Kuss der Nacht - Band 02
sich die Behandelten hinterher seliger Unwissenheit, was die Details unserer Arbeit anging. So konnten wir die Rekruten aussieben, ohne uns Gedanken darüber machen zu müssen, dass sie etwas über ein Mädchen mit Superkräften ausplaudern würden. Alles, woran sie sich erinnerten, war ein harter Trainingstag.
»Cooper muss mich nicht mögen. . er muss nur Befehlen gehorchen. Schafft er das nicht, ist er draußen. Oder tot, wenn er sich vorher umbringen lässt. Er ist im Augenblick unser kleinstes Problem.«
Das Flugzeug setzte unsanft auf. Dave lächelte mir zu.
»Willkommen zu Hause, Cat.«
5
Das Haus, in dem ich aufgewachsen war, lag inmitten einer Kirschplantage, die anscheinend seit Jahren niemand mehr bestellt hatte. Vielleicht seit der Ermordung meiner Großeltern nicht mehr. Ich hatte nicht geglaubt, dass ich Licking Falls, Ohio, noch einmal wiedersehen würde, und das Erschreckende war, dass die Zeit in dem Städtchen stillzustehen schien. Gott, unser Haus würde eine zweifelhafte Berühmtheit erlangen.
Vier Menschen waren in diesen Mauern ermordet worden. Zwei davon angeblich bei dem Amoklauf ihrer eigenen Enkelin, und nun dieses Paar.
Ironischerweise war das letzte Mal, als ich auf unsere Veranda zuging, drinnen auch ein Doppelmord geschehen. Schmerz durchzuckte mich, als ich im Geiste meinen Großvater auf dem Küchenboden liegen sah, dazu die blutigen Handabdrücke meiner Großmutter auf der Treppe, über die sie kriechend zu fliehen versucht hatte. Dave und ich sahen uns in der Küche um, stets darauf bedacht, keine Spuren zu verwischen.
»Sind die Leichen schon untersucht worden? Hat man irgendetwas gefunden?«
Tate hustete. »Die Leichen sind noch hier, Cat. Don sagt, sie sollen erst fortgeschafft werden, wenn du sie dir angesehen hast. Nichts ist verändert worden.«
Klasse. Don war ja ein ganz Schlauer. »Wurde alles fotografiert? Dokumentiert?
Dürfen wir sie auseinandernehmen?«
Bei meiner Wortwahl fuhr Juan zusammen, aber Tate nickte. Zusätzliche Einheiten umstellten das Haus für den Fall, dass man uns in einen Hinterhalt gelockt hatte. Es war kurz vor zwölf Uhr mittags, wir waren also einigermaßen sicher. Vampire waren keine Frühaufsteher. Das hier war offensichtlich allein für mich inszeniert worden, und wer auch immer dahintersteckte, schlummerte zweifellos gerade tief und fest.
»Also los, dann wollen wir mal.«
Eine Stunde später machte Cooper schlapp.
»Mir wird schlecht.«
Ich sah von den Überresten des einst trauten Paares auf.
Ja, Coopers sonst mokkafarbenes Gesicht hatte einen unübersehbaren Grünstich bekommen.
»Wenn du hier hinkotzt, leckst du hinterher alles wieder auf, Soldat.«
Er fluchte, und ich fuhr mit der Untersuchung des vor mir liegenden Torsos fort. Ich konnte Cooper ab und zu würgen hören, doch er schluckte tapfer und arbeitete weiter. Noch schien er mir für den Job durchaus geeignet zu sein.
In der Brusthöhle der Frau ertastete ich etwas Seltsames. Es war hart, aber kein Knochen. Vorsichtig zog ich es hervor; das schmatzende Geräusch, das dabei entstand, ignorierte ich.
Tate und Juan beugten sich gespannt über mich.
»Sieht aus wie irgendein Stein«, bemerkte Tate.
»Was das wohl zu bedeuten hat?«, wunderte sich Juan.
Ich kam mir vor, als wäre ich selbst zu Stein erstarrt. Innerlich schrie ich auf.
»Das ist nicht irgendein Stein, es ist Kalkstein. Aus einer Höhle.«
»Haltet auf allen Seiten acht Kilometer Abstand. Wenn ihr näher kommt, hören sie euren Herzschlag. Keine Luftunterstützung, kein Funk. Nur Handzeichen; sie sollen nicht wissen, wie viele wir sind. Ich gehe durch den Höhleneingang rein, und ihr gebt mir exakt dreißig Minuten. Bin ich dann nicht draußen, bringt ihr die Raketen zum Einsatz und jagt das ganze Loch in die Luft, riegelt das Gelände ab, und haltet die Augen offen. Mich lasst ihr laufen, aber sonst schießt ihr auf alles, was die Höhle verlässt. Und vergewissert euch, dass es auch wirklich tot ist. Wenn ja, trotzdem weiter drauf halten.«
Wütend ging Tate mich an. »Das ist ein beschissener Plan! Eine Rakete bringt nur dich um, die Vampire buddeln sich später einfach frei. Kommst du nicht raus, kommen wir zu dir rein. Basta.«
»Tate hat recht. Wir jagen dich nicht in die Luft, bevor ich die Chance hatte, dir meinen Willi zu zeigen.« Seihst Juan klang besorgt. Seine Anzüglichkeit wirkte bestenfalls halbherzig.
»Das geht wirklich nicht, Cat«, stimmte Dave zu. »Du hast mir so oft den
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