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Kuss der Sünde (German Edition)

Kuss der Sünde (German Edition)

Titel: Kuss der Sünde (German Edition)
Autoren: Lara Wegner
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sollte von Juliettes Schande erfahren. Die Gespräche würden verstummen, wenn die Pompinelles einen Salon betrat. Man würde sich von ihnen abkehren, eingedenk einer Tochter, die mit einer Frucht im Leib geflohen war. Die Gerüchte würden sich verselbstständigen, bis diese Familie nirgends mehr empfangen wurde. Nicht einmal mehr in Versailles. Auf Juliette wollte er sich konzentrierten, auf das Mädchen, dessen gesellschaftlicher Sturz mit einer Schwangerschaft unvermeidlich wurde.
    Ohne ein Licht zu entzünden, schrieb er eine kurze Antwort an Juliette.
    Wir treffen uns heute Nacht Schlag Zwölf vor dem Grundstück Ihrer Eltern, vorausg e setzt, Sie sind bereit zur Flucht. Ich bringe Sie in Sicherheit. Seien Sie pünktlich. O.
    Am Rand von Paris fand er einen Straßenjungen, der die Botschaft im Austausch gegen den königlichen Lohn eines halben Louisdor überbrachte. Dann kehrte Olivier in sein Haus zurück, köpfte eine Flasche Wein und verkürzte die Wartezeit bis Mitternacht, indem er sich betrank.
     

     
    „Bei den Briefen handelte es sich um Fälschungen. Ich konnte sie vernichten.“
    Unermüdlich beschränkte sich Viviane auf diese Aussage, obwohl sie keine Antwort auf die Frage ihres Vaters war. Ungehalten fixierte er sie.
    „Wo warst du?“
    Das war alles, was ihn interessierte. Weder die Briefe noch der Skandal um ein verschwundenes Kollier kümmerten ihn noch. Verstockt sah sie an ihm vorbei aus dem Fenster. Das Wasser lief in dicken Bahnen an den Scheiben hinunter. Sie hatte ein heißes Bad genommen und trug einen Hausmantel aus dickem Samt, der nach Orangenblüten roch. Ihre Füße steckten in flauschigen Fellpantoffeln. Sie saß in ihren eigenen Kleidern im Boudoir ihrer Mutter, umgeben von Flakons und goldenen Klammern und Kämmen und Bürsten, und fühlte sich völlig fehl am Platz.
    „Viviane, zwei Wochen warst du wie vom Erdboden verschluckt. Die Polizei fand keine Spur von dir. Deine Mutter erlitt einen Zusammenbruch, und ich bin vor Sorge vergangen. Und alles, worüber du sprichst, sind diese verflixten Briefe“, donnerte er auf sie hinab.
    Marianne, die still geblieben war, legte begütigend die Hand auf seinen Unterarm.
    „Drehte sich denn nicht alles um die Briefe?“, erkundigte sich Viviane unverfroren.
    „Werde nicht unverschämt. Ich bin dein Vater und habe ein Recht, zu erfahren, wo du dich aufgehalten hast. Was ist dir zugestoßen? Wo warst du? Du wirst nicht eher auf dein Zimmer gehen, bis du es uns erzählt hast.“
    Sein Gebrüll, unter dem die kleinen Flakons auf dem Frisiertisch aneinanderklirrten, beeindruckte sie wenig. Von ihr würde niemand etwas erfahren, da konnte er drohen, womit immer er wollte. Beharrlich schwieg sie. Sein Blick brannte sich in ihr Gesicht. Er stand kurz vor einer Explosion, und sie bedauerte lediglich, dass er sich so furchtbar aufregte. Dann sah sie zu ihrer Mutter. Sie war ungeschminkt, das Haar zu einem dicken Knoten im Nacken geschlungen. Im Gegensatz zu ihrem Gemahl war sie die Ruhe selbst.
    „Ist dir bewusst, zu welchen Lügen und Ausreden wir greifen mussten, damit niemand etwas erfährt?“, hob das Gebrüll erneut an. „Casserolles erkundigte sich tagtäglich persönlich nach deinem Befinden. Glaube ja nicht, dass die Leute nicht munkeln. Denkst du etwa, auf das Stillschweigen der Dienstboten sei Verlass gewesen? Unterdessen gab es keinen Hinweis über deinen Verbleib. Du hättest am Grund der Seine liegen können, ohne dass wir es je erfahren hätten.“
    „Es tut mir leid, ich hätte euch informieren sollen“, entgegnete sie lahm.
    Er ballte die Fäuste. „Du schuldest uns eine Erklärung, Viviane.“
    Seine laute Stimme schallte gewiss bis zu den Gesindekammern hinauf. Er presste die Hand auf den Brustkorb und schnappte nach Luft.
    „Die Königin war an diesem Betrug nicht beteiligt. Auch der Kardinal wurde getäuscht“, leierte sie herunter.
    Anklagend wies er auf sie und wedelte mit dem Zeigefinger. „Das ist Ihre Tochter, Marianne. Ihre Tochter, und was haben Sie ihr nahegebracht, außer eine anmaßende Sturheit und Mangel an Respekt vor uns. War es denn zu viel verlangt, dass Sie sich um die Erziehung der Mädchen kümmern? Das war die einzige Pflicht, die Ihnen oblag. Die einzige, und wie haben Sie sie erfüllt?“
    „Germain, vergessen Sie in Ihrem Zorn nicht, dass Sie es waren, der Vivianes Willen stattgab. Ich war es nicht, die sie hinausschickte in die Nacht und ihr eine Aufgabe übertrug, mit der sie nicht das
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