen, wie geringschätzig du mit den Herzen anderer umgehst. Da will ich dir nicht auch noch meines anvertrauen.«
Er ließ die Hand sinken und gab mich frei, dann stürmte er aus der Gasse.
Ich sah ihm hinterher. Er wollte mir nicht… Warum versetzten diese Worte mir einen schmerzhaften Stich in der Magengegend? Ich öffnete den Mund, um ihn zurückzurufen, doch meine Zunge fühlte sich schwer und ungeschickt an. Also klappte ich den Kiefer wieder zu. Er hatte die Straße schon beinahe überquert.
Ich rannte los, um ihn einzuholen, und erreichte ihn, als die Türen zum Krankenhausfoyer zur Seite glitten.
Bobby saß alleine auf einer Bank in der Nähe der Tür. Als wir hereinkamen, sprang er auf, und Erleichterung machte sich auf seinem Gesicht breit. Diese Erleichterung schwand allerdings ebenso schnell wieder, als er mit schmalen Augen meinen Hals fixierte. Ich berührte den schlimm zerrissenen Kragen meines Stehkragenpullovers. Das hatte ich ganz vergessen. Ich rückte den Kragen wieder zurecht, und die Schulter, die Tatius gepackt hatte, protestierte gegen die Bewegung mit einer Welle des Schmerzes. Bobby entging mein verzerrtes Gesicht nicht. Wütend starrte er Nathanial an.
» Warum ist sie verletzt?«
» Es geht ihr gut«, entgegnete Nathanial, bevor ich antworten konnte.
Ich warf ihm einen bösen Blick zu.
Bobbys Augen verengten sich, und er streckte die Hand nach meinem Kragen aus. Nach der Nacht, die ich gehabt hatte, in der mir jeder an die Kehle ging, war ich nicht in Stimmung, dass irgendjemand nach mir griff. Ich trat einen Schritt zurück und zog dabei den Kragen herunter. Ich hatte das bestimmte Gefühl, dass keine Bissspuren mehr zu sehen waren, doch ich wusste es nicht sicher, bis ich Bobbys verwirrten Gesichtsausdruck sah. Er beugte sich vor, um meinen Hals genau zu untersuchen, als ob ich irgendwie eine Wunde vor ihm versteckte.
» Wir hatten einen kleinen Zusammenstoß mit ein paar Vampiren. Es geht mir gut.« Ich sah mich in der Eingangshalle um. » Wo ist Gil?«
» Sie sagte, sie hätte eine Idee, und verschwand anschließend.«
» Habt ihr beiden euch vorher noch das Opfer angesehen?«
Er schüttelte den Kopf, und meine Eingeweide krampften sich zusammen. Wie sollten wir auf die Intensivstation kommen, wenn Gil nicht diese magische Sache mit der Krankenschwester an der Anmeldung machte? Nathanial schien dieses Problem zur gleichen Zeit zu erkennen.
» Ich kann uns hinter einer Illusion verstecken«, sagte er und nickte zum Treppenhaus hinüber. » Bobby, du wirst für ein Ablenkungsmanöver sorgen müssen, damit Kita und ich uns das Opfer ansehen können.«
» Keine Chance«, funkelte er Nathanials Rücken
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