Kuss der Nacht - Band 02
Polsterfüllung hatte sich wie Schnee auf dem Höhlenboden ausgebreitet, der Fernseher war eingeschlagen, und die Lampen funktionierten schon lange nicht mehr. Der Paravent war zertrümmert, und Teile davon lagen überall verstreut. Einst hatte er meinem damals noch vorhandenen Schamgefühl Rechnung tragen sollen. Offensichtlich hatte jemand in einem Tobsuchtsanfall ganze Arbeit geleistet. Mir graute davor, ins Schlafzimmer zu sehen, ich riskierte aber doch einen Blick, und mir drückte es fast das Herz zusammen.
Vom Bett waren nur noch Schaumstofffetzen übrig. Holz und Sprungfedern bedeckten zentimeterhoch den Boden. An den Wänden war an manchen Stellen der Stein abgeplatzt. Anscheinend hatte jemand mit der Faust oder einem anderen harten Objekt darauf eingeschlagen.
Schmerz überkam mich. Das war meine Schuld, so als hätte ich selbst Hand angelegt. In meinem Rücken spürte ich einen kühlen Luftzug. Ich wirbelte herum, die Messer gezückt. Ein Vampir starrte mich aus grün leuchtenden Augen an. Hinter ihm standen noch sechs andere. Ihre Energie ließ die Luft in dem engen Raum stickig werden, aber sie war ziemlich gerecht auf alle verteilt, wenn man es so ausdrücken wollte. Nur einer strotzte knisternd vor Kraft.
»Wer zum Teufel seid ihr?«
»Du bist gekommen. Dein Ex hat nicht gelogen. Wir wussten nicht, ob wir ihm glauben sollten.«
Der braungelockte Vampir ganz vorn hatte gesprochen. Als Mensch war er wohl etwa fünfundzwanzig geworden. Die Energie, die von ihm ausging, deutete auf ein Vampiralter von etwa fünfhundert Jahren hin, ein junger Meister also. Er war der Gefährlichste unter den sieben, und seine Worte jagten mir eine Heidenangst ein. Dein Ex. Deshalb wussten sie also über mich Bescheid. Heilige Muttergottes, Bones war nicht der Mörder dieser Menschen.
Diese Vampire waren es gewesen! Als ich mir vorstellte, wie sie ihn zum Sprechen gebracht hatten, stiegen Übelkeit und Wut in mir auf.
»Wo ist er?«
Nur das zählte. Hatten sie Bones umgebracht, würden sie alle enden wie die Matratze hinter mir. Zerfetzt bis zur Unkenntlichkeit.
»Er ist hier. Er lebt noch. Wenn das so bleiben soll, tust du, was wir dir sagen.«
Die Handlanger des Vampirs verteilten sich im Raum, sodass ich nur noch ins Schlafzimmer hätte fliehen können. Das würde mir allerdings nichts nützen, denn dort ging es auch nicht weiter.
»Ich will ihn sehen.«
Locke lächelte selbstgefällig. »Keine Forderungen, Mädchen. Glaubst du wirklich, diese Messer könnten dich schützen?«
Als ich nach der Ermordung meiner Großeltern mit dem Auto durch eine Hauswand gedonnert war, um meine Mutter zu retten, hatte ich gedacht, noch wütender könnte ich nicht werden. Wie ich mich doch getäuscht hatte. Die verzehrende Blutgier, die in mir tobte, ließ mich zittern. Sie hielten es für Furcht und lächelten noch breiter. Locke trat vor.
Zwei meiner Messer schwirrten durch die Luft, noch ehe der Befehl dazu mein Gehirn erreicht hatte. Sie bohrten sich bis zum Heft in das Herz des Vampirs zu meiner Linken, der sich gerade die Lippen geleckt hatte. Die Zunge noch herausgestreckt, kippte er vornüber. Ich griff mir gleich zwei neue Messer.
»Ich frage dich jetzt noch einmal, und mach mich nicht wütend. Ich bin den ganzen Morgen knietief in Gedärmen gewatet, meine Geduld ist also schon ziemlich strapaziert. Als Nächstes trifft es dich, Locke, es sei denn, du zeigst mir, was ich sehen will. Deine Jungs machen vielleicht kurzen Prozess mit mir, aber das wirst du nicht mehr miterleben.«
Ich sah ihm fest in die Augen. Er sollte merken, dass ich jedes einzelne Wort ernst meinte. Waren sie nicht gewillt, mir Bones zu zeigen, würde ich das Schlimmste annehmen und mit Pauken und Trompeten untergehen, und bei Gott, sie würden mit mir sterben.
Etwas in meinem Blick musste den Vampir von meiner Entschlossenheit überzeugt haben. Mit einem Kopfrucken schickte er zwei seiner verblüfften Handlanger los. Die warfen ihrem allmählich schrumplig werdenden Freund einen letzten Blick zu, bevor sie sich auf die Socken machten. Ein Messer, das noch nicht in der Wunde gedreht worden war, hätte den Vampir nicht umgebracht. Zwei allerdings hatten den nötigen Schaden angerichtet.
Im Hintergrund hörte ich Ketten klirren, und da wusste ich, wo sie Bones festhielten. Scheiße, ich war einst selbst dort angekettet gewesen. Nun hörte ich eindeutig ein Herz klopfen. Wurde er von einem Menschen bewacht?
Der Anführer maß mich mit nüchternen
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