Kuss der Sünde (German Edition)
gibst mir Deckung. Oder umgekehrt, je nach …“
„Was?“, fragte er und trat einen Schritt zurück.
Seine Irritation war zum Greifen spürbar. Mit dieser Idee musste sie noch etwas warten. Ihn langsam heranführen. „Selbstverständlich nur, wenn du kein Interesse an einer Fechtschule hast.“
Kopfschüttelnd maß er sie ab. Sein Blick glitt an ihr entlang nach unten und wieder hinauf zu ihrem Gesicht. Wortlos schloss er sie in die Arme und vergrub das Gesicht in ihrem vom Schlaf zerzausten Haar. „Du bist verrückt, dich auf mich einzulassen, Kleines.“
„Ich wäre verrückt, wenn ich es nicht täte.“
Mit einem Lachen hob er sie in die Arme und trug sie zum Bett. Er musste seine Liebe zu ihr nicht in Worte fassen, denn seine Berührungen sagten alles, was sie wissen musste. Er liebte sie stumm und mit zärtlicher Hingabe, und sie wusste instinktiv, was immer sie in ihrem Leben bisher falsch gemacht hatte, das war absolut richtig.
Im Morgengrauen erwachte sie an seiner Seite und beobachtete ihn im Schlaf. Er lag auf dem Bauch, ein Arm hing schlaff über der Bettkante. Jegliche Anspannung war von ihm abgefallen. Mit den Fingerspitzen strich sie einige Haarsträhnen von tiefem Mahagoni von seiner Wange. In der vergangenen Nacht hatten sie Pläne geschmiedet, darüber nachgesonnen, in welcher Stadt, sie sich niederlassen sollten. Er besaß Konten in London und ein Haus in einem Viertel namens Pimlico. Ländlich sei es dort und ruhig. Ein Leben ohne Trauschein an seiner Seite in der Fremde. Es machte ihr keine Angst, sondern entlockte ihr ein Lächeln. Gewiss würde es die Runde machen. Sie konnte die Leute beinahe reden hören. Die verruchte Französin und ihr Liebhaber. Ausländer, deren Lebensweise gegen die guten Sitten verstieß. Der Gedanke, aller Zwänge enthoben zu sein, gefiel ihr. Sollten sie doch alle für eine Kurtisane halten, wie Adrienne La Bouche.
Olivier schlug die Augen auf. „Auf keinen Fall.“ Die Heiserkeit des Schlafs schwang in seinem Tonfall mit, doch sein Blick war hellwach.
„Kannst du etwa meine Gedanken lesen?“, entfuhr es ihr.
Er streckte sich unter der Decke, dehnte seinen schlanken Körper, ehe er sich auf die Seite rollte, den Ellbogen anwinkelte und den Kopf in die Hand stützte.
„Sie waren ziemlich laut“, sagte er und zwinkerte verschmitzt. „Du bist keine Kurtisane, Mademoiselle. Und ich habe nicht vor, einen Schwarm von Verehrern abzuwehren, der sich einbildet, dich mir abspenstig machen zu können.“
„Als wäre mir daran gelegen“, murmelte sie und sah nach unten.
Mit der Fingerspitze fuhr er die Konturen ihrer Unterlippe nach. „Das wird die meisten Männer nicht abhalten. Glaub mir, ich bin schließlich ein Mann.“
Ohne Vorwarnung schlug er die Daunendecke zurück. Sie schliefen bei offenem Fenster, und die kühle Luft des frühen Morgens streifte über ihre Haut und ließ sie frösteln.
„Bitte“, er wühlte unter der Decke nach ihrem Nachthemd, fand es am Fußende und reichte es ihr. „Ziehen Sie Ihr Nachthemd über, Mademoiselle.“
Seine Förmlichkeit brachte sie zum Kichern. Während sie seiner Aufforderung nachkam, stieg er aus dem Bett und blieb vor ihr stehen. Splitternackt und aufrecht. Im Licht des anbrechenden Morgens wirkte seine Haut sehr hell, schien regelrecht zu schimmern. Sie war ebenso zart wie ihre eigene, obwohl er ein Mann war. Wieder schien sie das Wispern seiner Gedanken zu hören. Worte, die er zusammensetzte und wieder verwarf. Erwartungsvoll setzte sie die Füße auf den Boden und glättete ihr Haar, soweit es sich glätten ließ. Mit im Schoß gefalteten Händen sah sie zu ihm auf. Sie wusste, was nun kommen würde.
Nach einem Räuspern ging er vor ihr auf ein Knie. Sehr viel geschmeidiger, als es der Chevalier die Casserolles vermocht hatte und ohne das störende Knacken überbeanspruchter Gelenke. Tief sahen sie sich in die Augen. Seine Mundwinkel zuckten. Worauf wartete er? Innerlich vibrierte sie vor Ungeduld, und es wurde immer stärker.
„Viviane Pompinelle, willst du …“
„Ja, ich will“, kam sie ihm zuvor.
Beim Ausatmen lachte er leise auf. Ehe sie es sich versah, vergrub er das Gesicht in ihrem Schoß und schlang die Arme um ihre Hüften. Ein undeutliches Murmeln drang an ihr Ohr. Etwas, das so ähnlich klang wie ‚Großer Gott‘. Sie streichelte über seine breiten Schultern, berührte seinen Nacken, sein Haar und hob sein Gesicht an. Er lächelte und wirkte gleichzeitig
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