Kuss der Nacht - Band 02
auch am liebsten getan, an Noah lag das aber nicht. Ich gab es zwar ungern zu, aber Denise hatte recht. Ich konnte mich eine weitere Nacht wegen eines Mannes im Elend suhlen, der niemals mir gehören würde, oder ausgehen und zur Abwechslung einmal versuchen, einen netten Abend zu verbringen.
»Schlechte Nachricht«, informierte ich ihn. »Meine Freundin kann nicht mitkommen. Tut mir leid. Wenn du lieber nicht ausgehen willst, verstehe ich das vollkommen.«
»Nein«, lächelte Noah sofort. »Ich habe Hunger. Gehen wir was essen.«
Ist ja nur eine Verabredung, ermahnte ich mich auf dem Weg zu seinem Auto. Was konnte es schaden?
Noah und ich gingen ins Renardo's, ein italienisches Bistro. Aus Höflichkeit trank ich nur Rotwein. Meine Vorliebe für riesige Mengen Gin Tonic wollte ich lieber für mich behalten.
»Was machst du beruflich, Cristine?«, fragte er.
»Feldforschung und Personalbeschaffung für das FBI.« Stimmte ja irgendwie, wenn man Vampire jagen und abmurksen als Forschung bezeichnete. Oder Reisen durchs ganze Land auf der Suche nach den besten Leuten aus Militär, Polizei, FBI, ja selbst aus dem Knast, als Personalbeschaffung. Hey, wir wollten den Untoten an den Kragen, da konnten wir es uns nicht leisten, bei unseren Mitarbeitern kleinlich zu sein. Einige der Besten in unserem Team hatten einst orangefarbene Overalls getragen. Juan selbst hatte die Arbeit für Don zwanzig Jahren hinter Gittern vorgezogen. Der bunte Haufen war vielleicht keine ganz alltägliche, auf jeden Fall aber eine brandgefährliche Kampftruppe.
Noah staunte nicht schlecht. »Fürs FBI? Du bist FBI-Agentin?«
»Eigentlich nicht. Unsere Abteilung ist eher im Bereich innere Sicherheit tätig.«
»Oh, wenn du mir also was Genaues verrätst, musst du mich hinterher umbringen, ja?«, witzelte er.
Ich hätte mich fast an meinem Wein verschluckt. Genau so sieht es aus, Alter.
»Ach, so aufregend ist es gar nicht. Bloß Personalwesen und Forschung. Ich muss allerdings immer in Bereitschaft sein und habe ungewöhnliche Arbeitszeiten. Deshalb solltest du dich besser an Denise halten, wenn du Richmond kennenlernen willst.«
Das sagte ich, um jegliche Illusionen seinerseits im Keim zu ersticken. Noah war ein lieber Kerl, aber mehr auch nicht.
»Ungewöhnliche Arbeitszeiten und Bereitschaftsdienst; davon kann ich ein Lied singen. Bei Notfällen werde ich zu jeder Tages-und Nachtzeit angepiepst. Nichts Weltbewegendes wie bei dir, aber trotzdem. Selbst die geringste Kreatur verdient Aufmerksamkeit. Ich war immer schon der Ansicht, dass sich der wahre Charakter eines Menschen in seinem Umgang mit Schwächeren zeigt.«
So, so. Gerade war er ein ganzes Stück in meiner Achtung gestiegen.
»Tut mir leid, dass Denise nicht kommen konnte«, sagte ich wohl zum fünften Mal.
»Du hättest sie bestimmt gemocht.«
Noah beugte sich vor. »Bestimmt, aber mir tut es nicht leid, dass sie nicht gekommen ist. Ich habe zwar gesagt, dass ich Leute kennenlernen will, aber das war nur ein Vorwand, um dich ausführen zu können. Ich wollte dich einfach wiedersehen. Muss wohl an den Plüschpantoffeln gelegen haben.«
Ich lachte, was mich selbst verblüffte. Ehrlich gesagt hatte ich mich auf einen scheußlichen Abend gefasst gemacht, aber bisher war er. . richtig angenehm.
»Das merke ich mir.«
Ich musterte ihn über mein Weinglas hinweg. Zu einem grauen Rundhalsshirt trug Noah ein Sportsakko und anthrazitfarbene Stoffhosen. Sein Haar war frisch geschnitten, aber eine Strähne fiel ihm immer wieder in die Stirn. An Verehrerinnen hätte es ihm nicht mangeln müssen. Auch wenn seine Haut nicht diesen milchigen Alabasterton hatte, der im Mondlicht funkelte. .
Ich schüttelte den Kopf. Verdammt, ich musste aufhören, ständig an Bones zu denken! Für uns gab es keine gemeinsame Zukunft. Ich war eine professionelle Vampirjägerin, und meine Mutter hasste inbrünstig alles, was Fangzähne hatte. Aber selbst ohne diese unüberwindlichen Hindernisse wäre unsere Liebe doch zum Scheitern verurteilt gewesen. Bones war ein Vampir. Er würde ewig jung bleiben, während ich unweigerlich altern und sterben würde. Meine Sterblichkeit überwinden konnte ich nur, indem ich mich auch in einen Vampir verwandelte, aber das kam für mich nicht in Frage. Auch wenn es mir das Herz brach - ihn zu verlassen war die einzig richtige Entscheidung gewesen. Zum Teufel noch mal, vielleicht dachte Bones nicht mal mehr an mich. Für ihn war das alles bestimmt längst passe; wir
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