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Kuss der Sünde (German Edition)

Kuss der Sünde (German Edition)

Titel: Kuss der Sünde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Wegner
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zu erkennen. Am Morgen hatte er das Bett mit einem Versprechen verlassen.
    „Ich finde einen Priester, der uns traut. Spätestens am Abend bin ich zurück.“
    Zum Abschied hatte er sie geküsst. Fest drückte sie die Finger auf ihre bebenden Lippen. Seine Küsse, seine Worte, die gemeinsamen Nächte – ein einziges Lügengespinst. Wieder las sie die Note. Sie hatte sich nicht verändert und zerstörte mit grausamer Endgültigkeit ihre Illusion von Liebe und einer gemeinsamen Zukunft.
    Sie würde nicht hier sein, wenn er zurückkehrte. Sie konnte es nicht. In fahriger Hast streifte sie das von Ninon entliehene Kleid ab und nahm die schwarze Herrengarderobe aus dem Schrank, die sie vor zwei Wochen bei ihrem Einstieg in das Palais des Kardinals getragen hatte. Überhastet zog sie sich an. Ein letztes Mal blickte sie sich in dem Zimmer um. Das Kleid und der Unterrock bauschten sich am Boden. Die Note lag auf der Daunendecke. Die verschnörkelten Buchstaben verhöhnten sie. Sie musste fort, ehe Olivier zurückkehrte. Wenn sie blieb und ihn zur Rede stellte, würde sie einzig weitere Unwahrheiten hören. Mit einem trockenen Schluchzen wirbelte sie auf dem Absatz herum, rannte aus dem Haus, die Einfahrt entlang und aus dem Tor. Sie wollte nach Hause, zurück in ihr Zimmer und ein unbeflecktes Bett. Dort konnte sie vorgeben, dass nichts geschehen war. Ihre Eltern würden eine undurchdringliche Bastion um sie errichten und ihr vielleicht sogar erlauben, Paris zu verlassen.
    Mit langen Schritten lief sie auf Paris zu. Über der Stadt färbte sich der Himmel zu einem kranken Gelb. Schmutziggraue Wolken ballten sich über den Dächern, ein Spiegel ihres inneren Aufruhrs. Als erste Regentropfen ihr Gesicht trafen, wünschte sie sich, dass sich alle Schleusen öffnen würden und sie von ihrem Unglück und den Lügen reinwuschen, die Bitterkeit und die Erinnerung an die kurze Zeit fortspülten. Nie wieder wollte sie daran denken. Nie wieder!
    Bis sie das Palais ihrer Eltern erreichte, waren Haar und Kleidung nass und klebten an ihr. Aus den Wasserspeiern der Fassade klatschte Regen auf die Erde. Hart betätigte sie den Türklopfer. Cocolais öffnete und riss die Augen auf.
    „Jesus, Maria und Josef!“, rief er mit brüchiger Altmännerstimme. „Sie sind unversehrt!“
    Keineswegs, sie war am Boden zerstört. Impulsiv umarmte sie den alten Mann. Er nahm es gelassen hin, zog sie ins Trockene und hob die Stimme, dass es durchs Haus schallte.
    „Sie ist zurück! Monsieur Le Marquis! Gott sei Lob und Dank!“
    Welcher Gott sollte das sein? Mit brennenden Augen ließ sie von Cocolais ab. Von allen Seiten kamen Menschen, ein Tumult aus Schritten und Stimmengewirr, aus dem sie die helle Stimme ihrer Mutter heraushörte. Familie und Dienstboten scharten sich um sie. Eine Magd weinte auf, ihr Vater schloss sie in die Arme. Sie war wieder zu Hause, dort, wo sie hingehörte. Blind vor Gram klammerte sie sich an ihren Vater und wünschte sich trotz allem, es wären jüngere Arme, eine breitere Brust, an die sie sich schmiegte. Sie sehnte sich nach Olivier, damit er den Kummer von ihr nahm, den er ihr zugefügt hatte.
     

     
    Ein Knall riss Ninon aus unruhigem Schlaf. Sie schlug die Augen auf und lauschte. Erschöpfung hatte sie nach dem Packen ihres Koffers niedergestreckt, und obwohl sie geschlafen hatte, hielt sie noch immer an. In zweierlei Hinsicht war sie ein Feigling. Zum einen hatte sie sich nicht dazu aufraffen können, den Koffer zu nehmen und das Haus zu verlassen. Zum anderen war sie Mademoiselle Viviane aus dem Weg gegangen, anstatt ihr ins Gewissen zu reden. Eine Windböe hob die Vorhänge vor ihrem offenen Fenster an. In der Ferne rollte ein Donnergrollen über den Himmel und kündete von einem Unwetter. Danach blieb das Knacken eines Dachbalkens das einzige Geräusch. Die Stille erschien ihr zunehmend unheimlich und legte einen Druck auf ihre Brust.
    Müde strich sie über ihr Haar und schlurfte aus dem Zimmer. Am Ende des Ganges stand die Tür zu Oliviers Schlafzimmer sperrangelweit offen. Sie trat hindurch und stierte mit vor Müdigkeit glasigen Augen auf das Kleid am Boden.
    „Mademoiselle Viviane?“, rief sie und wiederholte es nach einem Räuspern lauter.
    Keine Antwort. Träumte sie? Nach einer ganzen Weile umrundete sie den Stoffbausch und ging an das Bett. Auf der Decke am Fußende lag ein zerknittertes Billet. Mit spitzen Fingern nahm sie es auf, verkniff die Augen und las. Das war kein Traum. Mademoiselle

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