Kuss der Nacht - Band 02
in Schrott verwandelt hat, als wir beide uns zum ersten Mal gesehen haben. Du weißt also auch, was aus ihm geworden ist. Ich habe ihn umgebracht.«
9
Bei der Arbeit ging es hektisch zu. In gewisser Hinsicht war das auch gut so. Es gab so viel zu tun, dass ich mir kaum Gedanken über mein angespanntes Verhältnis zu Tate machen konnte. Da wir in ständiger Lebensgefahr schwebten, konnten wir nicht die ganze Zeit auf Zehenspitzen umeinander herumschleichen. Auch mit Noah lief nicht alles glatt. Er bemühte sich zwar redlich, doch meine ständige Abwesenheit strapazierte unser ohnehin schon stressreiches Miteinander zusätzlich. Und seit kurzem deutete er manchmal an, dass er unsere Beziehung
»vertiefen« wollte. Das ehrte ihn natürlich. . wir gingen ja schon seit über zwei Monaten miteinander aus, aber mehr war einfach nicht drin.
Mir war bereits klar, dass es mit uns nicht klappen würde, da konnte Noah ein noch so netter Kerl sein. Zwischen uns standen zu viele Lügen, die natürlich alle auf mein Konto gingen.
Aber im Grunde war ich wohl einfach noch nicht über meine gescheiterte ExBeziehung hinweg. Na ja, ich hatte es wenigstens versucht. Jetzt musste ich es Noah nur noch schonend beibringen.
Ich hatte ihm bereits gesagt, ich fände es verständlich, wenn ihn mein Arbeitspensum überforderte. Aber entweder war Noah ein sturer Hund oder einfach nur begriffsstutzig. Ich musste also deutlicher werden, ohne gleich »Es ist aus!« in den Hörer zu rufen und aufzulegen. Ich mochte Noah und wollte ihn ungern verletzen. An einem Dienstag dann läutete mein Telefon zu unchristlich früher Stunde. Ich schwang mich aus den Federn, um abzuheben, war schon auf der Suche nach Klamotten und verfluchte das pulslose Gesindel, das mir vor acht Uhr morgens schon Scherereien machen musste, da drang Denises Stimme aus dem Hörer.
»Stimmt was nicht?«, brummelte ich.
»Nein! Tut mir leid, dass ich so früh anrufe, aber ich muss dir unbedingt was erzählen. Oh, Cat, ich bin so glücklich, ich heirate !«
Ich ersparte Denise die üblichen Einwände a la »Bist du sicher? Das kommt so plötzlich!«. Sie hatte ihren neuen Freund Randy zwar erst vor zwei Wochen kennengelernt und hatte mir gesagt, sie liebte Randy von ganzem Herzen und wüsste, dass er für sie genauso empfand. Als ich den verzückten Ausdruck in ihren Augen sah, war mir klar, dass alles, was ich über voreilige Entschlüsse, Warten oder Vorsicht sagen konnte, ohnehin auf taube Ohren stoßen würde.
Außerdem hatte sie schon genug Probleme. Denises Eltern wollten Randy nicht einmal kennenlernen, weil er kein Jude, sondern Katholik war. Auch seine Eltern waren nicht gerade erfreut über den Schnellschuss der beiden. Die Liebe war eben eine komplizierte Angelegenheit. Ich konnte ein Lied davon singen.
Ich nahm mir vor, ein bisschen mit Denises Eltern zu plaudern. Schon seit Jahren trainierte ich meinen Hypnoseblick. Er hatte zwar nicht die gleiche Wirkung wie der eines Vampirs, aber ich würde mein Bestes geben. Denise hatte ein schönes Hochzeitsfest verdient, und ich würde alles tun, damit sie es bekam. Was konnte schon schiefgehen? Noch ablehnender konnten die beiden der Verbindung ja kaum gegenüberstehen.
Ich bestand darauf, den Blumenschmuck, den Fotografen und die Hochzeitstorte zu bezahlen. Für den Rest würde das Brautpaar aufkommen. Denise wollte mein Angebot ablehnen, doch die Drohung, ich hätte jede Menge Messer und stünde kurz vor der Periode, überzeugte sie. Musste ich nicht arbeiten, hatten wir alle Hände voll damit zu tun, ein Brautkleid für sie, die Roben für die Brautjungfern, den Blumenschmuck und die Einladungskarten auszusuchen. Erst vier Tage vor der Hochzeit lernte ich Randy kennen. Aus rein egoistischen Gründen war ich erleichtert, dass er zu ihr und nicht sie zu ihm ziehen würde. Denise zufolge war er selbstständiger Softwareberater - ein Computergenie, hatte sie geschwärmt -, sodass ein Umzug für ihn einfacher zu verkraften war als für eine Angestellte wie sie.
Denise hatte mich darum gebeten, beim Ausladen von Randys Sachen zu helfen, und als er in einem Möbelwagen vorfuhr, bekam ich ihn das erste Mal zu sehen. Er war etwa einen Meter achtzig groß, hatte hellbraunes Haar, eine randlose Brille und einen schlanken, athletischen Körperbau. Auf seine lässige Art war er gut aussehend, aber am besten gefielen mir seine Augen. Sie strahlten, wenn er Denise ansah. Nachdem er ihr einen Begrüßungskuss gegeben hatte,
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