Kuss der Ewigkeit
die Luft.
» Sie ist über einundzwanzig. Lassen Sie uns bitte hinein.«
Ihre Worte waren so leise, dass ich befürchtete, er habe sie gar nicht gehört. Doch er nickte und setzte sich wieder auf seinen Hocker. Hastig eilte ich die Stufen hoch, bevor er es sich noch einmal anders überlegen konnte.
Das Innere der Bar war kleiner, als ich erwartet hatte, und viel voller. In der Luft hingen so dicke Rauchschwaden, dass die schwachen Lampen von einem kleinen Lichthof umgeben waren. Gil wedelte sich mit der Hand vor dem Gesicht herum, als könne sie dadurch irgendwie ein Fleckchen saubere Luft erzeugen. Bobby kniff die Augen zusammen und hustete. Nathanial schienen diese Bedingungen nichts auszumachen, andererseits hatte er gesagt, dass die Lungen von Vampiren nur noch rudimentär arbeiteten, deshalb störte ihn der Rauch vielleicht nicht. Jedenfalls störte er mich nicht, vom Geruch einmal abgesehen.
Leute drängten sich um die Bar aus poliertem Eichenholz, wodurch nur noch Stehplätze frei waren. Drei Barkeeper hasteten hin und her, füllten große und kleine Gläser und reichten sie dann weiter. Ich versuchte, in der Menge ein bekanntes Gesicht zu erspähen, wurde jedoch von Gesprächsfetzen abgelenkt. Es bedurfte einiger Konzentration, die einzelnen Unterhaltungen auszublenden und den Lärm der Menge zu einem dumpfen Brummen zu reduzieren. Ein Seitenblick zu Bobby bestätigte mir, dass er ähnliche Schwierigkeiten hatte. Vermutlich mehr als ich, denn seine Sinne wurden nicht mit jeder Stunde schwächer, so wie meine.
» Seht ihr das Mädchen, mit dem wir uns hier treffen sollen?«, fragte Gil, die immer noch versuchte, den Rauch wegzuwedeln.
Nathanial schüttelte den Kopf und führte uns am Rand der Menge entlang. Ich verdrehte die Schultern, sodass ich an der Wand entlangstreifte, um nicht mit den Leuten zusammenzustoßen, an denen wir vorbeigingen. Als wir die Menge hinter uns gelassen hatten, öffnete sich die Bar zu einem größeren Raum, in dem einige schwarz lackierte Tische verteilt standen. Der Rauch war hier im größeren Bereich weniger dicht, und die Zwischenwand schluckte eine Menge vom Lärm der Gäste im vorderen Teil der Bar.
Candice stellte sich auf die Sprossen ihres Barhockers und winkte, als wir eintraten. Sie hatte sich nach der Arbeit umgezogen und trug nun einen kurzen Faltenrock und einen tief ausgeschnittenen Pullover. Da der Pulli ziemlich eng anlag, war ich gezwungen zu bemerken, dass sie für jemanden mit ihrer schmächtigen Figur ziemlich üppig ausgestattet war.
War ich da etwa neidisch? Nö. Aber es wirkte irgendwie ungerecht. Und wo wir gerade von ungerecht sprachen, wie hatte sie es überhaupt geschafft reinzukommen? Sie konnte nicht älter als sechzehn sein.
» Beinahe hätte ich mir schon Sorgen gemacht«, sagte sie, während sie nach der Kirsche am Boden ihres Glases fischte. » Hattet ihr Schwierigkeiten, den Laden zu finden?«
» Es hat länger gedauert, als erwartet«, antwortete Nathanial und schenkte ihr ein blitzendes Lächeln vollkommen gerader Zähne– keine Spur von Fangzähnen im Augenblick.
» Oh, das tut mir leid. Das hier ist mein Freund Jace. Er ist DJ .« Sie wies mit einem Nicken auf den Mann zu ihrer Rechten.
Jace war ein dürrer Kerl mit zerzausten blonden Haaren und einem struppigen Ziegenbärtchen. Er hatte mit den Daumen auf die Tischplatte getrommelt, hörte aber gerade lange genug damit auf, um mir die Hand hinzustrecken. » Du musst Kita sein. Candi sagt, du hast cool gefärbte Strähnen. Machst du die Haare auf, damit ich sie mir ansehen kann?«
Ich ignorierte seine ausgestreckte Hand und schüttelte den Kopf. Hastig stellte Nathanial sich vor.
Jace versuchte, Nathanial zu einem seltsamen Handschlag zu bewegen, der eine Menge Klatschen und Fingerschnippen beinhaltete. Nach einem Augenblick zog er die Hand zurück und lachte. » Schon okay, Mann, du bist einfach nicht locker. Also, ihr Typen wollt mit mir übers Auflegen reden?«
» Jace… Lass sie doch erst mal ihre Drinks bekommen«, schalt ihn Candice.
» Ich glaube nicht, dass wir so lange bleiben«, meinte Gil.
Zum ersten Mal richtete sich Candice’ Aufmerksamkeit auf Gil, und ihr Lächeln verblasste etwas. » Ihr habt noch eine Freundin mitgebracht.«
» Candice, das ist Gil«, sagte ich. Ich konnte auch höflich sein.
Irgendwie.
Okay, vielleicht auch nicht.
Am Tisch war ein Platz zu wenig, und Bobby und Gil hatten sich bereits zwei Stühle geschnappt, was nur noch einen weiteren
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