Kuss der Finsternis - Cole, K: Kuss der Finsternis
es war, sich die verschiedenen Talismane unter den Nagel zu reißen, die zu den einzelnen Aufgaben gehörten.
Und dann gab es noch die Frischlinge. Die erkannte sie auf den ersten Blick, weil sie es noch wagten, sie anzustarren.
Als Teilnehmeri n – und amtierende Meisterin seit mehr als einem Jahrtausen d – war Kaderin innerhalb der Mythenwelt weitaus bekannter als viele ihrer Schwestern. Sie hatte für deren Kove n – und sich selbs t – Macht und Respekt erkämpft. Wenn sie noch Gefühle besäße, wäre sie auf ihren Ruf stolz gewesen. Sie konnte nicht fassen, dass sie ihn mit ihrer jüngsten Unbesonnenheit so leichtfertig riskiert hatte.
Im Vergleich zu ihren Schwestern könnte man bei ihr nicht mehr bloß davon reden, dass sie in Ungnade fiel; bei ihr müsste man es schon als einen ausgewachsenen Absturz bezeichne n …
Plötzlich begannen ihre Ohren zu zucken. Sie spürte etwas im Schatten hinten auf dem Altan. Als sie sich umdrehte, erblickte sie einen kräftigen Mann, dessen Augen in der Dunkelheit glühten. Ein Lykae? Also, das war wirklich ungewöhnlich. Werwölfe und Vampire nahmen nie an diesem Wettkampf teil.
Die Vampire der Horde waren der Ansicht, es sei unter ihrer Würde, und die geheimnisvollen Devianten hatten keine Ahnung, dass die Tour überhaupt existierte. Die Mythenwelt hielt es für ebenso amüsant wie klug, diese gewandelten Menschen im Dunkeln über ihre Welt zu lassen.
Und die Lykae konnten sich seit Urzeiten einfach nicht dazu durchringen, sich für die Tour zu interessieren.
Diese Umstände hatten sich in der Vergangenheit als überaus günstig erwiesen. Die Lykae ware n – auch wenn sie auf wilde, barbarische Art gut aussahe n – zielstrebig und brutal. Und die Vampire? Durch ihre Fähigkeit zur Translokation wären sie nahezu unschlagbar.
Als der Werwolf aus dem Schatten trat und sich ihr näherte, erkannte sie ihn. Es war Bowen MacRieve, der beste Freund und Cousin des neuen Werwolf-Ehemannes von Emmaline. Er hatte im Laufe des letzten Jahrtausends an Gewicht verloren, aber abgesehen davon, so spürte sie, hatte er sich nur wenig verändert. Was bedeutete, dass er immer noch unglaublich gut aussah.
„Kaderin.“ Seine goldenen Augen leuchteten wild, sein dunkles Haar war dicht und lang. Er redete sie nicht mit „Lady Kaderin“ an, wie es die übrige Mythenwelt tat, aber schließlich hatte er auch keine Angst vor ihr.
„Bowen.“ Sie neigte flüchtig den Kopf.
„Ich habe dich nicht auf der Hochzeit gesehen. Es war eine ganz nette Feier.“
Er war also auf Emmas Hochzeit gewesen, und sie hatte sie verpasst! „Ich bin gespannt zu erfahren, wieso du hier bist.“
„Ich nehme ebenfalls teil.“ Man hörte seiner tiefen Stimme deutlich die schottische Herkunft an.
Tiefe Stimmen waren attraktiv. Unaufgefordert stieg die Erinnerung an die raue Stimme des Vampirs in ihr auf, die zwischen den Küssen erklungen war. Sie schüttelte sich. „Dann bist du der erste Lykae, der das tut. Der allererste.“
Er lehnte sich gegen die Mauer, sein hochgewachsener Körper bewegte sich völlig ungezwungen. Er war genauso groß wie der Vampir, aber feingliedriger. Beide wirkten wild und schroff, aber Bowen würde man wohl eher als gut aussehend im klassischen Sinn bezeichnen.
Jetzt vergleichst du ihn auch noch mit dem Vampir. Großartig. Als ob Sebastian Wroth irgendein Gütesiegel hätte.
„Bist du beunruhigt, Walküre?“
„Seh ich vielleicht so aus?“ Diese Frage stellte sie immer wieder gern, weil die Antwort unweigerlich Nein lautete. „Warum jetzt?“ Sie hatte Bowen vor langer Zeit auf dem Schlachtfeld im Kampf gegen Vampire gesehen. Er war damals erbarmungslos gewesen, und sie würde jede Wette eingehen, dass sich auch das nicht geändert hatte.
„Ein Freund hat mir erzählt, dass der Preis möglicherweise von besonderem Interesse für mich sein könnte“, antwortete er.
Wenn das überhaupt möglich war, dann sah Bowen tatsächlich besser aus, aber die Augen des Vampirs waren so vollkommen grau, so dunkel und unwiderstehlich. Wenn sich eine Frau in Augen wie denen von Sebastian verlor, würde sie ihm auf jede Art Vergnügen schenken wollen, die er sich nur wünschte. Bowens Augen? Ein Blick, und eine Frau wusste nicht mehr, ob sie sich ihn schnappen oder vor ihm davonlaufen sollte.
Ohne Frage hatte Kaderins Segen immer noch Bestand, da sie nicht einmal den leisesten Anflug von Verlangen für den Lykae verspürte.
„Du weißt, was der Preis ist?“, fragte
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