Kuss der Finsternis - Cole, K: Kuss der Finsternis
zu brennen anfing.
Ihre Miene wirkte entsetzt. Er hatte diesen Ausdruck schon früher gesehen. Es war derselbe wie bei Soldaten, Sekundenbruchteile nachdem eine Kugel in ihrer unmittelbaren Nähe eingeschlagen war, so als ob sie einfach nicht begreifen konnten, was gerade passiert war.
Warum ist sie fortgelaufen? Was habe ich falsch gemacht?
Er hatte die ganze Nacht lang gesucht, war durch die leeren Straßen und das ganze Tal gestreift. Er hatte sich zum Flughafen transloziert, aber er wusste, dass sie schon längst weg war.
Genauso wie die Einwohner dieses Dorfes. Nur ein Hund heulte irgendwo in der Ferne. Auch wenn Sebastian seit seiner Wandlung andere Lebewesen gemieden hatte, war er jetzt doch mehr als bereit, sie zu befragen. Nichts würde er lieber tun. Wenn sie Informationen über seine geheimnisvolle Braut hatten, würde er dieses Ding werden, das sie fürchteten, um sie von ihnen zu erhalten.
Doch sie waren verschwunden. Selbst das Haus des Schlachters, der ihm heimlich Blut verkauft und ihm gelegentlich Kleidung und Bücher verschafft hatte, war dunkel und leer. Offensichtlich hatte sie sie gewarnt, dass er nichts unversucht lassen würde, um sie zu finden.
Ununterbrochen grübelte Sebastian darüber nach, was er über seine geheimnisvolle Kaderin wusste. Manchmal dachte er, sie sei einfach zu schön, zu perfekt, eine Vision, die ausschließlich in seiner Fantasie existierte. Er war schon so lange allei n …
Und war schon früher dem Wahnsinn anheimgefalle n …
Aber gerade wenn er davon überzeugt war, dass er sich das Ganze lediglich eingebildet hatte, fielen ihm wieder der in allen Farben schillernde Bluterguss auf seiner Brust und die Risse in seinem Hemd ein, wo sich ihre Klauen in seinen Rücken und seine Arme gebohrt hatten. Du lieber Gott, wie wild sie war, seine Braut, und allein bei dem Gedanken an sie wurde er schon wieder hart.
Noch nie zuvor hatte er solche Lust verspürt. Keine Frau hatte je etwas auch nur annähernd Vergleichbares in ihm ausgelöst. Sicher war sein Verlangen nach ihr umso größer, weil er so lange Enthaltsamkeit geübt hatte. Das musste es sein. Dabei war es ja nicht einmal zum Letzten gekommen.
Zum Teufel noch mal, er hatte weder ihren nackten Körper gesehen noch ihre Haut berührt.
Er schüttelte den Kopf. Erneut errötete er bei der Erinnerung an sein Benehmen ihr gegenüber. Er hatte so gut wie keine Erfahrung, aber er wusste genug, um sich darüber im Klaren zu sein, dass das, was er getan hatte, gegen alle Regeln verstieß.
In seinem ganzen Leben hatte er weniger als ein halbes Dutzend Mal Sex gehabt, mit zwei Frauen, wenn man es bei der zweiten überhaupt so nennen konnte. Sebastian hatte nie die Fähigkeit gehabt, Damen mit seinem Charme zu bezaubern; aber selbst wenn er nicht ruhig und introvertiert veranlagt gewesen wäre, hatte es ihm stets an Zeit, der rechten Gelegenheit oder – in erster Linie – an Frauen gemangelt.
Blachmount, die Heimat seiner Familie, lag weitab von Städten und Märkten. Sämtliche gut aussehenden Bauerntöchter im Umkreis von hundert Meilen waren hoffnungslos in Sebastians verwegenen Bruder Murdoch verliebt gewese n – und vermutlich nicht von ihm enttäuscht worden. Was Sebastians Interesse an ihnen für alle Zeit zum Erlöschen gebracht hatte. Er konnte mit Murdochs Erfahrung einfach nicht mithalten, und seine Befürchtung war immer gewesen, dass er einmal der Frau während des Akts ins Gesicht sehen und dort lesen würde, dass sie genau dasselbe dachte.
Abgesehen von Murdoch hatte Sebastian noch mit zwei weiteren älteren Brüdern konkurrieren müssen.
Dann kam der Krieg.
Sebastians kaum erinnernswert e – oder auch verheerend e – Erfahrungen hatten ihn in keinster Weise auf Kaderins Leidenschaft vorbereitet. Sie war genauso wild wie er gewesen. Er konnte sich nicht annähernd vorstellen, wie es wohl wäre, wenn sie sich nackt unter ihm winden würde. Schon bei dem bloßen Gedanken pochte sein erigierter Penis. Er verfluchte ihn.
Sie hatte ihn gedrängt weiterzumachen und sich an seiner Stärke ergötzt wie ein wildes Tier. Was ihn daran erinnerte, dass er weder ihren vollen Namen kannte oder wie er mit ihr in Kontakt treten konnte, noch wusste er, welcher Spezies sie überhaupt angehörte.
Wenn er sich doch bloß besser auskennen würde in dieser Welt, der er jetzt angehört e – der Mythenwelt. Er wusste genauso wenig über sie wie über die moderne menschliche Kultur.
Als er vor all den Jahren von den
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